MILSER GESCHICHTE(N)
bearbeitet und erzählt von Mag. Fritz Tiefenthaler
„Sommerfrischort Mils“ Teil 1
Die „Sommerfrische“ als Thema eines Artikels mitten im Winter – offensichtlich eine Themaverfehlung. Erlauben Sie mir aber doch, in den nächsten Ausgaben einen Blick auf jene Aktivitäten und Pläne zu werfen, die von einzelnen Gemeindebürgern oder auch vom Gemeinderat im letzten Jahrhundert unternommen wurden, um Mils als rein landwirtschaftlich geprägter Gemeinde ein zweites wirtschaftliches Standbein als Erholungs- und Tourismusort zu verschaffen.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war vor allem das Bürgertum der österreichischen Städte durch den wirtschaftlichen Aufschwung zu einem gewissen Wohlstand gekommen. Ganz im Gegensatz dazu erlebte die Landwirtschaft speziell in Tirol eine ihrer schwersten Krisen. Die Grundentlastung, der zunehmende Konkurrenzdruck durch billigere landwirtschaftliche Produkte aus anderen Kronländern und die Abwanderung vieler Arbeitskräfte in die neuen Industriestandorte führten besonders auch in unserer Gemeinde zu einem häufigen Besitzerwechsel der Höfe auf Grund der zunehmenden Verschuldung. Die schlechten Böden des Milser Schwemmkegels, der geringe Ertrag besonders in trockenen Jahren und das allgemeine wirtschaftliche Umfeld bewogen viele Bauern dazu, ihre Höfe zu verkaufen. In Einzelfällen noch erschwerend waren die Folgen von Bränden, im besonderen die einer Brandserie im Jahr 1889, in der von April bis Juni das „Faistenberger-Gut“ (heute: Marklhof – Legner), wenige Wochen später der „Plank“ (später: „Bäck“), der „Rauth“(heute: Attlmayr) und teilweise der „Tischler“ (heute: Leichter) sowie Mitte Juni die „Schmiede“ (heute: Kirchmayr) abbrannten.
In dieser für die Milser Landwirtschaft schwierigen Situation kaufte 1894 die Innsbruckerin Julia Kölner den Grüneggerhof.
Der Hof war als Mayrhof des Schlosses Hirschenlust (im Besitz des Regelhauses Innsbruck) nach der zwangsweisen Auflassung des Regelhauses (Josef II., 1783) versteigert worden und von 1802 bis 1885 im Besitz einer Familie Mayr.
Julia Kölners Gatte, Dr. Otto Kölner, ein umtriebiger Innsbrucker Arzt mit einem breiten Interessensspektrum und voller Pläne für den neuen Besitz der Familie, erkannte das Potential der besonderen Lage des Hofes und auch der südlich davon gelegenen kleinen Gemeinde in unmittelbarer Nähe zweier Städte mit einer wachsenden Bürgerschaft, für die die Naherholung und die „Sommerfrische“ als Abwechslung zum Leben in der Stadt immer wichtiger wurde. Wie die reichen Bürger von Bozen, die ihre Sommerresidenzen auf den wunderbaren Höhen des Ritten oberhalb von Bozen errichtet hatten, zeigten auch die Innsbrucker und die nicht minder selbstbewusste Haller Bürgerschaft diesen Zug auf das ruhige Land, erwarb Eigentum in den umliegenden Gemeinden, vor allem im nahen östlichen Mittelgebirge und im Gnadenwald.
Dr. Kölner erbaute neben dem Haupthaus ein Sanatorium mit Badhaus (heute: Hauser Christoph), das besonders der Behandlung von Herzerkrankungen dienen sollte. Daneben entwickelte er konkrete Pläne für eine Kuranstalt, für deren Finanzierung er mit einem umfangreich ausgearbeiteten Prospekt Finanzinvestoren zu interessieren versuchte. Er nutzte die Möglichkeiten der angeschlossenen Landwirtschaft zur Produktion der Grundlagen seiner Spezialdiät als Ergänzung seiner besonderen Behandlungsmethode. Neben den Bädern und unterstützenden Wassergüssen sollten Trinkkuren mit Säften von selbst angebauten Früchten wie Rhabarber, Gemüse und Beeren, wie schwarze Johannisbeeren, die Herzleiden seiner Patienten lindern oder gar kurieren.
Um Mils für seine Patienten und Kurgäste interessanter und attraktiver zu gestalten, entwickelte er eine Reihe von Aktivitäten, wie die Pflanzung von Bäumen entlang der Schneeburgstraße.
Bereits 1903 verfasste er im Eigenverlag eine 8‑seitige Broschüre über den „Sommerfrischeort Mils“, die von der Wagner’schen Universitäts-Buchdruckerei gedruckt und als „Separatabdruck“ aus den „Innsbrucker Nachrichten“ veröffentlicht wurde.
In den kommenden Artikeln werde ich sowohl die Broschüre Dr. Kölners als auch seine Sanatoriumspläne ausführlich behandeln.
