Zöhrer, Hubert 2014

Im nun zu Ende gehen­den Jahr erschüt­ter­ten gleich meh­re­re Skan­da­le um Künst­ler („Akti­ons­künst­ler“ Nit­sch, Burg­thea­ter-Direk­tor Hart­mann) die Repu­blik und zeig­ten gera­de im Fal­le Hart­mann die Dop­pel­mo­ral jener, die mit erho­be­nem Zei­ge­fin­ger als Grals­hü­ter der Moral auf­tre­ten, um dann – wenn es um ihre eige­nen Finan­zen geht – die Mas­ke fal­len zu lassen.

Bei Hubert Zöh­rer ist der­lei nicht ein­mal ansatz­wei­se vor­stell­bar. Er war nie ein Aus­ge­flipp­ter, kein Rebell,  der sei­nen poli­ti­schen Kampf auf visu­el­ler Ebe­ne aus­tra­gen woll­te – dies wäre weder von sei­nem Wesen her noch in sei­nem Beruf als Leh­rer und Schul­di­rek­tor vor­stell­bar gewe­sen. Er inte­griert viel­mehr sein künst­le­ri­sches Schaf­fen in sein Leben, schafft Bil­der als  Visi­ten­kar­ten der Lebens­be­ja­hung, des Posi­ti­ven und Schönen.

Hubert wuchs in einer im Kunst­be­reich täti­gen Fami­lie auf – sein Groß­va­ter war Maler und Restau­ra­tor in Schwaz, sein Vater Kunst­händ­ler und Bil­der­rah­men­fa­bri­kant.  Als Gym­na­si­ast in Hall begann er zu malen und matu­rier­te selbst­re­dend in Kunst­er­zie­hung. Als Jung­leh­rer moti­vier­te er sei­ne Schü­ler mit Freu­de im Zei­chen­un­ter­richt und besuch­te diver­se Mal­se­mi­na­re, wobei ihn jene in Geras im Wald­vier­tel am meis­ten präg­ten. Hier fand er sei­nen Stil als Aqua­rell­ma­ler, der ihn bald bekannt wer­den ließ, so dass er künf­tig selbst als Kurs­lei­ter gefragt war, weil er Tech­nik und Ver­mitt­lung in idea­ler Kom­bi­na­ti­on repräsentierte.

Zöhrer, Hubert 2014

Nach zwan­zig Jah­ren reif­te in ihm das Gefühl, etwas ande­res zu ver­su­chen und mal­te fort­an mit Acryl auf Lein­wand. Da ihn sei­ne Vor­lie­be für Natur, Land­schaf­ten und Städ­te immer wie­der kreuz und quer durch Euro­pa führ­te (bis heu­te 75 Aus­lands­rei­sen!)  setz­te er den Schwer­punkt sei­nes künst­le­ri­schen Schaf­fens  auf die Ver­an­schau­li­chung euro­päi­scher Land­schaf­ten, was ihn bald das Prä­di­kat „Euro­pa­ma­ler“ ein­brach­te und ihm Zugang zu exklu­si­ven Aus­stel­lun­gen in EU-Insti­tu­tio­nen ver­half (Brüs­sel, Straßburg).

Gera­de anfäng­lich kon­zen­trier­te er sich ger­ne auf redu­zier­tes Gegen­ständ­li­ches  wie auch aus der Natur abge­lei­te­tes Abs­trak­tes. Er ver­steht es in hohem Maße, das Spe­zi­fi­sche einer Land­schaft wie­der­zu­ge­ben, mit schar­fem Blick für Details und viel­fäl­ti­gen Bild­ge­wal­ten, vom war­men Rot-braun der Tos­ka­na über die von feu­ri­ger Lava kon­tras­tier­te Land­schaft Islands bis zu den im küh­len Blau erstrah­len­den Küs­ten Corn­walls oder der Glet­scher­re­gio­nen der Alpen. Groß­flä­chi­ge Farb­ele­men­te koexis­tie­ren neben detail­ver­lieb­ten Dar­stel­lun­gen, oft ergänzt mit spe­zi­fi­schen Zusatz­ma­te­ria­li­en wie Quarz- oder Lava­sand.  Gegen­ständ­li­ches ent­hält Bestimm­haf­tig­keit auf sei­ne begrenz­te Art. Er malt durch­wegs auf qua­dra­ti­schem Unter­grund, weil er so das Bild im Sin­ne einer aus­ge­wo­ge­nen Kom­po­si­ti­on bes­ser gestal­ten kann.

