Die Entschuldung der Landwirtschaft war ein sehr wichtiges Mittel, um diese in diesen schwierigen Zeiten überhaupt am Leben zu erhalten. Die Verschuldung der Höfe war eine Schande, weil (fast)alle mehr oder weniger verschuldet waren.
Das Markstück dieser Entschuldung der Landwirtschaft ist die Umwandlung der Schuld (Goldwährung) in unkündbare Forderungen (Tilgung).
Nachstehend eine Abschrift aus dem Grundbuch. Famlien- und Höfenamen werden nicht genannt.
4.4. 1940 Zl
Auf Grund des bestätigten Entschuldungsplanes der Landesstelle Innsbruck vom 14.12.1939 Zl. wird:
die Löschung des Pfandrechtes für die Forderung der Sparkasse der Stadt Hall i.T. Postzahl.im Betrag von 3.300.-SG, jedoch nur hinsichtlich von 25 1/2% Zinsen, Verzugszinsen 29% einverleibt.
Daß die unter Postzahl. haftende Forderung der Sparkasse Hall i.T.im Betrage von SG. 3.300.-in eine unkündbare Tilgungsforderung im Betrage von 2.200.- RM.zweitausendzweihundert samt 4 1/2% Zinsen, 6% Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung im Betrage von RM.466.67 vierhundertsechzigsechs 67/100 umgewandelt wurde, ersichtlich gemacht.
Die Löschung für das Pfandrecht für die Forderung der Sparkasse der Sdadt Hall i.T.Postzahl.im Betrage von 10.000.-SG. jedoch nur hinsichtlich eines Teilbetrages von 7.900.-SG.und eines Nebengebührenkautionsbetrages von SG.1.790.-, ferner von 25 1/2% Zinsen, 29% Verzugszinsen einverleibt.
Daß die unter Postzahl.haftende restliche Forderung der Sparkasse der Stadt Hall i.T.im Betrage von SG. 2.100.-in eine unkündbare Tilgungsforderung im Betrage von RM.1.400.-eintausendvierhundert samt 4 1/2% Zinsen, 6% Verzugszinsen und einer Nebengebührensicherstellung im Betrage von RM.140 einhundertvierzig umgewandelt wurde, ersichtlich gemacht.
Die Löschung für die Forderung der Sparkasse der Stadt Hall i.T.Postzahl. im Betrage von SG.2400.-einverleibt und die Anmerkung dr Simultanhaftung gelöscht.
KOMMENTAR von Herbert Zimmermann (Kunterbuntes aus Mils, S. 102)
Entschuldung der Landwirtschaft
Erbhofgesetz
Der Verschuldungsgrad der Bauern war Ende der 30iger Jahre sehr hoch .1937 wurden in Tirol 508 Höfe wegen zu hoher Schulden versteigert. Die meisten Bieter waren Banken. Die Zinsen erreichten mit 25% den Höchststand. Verzugszinsen lagen über 26%. Dem NS-Régime schwebten Erbhöfe nach deutscher Version vor und diese durften nicht verschuldet sein.
1938 standen in Tirol-Vorarlberg 711 Höfe zur Versteigerung an. Die Entschuldung der Landwirtschaft sollte und konnte die finanzielle und soziale Lage der Bauern positiv beeinflussen.Sie war ein Übereinkommen Bauer-Bank-Reichsstatthalter (in Gauselbstverwaltung). Für Tirol-Vorarlberg holte man zu diesem Zweck einen Tiroler Agrarexperten von Berlin nach Innsbruck. Ihm allein unterstand die Entscheidungsgewalt. Auf Grund der gestellten Anträge wurde entschieden und beschlossen.Z.B. die Bauern, die Schulden in Goldwährung vorweisen konnten, wurden entschuldet,d.h.der Reichsstatthalter übernahm die Begleichung der Bankforderungen. Normale Verschuldungen wurden mit 80% verlorenem Zuschuß erledigt. Aber nicht alle Höfe wurden unterstützt oder entschuldet. So wurden z.B. Höfebesitzer, die als asozial galten, ebenso ausgeschlossen wie Alkoholiker. Aber auch wenn kein Nachwuchs als Hoferbe zur Übernahme anstand. In krassen Fällen wurde auch ein Vorkaufsrecht für das Amt angewendet, wenn z.B.der Besitz für die Ernährung einer Familie nicht ausreichte. Südtiroler Umsiedlern wurden Höfe gratis zugeteilt.
Geld stand genügend zur Verfügung und konnte im laufenden Jahr, das von 1.Juni bis 31.Mai dauerte, nicht immer aufgebraucht werden.Geld floß auch in die sogenannten Aufbaugemeinden, die den Gemeinschaftsanbau zum Ziele hatten. Durch Viehaustausch trachtete man die Rinderkrankheiten, hauptsächlich TBC, auszurotten. Der Viehbestand war damals in Tirol sehr stark verseucht, so daß eine Milchmenge erzeugt wurde (unter 5 Liter/Tag ), die man heute ganz einfach als unglaubwürdig abtut. So wurden zwangsweise kranke Tiere dem Metzger zugeführt,der Stall gründlich desinfiziert und frische,gesunde Tiere eingestellt. Die Differenz bezahlte der Reichsstatthalter in Innsbruck, es war also für die Bauern kostenlos.
Noch ein Wort zum Erbhofgesetz: Der oberste Beamte in Innsbruck wehrte sich vehement gegen die Einführung des diesbezügliche deutschen Gesetzes. Er kannte ja das Tiroler Erbhofgesetz nur zu gut.So hätte das deutsche Gesetz z.B.vorgesehen, daß nur der älteste Sohn den Hof übernehmen kann,ohne an die weichenden Geschwister auch nur eine Mark zahlen zu müssen. In der Praxis hätte das geheißen, daß die Weichenden, die schon Jahre oder Jahrzehnte am väterlichen Hof mitgearbeitet hatten, diesen ohne Entschädigung hätten verlassen müssen.