„Sommerfrischort Mils“ Teil 2
„Nordöstlich von der Salinenstadt Hall, in der Luftlinie etwa 1 bis 11/2 Kilometer von derselbigen entfernt, liegt inmitten eines Haines von Obstbäumen und Eichen das Dörfchen Mils am Fuße der zum Inntal sich senkenden Abhänge des Gnadenwaldes.
Dieses Dörfchen mit seinen 70 bis 80 reinlichen Häusern, die freundlich aus ihren Obstgärten hervorlugen, zählt etwa 600 Einwohner. Die Männer sind zum Teil bei der Saline Hall, zum Teil im Salzbergwerke beschäftigt, die übrigen betreiben Landwirtschaft. Der Boden von Mils gilt als nicht besonders fruchtbar, nichtsdestoweniger stehen die Wiesen und Felder in schöner Kultur, vom Fleiße der Bewohner zeugend.“
So beginnt Dr. Otto Kölner, Arzt und Besitzer des Grüneggerhofs seine 1906 erschienene Werbebroschüre für den Ort und damit auch für sein Sanatorium, das er später zu einer Kuranstalt ausbauen wollte. Die Broschüre und damit Dr. Kölners – historisch manchmal nicht ganz haltbare – Sicht vom Mils des beginnenden 20. Jahrhunderts sind das Thema meiner Geschichten in den Monaten März und April.
Dr. Kölners folgende Beschreibung der Milser Wesensart verweist auch auf die offenbar auch damals lebendige Milser Fasnacht und ist eine wichtige Bestätigung für die lange Tradition unserer Matschgerer.
„Die Milser sind echte Unterländer vom alten Schlag: lebenslustig, stets aufgelegt zu Sang und Tanz, mit heiterer Laune und guten Humor allen Beschwerden des Lebens und aller harten Alltagsmüh’ Trotz bietend. Dies zeigt sich besonders in der „Fastnacht“, wo lustige Burschen allabendlich in den abenteuerlichsten Kostümen von Haus zu Haus ziehen, wo sogar manch’ frisches Diandl unter dem Schutze der Maske fröhlichen Schabernack treibt, wo in harmlosen Spotte so manches Ereignis, das im Laufe des Jahres die Gemüter erregte, eine unvermutete Wiederholung in mimischer Darstellung findet und so manches mal aufs Köstlichste persifliert wird zum Gaudium der der Unbeteiligten und zum geheimen Ärger der Betroffenen, an denen sich wieder einmal der das alte Sprichwort bewahrheitet: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“
Mit Bedauern stellt der Autor im folgenden Abschnitt das Fehlen von Bau- und Kunstdenkmälern fest, um dann doch im Laufe der Betrachtungen einiges Sehenswerte zu entdecken. Wo das entsprechende Bauwerk inzwischen fehlt, müssen halt seine Geschichte und die um das Gebäude entstandenen Sagen für das Interesse des Lesers und zukünftigen Besuchers sorgen.
„Wer besondere Sehenswürdigkeiten sucht, darf freilich nicht nach Mils kommen. Das in neuerer Zeit gebaute Taubstummeninstitut darf als solche nicht gelten. Die am Eingang des Dorfes stehende Schneeburg böte im Inneren wohl manches Sehenswerte; schöne Holzplafonds, prächtige Türen mit alten Schlössern und Beschlägen und dergleichen würden das Entzücken manches Altertumsfreundes hervorrufen, wenn sie dem Besucher zugänglich wären. Doch da das Schlösschen bewohnt wird, kann von einer Besichtigung nicht so leicht die Rede sein. Die Kirche von Mils ist wohl ein schönes geräumiges Gebäude; auch befindet sich auf dem Hochaltare ein von Kennern ob seines Alters und der schönen Ausführung hochgeschätztes Bildwerk, ein holzgeschnitzer Heiland mit den Jüngern auf dem Ölberge, doch würde eine durchgreifende Restaurierung der Kirche von Innern und Außen sehr am Platze sein. Der gegenwärtige Pfarrer hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, dieselbe durchzuführen und gibt sich große Mühe, die nötigen Gelder hiezu zu sammeln.“
(Anmerkung: Unter Pfarrer Alois Mair, Pfarrer von 1899 ‑1914, wurde die Kirche 1907 – 1908 aufwändig restauriert. Die Deckenfresken stammen von Rudolf Margreiter aus Zirl, die Dekorierung und Marmorierung von Hermann Praxmarer aus Reutte. Pfarrer Mair wurde für seine großen Verdienste zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt.)
„Doch auch an Punkten von historischem Interesse mangelt es nicht in Mils. Da befindet sich im sogenannten „Winkel“ das Stammhaus des Geschlechtes der Milser, dem jener Oswald Milser angehörte, von welchem in der Kirche von Seefeld eine sehr erbauliche Legende zu lesen ist. Er starb bekanntlich im Kloster Stams als Büßer seines durch Hochmut hervorgerufenen Vergehens. Das Haus ist im Besitze eines Bauern und so manches ist im Laufe der Zeit umgemodelt worden, doch muten einen die winkeligen Gänge, die gewölbten Türen, die seltsamen Fensternischen und unvermutet ins Dunkel führende Treppchen noch ganz mittelalterlich an.