Zöhrer, Hubert 2014

Sei­ne Lei­den­schaft,  das Berg­wan­dern – vor­wie­gend in den Alpen – inspi­riert Hubert Zöh­rer in letz­ter Zeit sehr stark zur bild­ne­ri­schen Wie­der­ga­be alpi­ner Regio­nen. So war auch sei­ne letz­te Aus­stel­lung im Novem­ber von zahl­rei­chen Berg­bil­dern geprägt. Den Ein­wand von all­zu  foto­rea­lis­ti­scher Sicht der Bild­ge­stal­tung ent­geg­net er mit dem Unter­schied von „natu­ra­lis­tisch“ und „rea­lis­tisch“: Im Gegen­satz zur natur­ge­treu­en, natu­ra­lis­ti­schen Dar­stel­lung sind sei­ne Bil­der ein Pro­dukt des Rea­lis­mus, der mit Ele­men­ten wie extre­mes Aus­lo­ten von Licht und Schat­ten, von „Über­zeich­nun­gen“ wie der mono­chro­me Hin­ter­grund,  der in einem real nicht exis­tie­ren­dem Blau erstrahlt (aber nie in einem sel­ben) sowie Unter­las­sun­gen (Gebäu­de und Men­schen feh­len voll­stän­dig) agiert. Er schafft ein nur vor­der­grün­di­ges Abbild der Natur, das aber erst durch sei­ne Gestal­tung die spe­zi­fi­sche Wir­kung zu erzie­len vermag.

Und so ent­stan­den Berg­bil­der, die aus Licht- und Schat­ten­fall beson­de­re Bedeu­tung erlan­gen, mit einer nahe­zu fei­er­li­chen Prä­zi­si­on die Urele­men­te der Ber­ge in ihrer gan­zen Prä­senz ver­mit­teln – das Majes­tä­ti­sche, Erha­be­ne, die abso­lu­te Stil­le und Ein­sam­keit. Man merkt, dass er Din­ge malt, die ihm Freu­de berei­ten und aus Freu­de malt.

Und- last but not least – war da auch noch sein Beruf als Leh­rer. Er sieht sich als eher gemüt­li­chen und humor­vol­len „Pau­ker“, der Kin­der zu moti­vie­ren ver­stand, ohne har­ten Drill anzu­wen­den zu müs­sen. Auch als Direk­tor (und ein­zi­ger Mann im Mil­ser VS- Team) gelang es ihm, ein gutes Ver­hält­nis zu Kol­le­gin­nen, Eltern und Schü­lern herzustellen.

Es ist ihm heu­te mit sei­nen 75 Jah­ren sehr wohl bewusst, dass auch sein Leben ein Ablauf­da­tum hat, dass sei­ne bio­lo­gi­sche Uhr tickt. Aber sei­ne Ein­stel­lung nach dem Mot­to „es ist erst dann vor­bei, wenn es vor­bei ist“ lässt ihn ver­su­chen, das Leben mit wei­te­ren Plä­nen und Träu­men zu fül­len und wei­ter­hin so aktiv wie mög­lich zu sein.  „Lie­ber so als fad“ meint er und sei­ne Lip­pen for­men sich zu sei­nem typi­schen Lächeln, das einen fei­nen Sinn für Humor erah­nen lässt und das viel­leicht auch ein­mal gemalt wer­den sollte.

Quel­le: Dorf­blatt 11–2014

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