Im nun zu Ende gehenden Jahr erschütterten gleich mehrere Skandale um Künstler („Aktionskünstler“ Nitsch, Burgtheater-Direktor Hartmann) die Republik und zeigten gerade im Falle Hartmann die Doppelmoral jener, die mit erhobenem Zeigefinger als Gralshüter der Moral auftreten, um dann – wenn es um ihre eigenen Finanzen geht – die Maske fallen zu lassen.
Bei Hubert Zöhrer ist derlei nicht einmal ansatzweise vorstellbar. Er war nie ein Ausgeflippter, kein Rebell, der seinen politischen Kampf auf visueller Ebene austragen wollte – dies wäre weder von seinem Wesen her noch in seinem Beruf als Lehrer und Schuldirektor vorstellbar gewesen. Er integriert vielmehr sein künstlerisches Schaffen in sein Leben, schafft Bilder als Visitenkarten der Lebensbejahung, des Positiven und Schönen.
Hubert wuchs in einer im Kunstbereich tätigen Familie auf – sein Großvater war Maler und Restaurator in Schwaz, sein Vater Kunsthändler und Bilderrahmenfabrikant. Als Gymnasiast in Hall begann er zu malen und maturierte selbstredend in Kunsterziehung. Als Junglehrer motivierte er seine Schüler mit Freude im Zeichenunterricht und besuchte diverse Malseminare, wobei ihn jene in Geras im Waldviertel am meisten prägten. Hier fand er seinen Stil als Aquarellmaler, der ihn bald bekannt werden ließ, so dass er künftig selbst als Kursleiter gefragt war, weil er Technik und Vermittlung in idealer Kombination repräsentierte.
Nach zwanzig Jahren reifte in ihm das Gefühl, etwas anderes zu versuchen und malte fortan mit Acryl auf Leinwand. Da ihn seine Vorliebe für Natur, Landschaften und Städte immer wieder kreuz und quer durch Europa führte (bis heute 75 Auslandsreisen!) setzte er den Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens auf die Veranschaulichung europäischer Landschaften, was ihn bald das Prädikat „Europamaler“ einbrachte und ihm Zugang zu exklusiven Ausstellungen in EU-Institutionen verhalf (Brüssel, Straßburg).
Gerade anfänglich konzentrierte er sich gerne auf reduziertes Gegenständliches wie auch aus der Natur abgeleitetes Abstraktes. Er versteht es in hohem Maße, das Spezifische einer Landschaft wiederzugeben, mit scharfem Blick für Details und vielfältigen Bildgewalten, vom warmen Rot-braun der Toskana über die von feuriger Lava kontrastierte Landschaft Islands bis zu den im kühlen Blau erstrahlenden Küsten Cornwalls oder der Gletscherregionen der Alpen. Großflächige Farbelemente koexistieren neben detailverliebten Darstellungen, oft ergänzt mit spezifischen Zusatzmaterialien wie Quarz- oder Lavasand. Gegenständliches enthält Bestimmhaftigkeit auf seine begrenzte Art. Er malt durchwegs auf quadratischem Untergrund, weil er so das Bild im Sinne einer ausgewogenen Komposition besser gestalten kann.
Seine Leidenschaft, das Bergwandern – vorwiegend in den Alpen – inspiriert Hubert Zöhrer in letzter Zeit sehr stark zur bildnerischen Wiedergabe alpiner Regionen. So war auch seine letzte Ausstellung im November von zahlreichen Bergbildern geprägt. Den Einwand von allzu fotorealistischer Sicht der Bildgestaltung entgegnet er mit dem Unterschied von „naturalistisch“ und „realistisch“: Im Gegensatz zur naturgetreuen, naturalistischen Darstellung sind seine Bilder ein Produkt des Realismus, der mit Elementen wie extremes Ausloten von Licht und Schatten, von „Überzeichnungen“ wie der monochrome Hintergrund, der in einem real nicht existierendem Blau erstrahlt (aber nie in einem selben) sowie Unterlassungen (Gebäude und Menschen fehlen vollständig) agiert. Er schafft ein nur vordergründiges Abbild der Natur, das aber erst durch seine Gestaltung die spezifische Wirkung zu erzielen vermag.
Und so entstanden Bergbilder, die aus Licht- und Schattenfall besondere Bedeutung erlangen, mit einer nahezu feierlichen Präzision die Urelemente der Berge in ihrer ganzen Präsenz vermitteln – das Majestätische, Erhabene, die absolute Stille und Einsamkeit. Man merkt, dass er Dinge malt, die ihm Freude bereiten und aus Freude malt.
Und- last but not least – war da auch noch sein Beruf als Lehrer. Er sieht sich als eher gemütlichen und humorvollen „Pauker“, der Kinder zu motivieren verstand, ohne harten Drill anzuwenden zu müssen. Auch als Direktor (und einziger Mann im Milser VS- Team) gelang es ihm, ein gutes Verhältnis zu Kolleginnen, Eltern und Schülern herzustellen.
Es ist ihm heute mit seinen 75 Jahren sehr wohl bewusst, dass auch sein Leben ein Ablaufdatum hat, dass seine biologische Uhr tickt. Aber seine Einstellung nach dem Motto „es ist erst dann vorbei, wenn es vorbei ist“ lässt ihn versuchen, das Leben mit weiteren Plänen und Träumen zu füllen und weiterhin so aktiv wie möglich zu sein. „Lieber so als fad“ meint er und seine Lippen formen sich zu seinem typischen Lächeln, das einen feinen Sinn für Humor erahnen lässt und das vielleicht auch einmal gemalt werden sollte.
Quelle: Dorfblatt 11–2014