Prunkstück der heute als Aufbahrungshalle verwendeten Annakirche ist die „Ölberggruppe“.
Wie kamen diese lebensgroßen Figuren nach Mils?
Die historischen Dokumente schweigen, aber die Legende (der Volksmund) weiß, dass diese für Innsbruck bestimmt waren, auf einem Innschiff flussaufwärts bis über die Volderer Brücke transportiert wurden und dann wegen „Elementarereignissen“ in Mils an Land gebracht werden mussten.
Der heutige Milser fragt sich berechtigterweise: wo?
Und da können Dokumente und Topografie Aufschluss geben. Erinnern wir uns an die drittälteste Erwähnung des Ortes Mils aus dem Jahre 1135 – ca. als der Freie Albero dem Kloster Admont verschiedene Güter zuwendet, so unter anderem … et portum unum iuxta fluvium Enum ad Mulles. In dieser Schreib- und Leseweise also klar: … einen Innhafen bei Mils.
Dr. Josef Zahn, der diese Notiz aus den Traditionen des Klosters Admont in das Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark Bd.1,Seite 155, Nr. 15o aufgenommen hat, übersetzt diesen Text mit:
„eine Überfuhr zu Möls am Inn“. Obwohl Möls durch seinen Bergbau bekannt, liegt es doch im Wattental und nicht im Inntal. Diese irrige Übersetzung wird dann von einigen Schreibern übernommen und stiftet Verwirrung.
Nun zu „portum“:
Da diese Mitteilung in keiner Urkunde, sondern in einer Notiz im Traditionskodex überliefert ist, wandte ich mich an das Stiftsarchiv Admont. In überaus freundlicher und dankenswerter Weise, teilt mir Dr. Johann Tomaschek, dessen Leiter mit:
„Darüber hinaus gibt es noch eine – im Wortlaut völlig gleiche – ¬Aufzeichnung im Cod. trad. II. 46 (der Name des Inn ist hier mit „Aenum“ widergegeben …). Für uns ist zunächst wichtig, dass sowohl „Inn“ als auch „bei Mils“ bestätigt wird.
Dr. Tomaschek führt weiter aus: … „Zur Sache selbst, nämlich zur Frage „Innhafen“ möchte ich noch zweierlei bemerken:
„Zunächst erscheint mir auffällig, dass in der genannten urkundli¬chen Aufzeichnung von portum unum die Rede ist; da es im 12. Jahrhundert bei Mils wohl kaum mehrere Häfen gegeben hat (von denen einer dem Stift Admont geschenkt worden sei) würde ich „portus“ vielleicht doch nicht ausdrücklich mit „Hafen“, sondern eher mit „Schiffslände“ (bzw. Anlegestelle) übersetzen – wenn nicht doch womöglich nur eine Furt oder Ähn¬liches gemeint ist.“
Nun, um eine Furt zu bilden, braucht der Fluß eine Verbreiterung des Bettes, sodass sich das Wasser auf eine größere Fläche ver¬teilen kann. Diese Verbreiterung ist in dem tiefliegenden Becken zu suchen, wo die östlichsten Milser Felder mit den westlichsten Baumkirchner Feldern zusammenstoßen. Wir wissen, dass sich der Inn in dieser Zeitspanne mindestens 3 – 4 m tiefer gegraben hat. Weiters wissen wir, dass sich im Norden dieses Beckens „die Stein-brücke – Stoanpruggen“ befunden hat. Auch Flurnamen deuten darauf hin, dass dieses Becken mit Wasser gefüllt gewesen sein muss. Der dortige steile Abbruch des Halltalgeschiebes ist nur so zu er¬klären, dass der Inn Material fortgeschwemmt hat.
Egal, ob Hafen, Überfuhr oder Lände, diese Gegend – knapp ober-halb der Volderer Brücke – war eine äußerst wichtige. War doch die Volderer Brücke End- und Ausgangspunkt der Hochstraße. Die Bedeutung wird klarer, wenn wir uns vor Augen führen, dass die Haller Länd erst nach der Erbauung von Hasegg im Jahre 13o3 ca. angelegt wurde (nach der Verlegung der Saline).
Was sagen uns die alten Schriften noch?
Urkunden über eine Veräußerung z.B. Verkauf von Klostergut, sind äußerst selten. Wir erfahren, dass das Stift Admont im Jahre 1151 (bei Oefele 1152) Besitz in Tirol in einem Tauschverfahren an Graf Berchtold von Andechs übergibt. Darunter auch den Milser Anteil. Hier heißt es .… „vadum unum in Eno fluvio“. „vadum“ können wir mit „Furt“ übersetzen, sodass also ein Hafen im heutigen Sinne auszuschließen ist, nicht aber einen Anlege¬platz bei dieser „Furt“.
Als zur Zeit der Gegenreformation die Wiedertäufer zunächst frei und ungehindert Tirol verlassen konnten, benützten diese die Innschiffe von Hall aus, um nach Inner- und Niederösterreich, Süddeutschland, Mähren usw. zu gelangen. Bald wurden sie aber in der regulären Auswanderung behindert und auf höchsten Befehl verfolgt. Der Salzmair hatte feste Order, keine verdächtigen Personen mehr auf Schiffe zu lassen.
1543 – 44, zur Zeit der stärksten Abwanderung, flohen z.B. die Wipptaler und Stubaier über die Hochstraße, versteckten sich im Volderer Wald und in den Milser Innauen, um eine günstige Fluchtgelegenheit per Schiff abzuwarten. Der Milser Anlegeplatz war also noch voll in Betrieb.
1585 Juli 3. wurde im Schloß „Grienegg“ (Hirschenlust“) eine Anna „Kapelle“ (deshalb zur Unterscheidung: Anna „Kirche“ am Anfang dieses Aufsatzes) eingerichtet.
Zur Ausschmückung dieser, wurden „gräwe Plattenstain“ (Schiefer) von Kundl hergeführt. Der Befehl geht an den „Hüttverwalter zu Kundtl“ und lautet —- „dieselben heraufzufüren. So bevelchen wir Euch hiemit imamen hochernennter Früstl. Durchl. das Ir solche Plattenstain, unnd Fenster, durch den Arztschifman (Erzschiffer), alspald laden, herauf biß ungever zu Volder-pruggen füeren, unnd daselbsten umb, wo es am negsten unnd gelegenlichisten sein khan, ablegen lastet.
1585 August 31 werden nochmals 200 Stück bestellt zum Auslegen des Ganges in der Kapelle. Wieder wird ausdrücklich der Transport per Schiff befohlen. — „unnd ngchgeendts dieselben auf ainem Schiff biß hinauf zu Volderer Pruggen schicket.“ (beide TLA Mis-siven 1585).
Erwähnenswert ist auch das Inntaler Steuerbuch von 1312 (TLA Codex 107),das unter den Steuerzahlern von Mils einen „Aeppel der Veyge“ aufzählt, was Fährmann heißt.
Quelle: Zimmermann H., Kunterbuntes aus Mils, Bd.8