Die Milser Au: 1858

MILSER GESCHICHTE(N)
bear­bei­tet und erzählt von
Mag. Fritz Tiefenthaler

Die Milser Au

Ein Arti­kel über die Rena­tu­rie­rung der „Mil­ser Au“ im Gemein­de­ge­biet unse­rer Namens­vet­te­rin Mils bei Imst war Anlass, wie­der ein­mal über die Ver­än­de­run­gen in unse­rer Au, dem „Mil­ser Unter­feld“ nach­zu­den­ken. Bereits in mei­ner geo­gra­phi­schen Haus­ar­beit zum Abschluss des Stu­di­ums muss­te ich mich u.a. auch mit den Ver­än­de­run­gen im Unter­feld seit der Erstel­lung des Maria The­re­sia­ni­schen Katas­ters und der zuneh­men­den Bedeu­tung der vom Dorf weit ent­fern­ten Flä­chen beschäftigen.
Was sich heu­te süd­lich der Bahn  als dicht besie­del­tes Gewer­be­ge­biet, Schot­ter­auf­be­rei­tungs­an­la­ge und nach Nor­den gedräng­ter Ver­lauf des Inn, sowie nörd­lich der Bahn als inten­siv genutz­te Gemü­se- und Acker­flä­chen prä­sen­tiert, war bis vor weni­gen Jahr­hun­der­ten ein von Inn­hoch­wäs­sern und Fluss­bett­ver­le­gun­gen bestimm­ter Auwald, der von den Bau­ern des Ortes als exten­si­ve Wei­de­flä­che im All­ge­mein­be­sitz, als „All­men­de“, und zur Holz­ge­win­nung genutzt wur­de. Die durch den Inn und sei­ne Hoch­wäs­ser ver­ur­sach­ten regel­mä­ßi­gen Ver­än­de­run­gen lie­ßen eine inten­si­ve Nut­zung der  fluss­na­hen Flä­chen kaum zu. Vor dem Bau der Auto­bahn, der Ver­le­gung des Fluss­bet­tes nach Nor­den und sei­ner durch Ver­bau­ung erfolg­ten Ein­tie­fung füll­te sich ein am Abhang des Mil­ser Schwemm­ke­gels ent­lang lau­fen­der ehe­ma­li­ger Sei­ten­arm des Inns bei Hoch­was­ser und erin­ner­te an die vie­len Was­ser­flä­chen der ehe­ma­li­gen Au. Aller­dings dürf­ten bereits recht früh an vie­len güns­ti­gen Stel­len soge­nann­te „Ein­fän­ge“ gero­det wor­den sein. Im 15. Jh. erfolg­te dann die Auf­tei­lung der rest­li­chen Au mit der Rodung, Ent­wäs­se­rung und Tro­cken­le­gung der zuge­wie­se­nen Flächen.
Die seit dem Hoch­mit­tel­al­ter immer wich­ti­ger wer­den­de Inn­schiff­fahrt von Hall zur Donau hat­te aber bereits frü­her zu Ein­grif­fen und Ver­än­de­run­gen im Ufer­be­reich des Inn geführt. Die Gemein­den, wei­de­be­rech­tig­te Höfe  und All­mend­ge­nos­sen waren ver­pflich­tet, den Haupt­lauf des Inn zu „ver­ar­chen“, d.h. zu sichern. Die Archen  wur­den aus Auholz her­ge­stellt und mit ver­schie­de­nen Mate­ria­li­en, vor allem grö­ße­ren Stei­nen gefüllt und mit Wei­den, Taxen und Grä­sern abge­dich­tet. Die Behör­den, die an einer mög­lichst rei­bungs­lo­sen und von Hin­der­nis­sen frei­en Inn­schiff­fahrt inter­es­siert waren, über­wach­ten die dafür not­wen­di­gen Arbei­ten. Bei Berg­fahr­ten waren die von Pfer­den gezo­ge­nen Schiffs­zü­ge auf gut erhal­te­ne „Trep­pel-“  oder „Trei­del­we­ge“ ange­wie­sen. Gera­de am Inn muss­ten die Zug­pfer­de aber oft genug  in seich­ten Berei­chen des Fluss­bet­tes selbst ihren Vor­spann­dienst leis­ten. Mit Bei­boo­ten wur­den sie immer wie­der auf das gegen­über­lie­gen­de Ufer gebracht, wenn am Prall­hang die Strö­mung des Gebirgs­flus­ses zu stark war.

