Staud Josef – Würdigung 2005

Ansprache anlässlich der Eröffnung der Gedenkausstellung zum 25igsten Todestag des Künstlers in der Galerie im Schallerhaus in Mils.

Sehr geehr­te Anwe­sen­de, sehr geehr­te Fami­lie Staud!

Die gro­ßen wirt­schaft­li­chen, sozia­len und poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen, die das 20. Jahr­hun­dert präg­ten, blie­ben selbst­ver­ständ­lich nicht ohne Ein­fluss auf die künst­le­ri­sche Ent­wick­lung in Tirol, die in Abwen­dung von den his­to­ri­schen Sti­len neue Wege such­te und fand. Radi­ka­ler noch als in der Male­rei ist die­ser Wan­del in der Bild­haue­rei spür­bar, die zu Beginn des Jahr­hun­derts noch dem an den Aka­de­mien in Wien und Mün­chen ver­tre­te­nen Natu­ra­lis­mus ver­pflich­tet war, der bestrebt war, dem Natur­vor­bild so nahe wie mög­lich zu kom­men und allen Ein­zel­hei­ten im Kunst­werk den glei­chen Rang ein­zu­räu­men. Den Weg zu einer von Stil­nach­ah­mung und Natu­ra­lis­mus frei­en, durch ihre geschlos­se­ne Form und die male­risch beweg­te Ober­flä­che cha­rak­te­ri­sier­ten moder­nen Plas­tik im Sin­ne des fran­zö­si­schen Impres­sio­nis­mus zeig­te der aus Tel­fes im Stu­bai gebür­ti­ge Lud­wig Penz auf. Nach den Wir­ren des ers­ten Welt­krie­ges fand eine neue Künst­ler­ge­nera­ti­on im Expres­sio­nis­mus eine zeit­ge­mä­ße künst­le­ri­sche Aus­druck­form, in der der see­li­sche Aus­druck Vor­rang vor den for­ma­len Pro­ble­men der Dar­stel­lung hatte.
Vor die­sem Hin­ter­grund ist auch das Werk des Bild­hau­ers Josef Staud zu sehen, des­sen 25igsten Todes­ta­ges wir heu­er geden­ken. Wäh­rend vie­le Zeit­ge­nos­sen des Künst­lers heu­te weit­ge­hend unbe­kannt sind und ihr Werk auch nicht doku­men­tiert wur­de, ver­dan­ken wir der Enke­lin Josef Stauds eine umfas­sen­de Mono­gra­fie des Bild­hau­ers, die als Diplom­ar­beit am Insti­tut für Kunst­ge­schich­te ent­stan­den, lei­der nur einem klei­nen Kreis von Fach­leu­ten bekannt ist. Durch das Enga­ge­ment der Fami­lie war es nun­mehr mög­lich eine reprä­sen­ta­ti­ve Werk­schau zusam­men­zu­stel­len, für die die Gale­rie im Schal­ler­haus den geeig­ne­ten archi­tek­to­ni­schen Rah­men bil­det und die es einem brei­te­ren Publi­kum ermög­licht, einen Ein­blick in das Schaf­fen des Künst­lers gewinnen.
Josef Staud wur­de am 26. Novem­ber 1903 in Stein­ach als drit­tes von elf Kin­dern einer Bau­ern­fa­mi­lie gebo­ren und war zunächst in der elter­li­chen Land­wirt­schaft tätig, bevor er 1924 in die Kunst­ge­wer­be­schu­le in Inns­bruck ein­trat, wo er die Fach­schu­le für Holz­bild­hau­er besuch­te, die er 1927 als Gesel­le abschloss. Nach einer mehr­jäh­ri­gen Tisch­ler­leh­re trat Josef Staud 1933 in die Staats­schu­le für Ange­wand­te Kunst in Mün­chen ein, die er jedoch bereits 1935 auf Grund der poli­ti­schen Umstän­de wie­der ver­ließ. 1937 kehrt er neu­er­lich nach Mün­chen zurück und absol­vier­te ein Stu­di­um an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te, das er 1941 abschloss. Bereits 1940 hat­te Josef Staud Eli­sa­beth Oster­mei­er gehei­ra­tet, die im Büro der Deut­schen Gesell­schaft für christ­li­che Kunst – einem Künst­ler­ver­mitt­lungs­bü­ro – gear­bei­tet und ihren Gat­ten wäh­rend sei­ner gan­zen Schaf­fens­pe­ri­ode tat­kräf­tig unter­stützt hat­te. Nach Kriegs­ein­satz und kur­zer Kriegs­ge­fan­gen­schaft leb­te der Künst­ler zunächst in Stein­ach am Bren­ner, bevor der mit sei­ner inzwi­schen acht­köp­fi­gen Fami­lie nach Mils bei Hall über­sie­del­te, wo er ein Haus mit Ate­lier bau­te. Bis 1973 war Josef Staud, der am 26. August 1980 ver­starb, wie auch sein eben­falls als Bild­hau­er täti­ger Bru­der Franz, als frei­schaf­fen­der Künst­ler tätig.

