Über das Geläute in der Milser Pfarrkirche vor dem großen Brand von 1791 sind wir leider sehr schlecht informiert. Pfarrer Dr. Thomas Popp berichtet über dieses Schadfeuer vom 23. August u.a.:
„Der Taufstein war durch die Hitze zerbrochen und die fünf Glocken vom Turm waren geschmolzen.“
Wie diese fünf Glocken aufeinander abgestimmt waren, welche Tonlage, welches Gewicht sie hatten, darüber fehlt uns jede Nachricht.
Eine dieser Glocken war – nach der Legende – die berühmt-berüchtigte Räuberglocke, gegossen von Hans Gatterer auf dessen letzten Wunsch hin.
Konkrete Hinweise konnten noch nicht erbracht werden, was aber weder der Legende noch der Überlieferung einen Abbruch tun soll. Jedenfalls war man in Mils sicher, eine Glocke von Hans Gatterer im Turm hängen zu haben.
Aus demselben Bericht wissen wir auch, dass der Turm am längsten brannte. Alle fünf Glocken wurden vernichtet. Das Glockenmetall wurde aber gesammelt und teilweise wieder verwendet.
Pfarrer Dr. T. Popp bemühte sich mit allen Kräften, bald wieder eine neue Kirche und auch ein neues Geläute zu haben. Der neue Turm wurde mit fünf Glocken bestückt. Während die fünf kleineren Glocken dem ersten Weltkrieg zum Opfer fielen, hängt die „große Glocke“ heute noch im Turm. Diese „Gatterer Glocke“ wurde als „historische Glocke“ in beiden Weltkriegen geschont.
Die große Glocke
Technische Daten:
- Gußjahr: 1795
- Gegossen bei Simon Peter Miller in Innsbruck, Durchmesser 145 cm
- Gewicht ca. 1800 kg – Tonlage d/1
Diese Glocke gilt auch heute noch als eine schöne Glocke. Sie zeigt im Hochrelief das Patrozinium der Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“, die Kreuzgruppe, die Heilige Dreifaltigkeit und Christus auf dem Ölberg (Es ist anzunehmen, dass das kein Zufall ist, sondern Pfarrer Popp sehr wohl wusste, welchen Schatz er beherbergte)
Inschrift:
„SIMON PETRUS OENIPONTANUS FECIT HOC OPUS LAUDETUR DEUS ANNO 1795“
SIMON PETER AUS INNSBRUCK SCHUF DIESES WERK GOTT SEI GELOBT IM JAHRE 1795
Auf dem Mantel ebenfalls in Hochrelief die Inschrift:
„BENEFICIO MARIAE BLANCHIN PAROCHO MAECENO ATQUE REV AC DOCTISSIMO DD THOMA POPP. QUANDO PIE CLANGO AGONIAM ET MORTEM CHRISTI ANNUNTIO SANCTOS HONORO VIVOS LAETI-FICO TEMPESTATES REPELLO FUNERA PLANGO“.
DURCH DIE WOHLTÄTIGKEIT DER MARIA PLANKIN UNTER DEM PFARRER UND WOHLTÄTER DEM HOCHWÜRDIGEN UND SEHR GELEHRTEN HERREN THOMAS POPP.
WENN ICH FROMM ERKLINGE, VERKÜNDE ICH DIE TODESANGST UND DAS STERBEN CHRISTI, EHRE ICH DIE HEILIGEN, ERFREUE ICH DIE LEBENDEN, VERTREIBE ICH DIE UNWETTER, BEKLAGE ICH DIE TOTEN.
(Besten Dank an Pater Maurus Kramer O.S.B. für die Übersetzung).
Dann kam der erste Weltkrieg.
Für GOTT, KAISER UND VATERLAND wurden sie zum Leidwesen der Bevölkerung abtransportiert und eingeschmolzen. Nur die große Glocke blieb den Milsern erhalten.
Am 11. Oktober 1916 wurden 3 Glocken im Gesamtgewicht von 1681 Kilo, am 3. November 1917 wurden 2 Glocken im Gesamtgewicht von 182 Kilo vom Militär abgeholt.
Diese Nachricht – 5 Glocken nennend – aus der Schützenchronik bringt die Differenz. Wahrscheinlich waren es vier vom Turm der Pfarrkirche und die kleinste von der St. Annenkirche.
Nach dem Regen kommt Sonnenschein, und wenn auch die Nachkriegszeit alles eher als Frieden war – in wirtschaftlicher Hinsicht – so gelang es der Milser Bevölkerung, dem Pfarrer (es war der sehr rührige Nikolaus Meyer in Amt und Würden) dem Kirchenpropst und vielen edlen Spendern wieder ein neues Geläute zu bestellen.
Bereits 1920 veranstaltete Pfarrer Meyer Sammlungen. Die Gemeinde unter Bürgermeister Johann Lahartinger hat den gemeindeeigenen Teil der Au an die Landesregierung abgegeben und mit den Erlös gespendet.