Mit dem Bau der 1858 eröff­ne­ten k.k. Nord­ti­ro­ler Staats­bahn (Kuf­stein – Inns­bruck), der gleich­zei­tig erfolg­ten Neu­tras­sie­rung der Land­stra­ße und der Ein­stel­lung der Inn­schiff­fahrt erga­ben sich für die Bewirt­schaf­tung des Unter­fel­des wesent­li­che Ver­än­de­run­gen. Die Fel­der süd­lich der Bahn wur­den über drei beschrank­te Bahn­über­gän­ge (Stift­moar, Mit­ter­gat­ter und Kreuz­bichl) mit zwei dazu gehö­ri­gen Bahn­wär­ter­häu­sern erschlos­sen und am Reml-Rain wur­de die Land­stra­ße mit einer neu­errich­te­ten Brü­cke samt dazu­ge­hö­ri­ger Ram­pe (übri­gens in viel stei­le­rem Win­kel als heu­te) über die Bahn geführt. Die der Schiff­fahrt  zuste­hen­den Ser­vi­tu­te wur­den gelöscht, wenn auch für vie­le Grund­be­sit­zer wei­ter­hin Ver­pflich­tun­gen bei der Wie­der­her­stel­lung der Stra­ße bestehen blieben.

Einen wei­te­ren Ein­griff in die Flä­chen des Unter­fel­des brach­te der in den spä­ten 60-er Jah­ren erfolg­te Bau der Inn­tal­au­to­bahn. Die Tras­sen­füh­rung am Süd­ufer des Inns erfor­der­te die Ver­le­gung des Fluss­bet­tes im Bereich zwi­schen dem Reml-Rain und der Vol­de­rer Inn­brü­cke. Nach umfang­rei­chen Gra­bungs­ar­bei­ten süd­lich der Bun­des­stra­ße wur­de ein Abschluss­damm durch­sto­ßen und der Fluss in sein neu­es Bett umge­lei­tet. Der Grund­was­ser­see im neu­en Bett war vor­her bereits zu einem viel besuch­ten Bade­be­reich gewor­den. Das alte Fluss­bett wur­de auf­ge­schüt­tet und zum Teil als Tras­se für die Auto­bahn verwendet.

Vor der Wid­mung gro­ßer Tei­le des Unter­fel­des als Gewer­be­ge­biet in den letz­ten Jah­ren hat­ten noch die Hal­ler Stadt­wer­ke Plä­ne für die Errich­tung eines Fluss­kraft­wer­kes mit einer Stau­stu­fe im Bereich der heu­ti­gen Eisen­bahn­brü­cke ent­wi­ckelt. Das Vor­ha­ben wur­de  als Pro­jekt­stu­die vor­ge­stellt und vor­ver­han­delt, die Plä­ne ver­schwan­den aber bald in den Schub­la­den der Projektwerber.

P.S.: Vor dem Bau der Auto­bahn war die Fluss­mit­te Süd­gren­ze unse­rer Gemein­de. Fluss­ver­le­gun­gen und flei­ßi­ges Ver­ar­chen des Süd­ufers führ­ten dabei immer wie­der zu Strei­tig­kei­ten mit den „Entwasslern“.Die Ver­le­gung des Inns hat dann dazu geführt, dass zu unse­rer Gemein­de auch Flä­chen süd­lich des Inns und im Bereich der Auto­bahn gehö­ren. Anfangs der 90-er Jah­re war man im Gemein­de­rat höchst erstaunt, als die Lan­des­be­hör­den von der Gemein­de Erhal­tungs­bei­trä­ge für den süd­lich des Flus­ses über Mil­ser Gebiet ver­lau­fen­den Inn­tal­rad­weg einforderten.

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Fritz Tief­en­tha­ler, 7.9.2010

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