Foto: Arne Müseler (Kirche in Liefering)
Foto: Arne Müse­ler (Kir­che in Liefering)

Die prä­gen­de künst­le­ri­sche Per­sön­lich­keit am Beginn von Josef Stauds künst­le­ri­schem Schaf­fen war Hans Pon­til­ler, sein Leh­rer an der Kunst­ge­wer­be­schu­le, der ihm sämt­li­che Tech­ni­ken in der Holz‑, Stein-. Ter­ra­kot­ta- und Bron­ze­ver­ar­bei­tung bei­brach­te, mit der Beson­der­heit des jewei­li­gen Mate­ri­als ver­traut mach­te und das Ver­ständ­nis für den mensch­li­chen Kör­per ver­mit­tel­te. In sei­ner Münch­ner Zeit war Josef Hen­sel­mann Stauds Leh­rer und nahm für den jun­gen Stu­den­ten eine Vor­bild­rol­le ein, was sich in künst­le­ri­schen Arbei­ten jener Zeit zeigt. Richard Kecht ver­mit­tel­te dem Schü­ler, der die­se Erfah­run­gen auch bei ver­schie­de­nen kirch­li­chen Auf­trä­gen umset­zen konn­te, das Bewusst­sein für die Ein­heit von Archi­tek­tur, Plas­tik und Male­rei. Inhalt­lich sind die Arbei­ten Josef Stauds, der Zeit sei­nes Lebens ein stil­ler, beschei­de­ner Künst­ler blieb, durch sei­ne tief­re­li­giö­se Ein­stel­lung geprägt, wes­halb sakra­le Arbei­ten in sei­nem Oev­re auch domi­nie­ren. Sein künst­le­ri­scher Weg führ­te ihn vom Natu­ra­lis­mus zu einer expres­si­ven For­men­spra­che. die unter Ver­zicht auf alles Über­flüs­si­ge zu Ruhe und Ver­in­ner­li­chung führ­te und durch kan­ti­ge Umris­se, schmäch­ti­ge, mani­riert über­längt anmu­ten­de Kör­per und regungs­lo­se Gesichts­aus­drü­cke ohne indi­vi­du­el­le Merk­ma­le cha­rak­te­ri­siert wird. Frei von fest­ge­leg­ten iko­no­gra­phi­schen Vor­bil­dern und Bild­pro­gram­men gelang dem Künst­ler eine eigen­stän­di­ge Inter­pre­ta­ti­on der bibli­schen Aus­sa­ge, die er nach sei­nem per­sön­li­chen Emp­fin­den umsetz­te. Stauds künst­le­ri­sches Suchen und Rin­gen war wesent­lich von einer biblisch begrün­de­ten Sicht des Men­schen als „Abbild Got­tes“ begrün­de­te, wes­halb er stets den Men­schen in sei­ner indi­vi­du­el­len, reli­giö­sen sowie sozi­al-poli­ti­schen Aus­drucks­fä­hig­keit ver­an­schau­li­chen woll­te und die­sem Bild des Men­schen auch zeit­le­bens sei­ne gestal­te­ri­schen Bemü­hun­gen gal­ten, Sei­ne gro­ße künst­le­ri­sche Leis­tung hegt. In der zeit­ge­mä­ßen Aus­stat­tung moder­ner und his­to­ri­scher Sakral­bau­ten, deren Geist er intui­tiv auf­nahm und in sei­nen künst­le­ri­schen Arbei­ter umsetzte.