Die Fa. Grassmayr in Innsbruck lieferte drei Glocken:
Technische Daten:
- 1. Gewicht 94o kg, Ton E hoch Schlagdicke 3’29 rein Gussdatum – 24.2.1921
- 2. Gewicht 64o kg, Ton Fis hoch – “ – 8/9 2’92 rein Gussdatum – 24.2.1921
- 3. Gewicht 372,5 kg, Ton a hoch – 3/4 2’46 rein Gussdatum – 12.2.1921
Aus einer Anmerkung können wir auch auf die große Glocke schließen: „Stimmend zu vorhandener Glocke im Ton D rein.“
Die 1. Glocke – also die Zwölferin – trug die Aufschrift:
GEWIDMET VON DER GEMEINDE MILS 1921
und am Mantel:
GOTTESMUTTER, DIR ZU EHREN DIESE GLOCKE SEI GEWEIHT, SCHIRM UND SCHÜTZE DIESEN ORT, HILF UNS JETZT UND ALLEZEIT.
Die 2. Glocke -.also die Elferin – trug die Aufschrift:
EINST WURDEN AUS GLOCKEN KANONEN GEGOSSEN, JETZT SIND AUS KANONEN GLOCKEN GEGOSSEN UND WAS EINST DRÖHNTE MIT SCHRECKLICHEM SCHALL, DAS TÖNT JETZT ZUR FREUDE IN FRIEDLICHEM HALL.
Die 3. Glocke trug die Inschrift:
GEWIDMET VON DER GEMEINDE MILS 1921
Am 12. März wurden die Glocken bei Graßmair in Innsbruck abgeholt. Bereits um 4 Uhr früh weckte die große Glocke das Dorf. Um 7 Uhr fuhren drei Pferdegespanne nach Inns¬bruck. Um 15,00 Uhr kamen sie wieder zurück und wurden beim Taubstummen—Institut festlich empfangen.
Bei der Errichtung des Triumphbogens tat sich Gregor Mayer (Busler) besonders hervor. Die Wagen stellten und lenkten: Bonifaz Oberhofer (Resch), Sebastian Fankhauser (Jewein) und Johann Schranz (Pröller).
Die Geistlichkeit, von Ministranten unterstützt(vorne rechts Pfarrer Nikolaus Mayer).
Anschließend die Musikkapelle unter der Leitung von Alois Winkler, Tambur Alois Zimmermann, dann folgt die Schützenkompanie in ihrer Uniform (die Tracht kam erst später).Von diesem Einzug gibt es noch ein zweites Foto, auf welchem die Schützen in ihrer vollen Stärke erfasst sind.
Dann setzte der Zug seine Fahrt durch das Dorf fort. Beim Dreschtennenplatz markierte ein weiterer Triumpf-bogen den nächsten Halt.Dieser Platz war noch unverbaut, rechts im Bild die
erste Trafostation, ungefähr dort, wo heute die Raika steht
13. März 1921 – WEIHETAG
Leider konnte die große Glocke nicht mehr geläutet werden, da die Vorbereitungen zum Aufziehen der Glocken dies verhinderte. Dafür wehten Fahnen vom Turm.
Noch am Vortag, nach der Rundfahrt durchs Dorf, wurden die Glocken an schön geschmückten Balken aufgehängt.
Im Hintergrund das alte Feuerwehr-Spritzenhaus. Links davon noch die alte Friedhofmauer, rechts daneben der Florianibrunnen. Im Bild rechts die Milchsammelstelle (Blechdach). Vor dem Spritzenhaus die Musikkapelle Mils. Den inneren Kreis füllen die Schulkinder aus. Man erkennt sehr viel hohe Geistlichkeit.
Die eigentliche Weihe begann nach der Sonntagsmesse um 10 Uhr 45 und wurde von Prälat Stefan Mariacher vom Stift Stams vorgenommen.
Pater Maurus, der selbst als junger Priester nach dem 1. Weltkrieg bei solchen Glockenweihen dabei war, erklärt:
Die Glocken wurden mit geweihtem Wasser fein säuberlich innen und außen gewaschen, abgetrocknet und mit geweihtem Öl gesalbt. Außen auf dem Mantel mit 7 Kreuzen (Krankenöl), innen mit 4 Kreuzen (Chrysam). Damit sich der KONSEKRATOR nicht verzählt – er musste diese zusätzliche Zeremonie ja neben dem Beten verrichten. Hinter der Geistlichkeit die Paten.
Paten waren für die Zwölferin BM Johann Lahartinger und GR Bonifaz Oberhofer, als Vertreter der Gemeinde. Für die Elferin Johann Junker und seine Tochter Paula. Für die Kleine Simon und Stefanie Gschösser.
Nach der Zeremonie drehten Musik und Schützen noch eine Runde durchs Dorf, dann hieß es abtreten zur wohlverdienten Stärkung ins Gasthaus Lorer. Die Geistlichkeit, die offiziellen Vertreter von Bezirk und Land sowie die Ehrengäste fanden sich beim Tiefenthaler ein.
Inzwischen waren viele fleißige Hände damit beschäftigt, die Glocken aufzuziehen und die nötige Montage vorzunehmen.
UM 18 UHR 45 ERTÖNTEN WIEDER ALLE GLOCKEN VOM TURM.
Josef Waldner 17.12.2014