Noch vor 150 Jahren lebten und arbeiteten wir in der Familie. Es war ein System, in dem Lebens- und Arbeitsraum fast deckungsgleich waren.
Noch vor 100 Jahren waren 60 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Diese Menschen lebten in Mehr-Generationen-Familien zusammen. Die materielle Ebene bestimmte das ganze Familiengeschehen. Selbstverständlich spielen überall, wo Menschen zusammen leben, auch Gefühle eine Rolle, doch diese waren für die Interaktionen in der Familie nicht entscheidend. Frauen heirateten, um versorgt zu sein und hatten dann in der Familie die Aufgabe, mitzuarbeiten ‚Kinder zu bekommen und den Haushalt und Betrieb einigermaßen mitzugestalten. Sie hatte keine Ausbildung, die auf ihre persönlichen Anlagen Rücksicht nahm. Die Frau sorgte immer für eine große Gruppe von Menschen und hatte auch an der Produktion ihren Anteil. Sie war zwar nur Hausfrau, doch dies bedeutete etwas ganz anderes als heute. Die heutige Hausfrau kann sich mit den früheren Bäuerinnen überhaupt nicht vergleichen. Die Bäuerinnen haben nie nur den Haushalt für einen Mann und Kinder geführt, sondern waren immer für alles Lebendige verantwortlich. In der heutigen Industriegesellschaft wird die Berufstätigkeit vorwiegend außerhäuslich angeboten. Dadurch ist es für die Frau sehr schwierig, Familie und Beruf zu verbinden.
Virchi segnen
Frauen galten nach der Geburt jeden Kindes als unrein. Um wieder in die Kirche aufgenommen zu werden, mussten sie sich segnen lassen.
Diese Zeremonie wurde meistens an einem Werktag vorgenommen. Die Frau und Mutter ging in die Kirche, sie musste hinten beim Eingang stehen bleiben und warten bis der Priester sie dort abholte. Er begleitete sie mit einer brennenden Kerze zum Altar, wo er sie dann segnete.
Dann wurde sie als ordentliches Mitglied der Kirche wieder entlassen. Dieser Brauch wurde ca. bis 1950 praktiziert.
Mils, 2009
Siehe auch: Rosa Hoppichler – eine Bäuerin aus Mils