Aus der Fül­le sei­nes künst­le­ri­schen Schaf­fens kann in aller Kür­ze nur auf die wich­tigs­ten Arbei­ten ver­wie­sen wer­den, so den Hoch­al­tar in der Klos­ter­kir­che der Ewi­gen Anbetung(1948), die Erker­fi­gu­ren am Bau­ern­bund­haus (1953), das Krie­ger­denk­mal in der Land­wirt­schaft­li­chen Lehr­an­stalt Rot­holz (1954), das Kru­zi­fix im Bun­des­ober­stu­fen­re­al­gym­na­si­um in Inns­bruck (1956), die Sei­ten­al­tä­re im Inns­bru­cker Pries­ter­se­mi­nar (1956), der Hoch­al­tar und die Sei­ten­al­tä­re für die St. Josefs­kir­che in Kla­gen­furt (1957÷58), die künst­le­ri­sche Aus­ge­stal­tung der Pfarr­kir­che Eben im Pon­gau (1960÷65), das Hoch­al­tar­re­li­ef der Pfarr­kir­che in Pfunds (1961), den Schrein für das Gna­den­bild (1962) und den Tauf­stein­de­ckel (1963) in der Wall­fahrts­kir­che sowie die Bron­ze­tü­ren der Lei­chen­ka­pel­le in Ser­faus (1967), die Altä­re in der Kir­che des Mis­si­ons­hau­ses St. Rupert in Bischofs­ho­fen (1965), das Bron­ze­re­li­ef im Pries­ter­se­mi­nar in Mainz (1968).

Staud Josef - Würdigung 2005Staud Josef - Würdigung 2005

Sei­ne hand­werk­li­che Grund­aus­bil­dung befä­hig­te den Künst­ler sich auch als Maler zu betä­ti­gen, wovon ein­zel­ne Wand­fres­ken und die Glas­ma­le­rei­fens­ter in der Grill­hof­ka­pel­le in Vill (1961) Zeug­nis able­gen. Neue künst­le­ri­sche Mög­lich­kei­ten boten sich für Josef Staud auch durch die im Zuge der Lit­ur­gie­re­form des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils not­wen­dig gewor­de­ne Um- bzw. Neu­ge­stal­tung des Pres­by­te­ri­ums, wovon zahl­rei­che von ihm geschaf­fe­ne Volks­al­tä­re, Ambo­nen, Taber­na­kel, Tauf­stei­ne und Sedi­li­en künden.
Neben die­sen gro­ßen öffent­li­chen Arbei­ten waren es ins­be­son­de­re die Weih­nachts­krip­pen, mit denen sich Josef Staud seit sei­ner Kind­heit beschäf­tig­te. Wie bei vie­len ande­ren Künst­lern stand auch bei ihm die Beschäf­ti­gung mit der The­ma­tik des Weih­nachts­evan­ge­li­ums am Beginn sei­ner künst­le­ri­schen Tätig­keit und führ­te ihn von tra­di­tio­nel­len volks­tüm­li­chen Krip­pen­fi­gu­ren zu einer neu­en Krip­pen­kunst, die sich auf das Wesent­li­che beschränkt.
Rein­hard Rampold

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