Der zweite historische Punkt ist das ehemalige Jagdschloß „Hirschenlust Grienegg“, von welchem freilich kein Stein mehr vorhanden ist, der von vergangenen schönen Tagen voll Waidluft und Becherklang erzählen könnte. Schon von jeher war die Hochebene über dem Dorfe Mils, der berühmte Gnadenwald, ein bevorzugter Tummelplatz für die jagdliebenden Fürsten Tirols. Die ausgedehnten Forste vom Weichbilde der Stadt Hall bis zum Vomperbach und von den Felsenmauern des Bettelwurfs und des Walderkammes bis zur sanft sich neigenden Fläche am Innufer waren ein treffliches Gehege für alle Arten edlen Wildes. Als nun Erzherzog Ferdinand nach dem Tode seiner geliebten Gemahlin Philippine Welser Schloß Amras, wo sie im Leben gewohnt, mied, um im Waidwerk Trost und Vergessen zu suchen, da erbaute er sich dort am Fuße des Gnadenwaldes auf lieblicher, sanft geneigter Ebene ein Jagdschloß, um nicht täglich den weiten Weg nach Innsbruck zurücklegen zu müssen. Dieses Schloß, das ziemlich ausgedehnte Räumlichkeiten besessen haben muß, nannte er ’Hirschenlust Grienegg’.
Er schenkte dasselbe samt dem beträchtlichen, dazu gehörigen Grundbesitz, zu dem sogar noch der Wiesenhof im Gnadenwald gehört haben soll, seiner zweiten Gemahlin Anna Katharina zur Morgengabe. Diese begleitete ihn stets auf seinen Jagdzügen dorthin, ließ auch eine Kapelle erbauen und stattete dieselbe prächtig aus. Nach dem Tode Ferdinands trat die Erzherzogin in das von ihr gegründete ‚Stift und Regelhaus’ und schenkte demselben auch Grünegg mit ihren anderen Besitzungen. Im Jahre 1686 zerstörte aber eine verheerende Feuersbrunst das Schloß Grünegg, nur mehr Trümmer und traurige Ruinen zurücklassend. Schon die Karte Peter Anichs verzeichnet Grienegg als Ruine.“
Dr. Kölners Erzählungen vom weiteren Schicksal der Schlossruine, ihre Geister und den verschwundenen Schatz sowie seine Erläuterungen, warum sich Mils besonders gut als Sommerfrische eignet sind das Thema der nächsten Geschichte.
„Sommerfrischort Mils“ Teil 3
Auf den zweiten vier Seiten seiner 1903 erschienenen kleinen Werbebroschüre für den bisher kaum entdeckten Sommerfrischeort Mils erzählt Dr. Otto Köllner die weitere Geschichte der Ruine des Schlosses Hirschenlust und des dazugehörenden Hofs.
Nach der Säkularisierung ( Auflösung unter Josef II. ) des Regelhauses in Innsbruck 1783 waren die Besitzungen des Klosters geteilt und an verschiedene Interessenten verkauft worden. Um 1870 räumte der damalige Grüneggerbauer „mit den Trümmern auf, die in seinem Feld herumlagen“. Das bedeutete nichts anderes, als dass die Ruine als Steinbruch verwendet wurde. Mit den daraus gewonnenen Baumaterialien wurde unter anderem auch das neue Badhaus in Baumkirchen errichtet. (Allerdings hatte aber auch das an der Baumkirchner Auffahrt stehende Badhaus nicht mehr als hundert Jahre Bestand und wurde vor etwas mehr als zwanzig Jahren abgerissen und durch Wohnbauten ersetzt.)
Zu Dr. Köllners Zeiten waren aber nur mehr vier Eichen letzte Zeugen des „Schlossfeldes“ und damit in seinen Worten „einsame Zeugen für die Stelle, wo einst Fürsten vom edlen Waidwerk ausruhten“.
Was vom Schloss blieb, waren sein Gespenst und die Sagen von reichen Schätzen. So soll „in mondhellen Nächten ein graues Gespenst auf jenen Flächen herumirren, auf denen „die Klosterschwestern“ ihre Schätze aus Furcht vor einem Schwedeneinfall während des Dreißigjährigen Krieges vergraben hatten. Gelegentlich seien dort noch ein einsames Licht zu sehen und das Wehklagen des Geistes zu vernehmen. Doch es sei beileibe „kein Käuzchen oder keine Eule, die da schreien, oh nein, den Käuzchenruf kennen die Bauern schon, der klingt ganz anders!“ Tatsächlich soll laut dem damaligen Besitzer in den vorausgegangenen Jahrzehnten an mancher Stelle nachts von Milser Burschen gegraben worden sein, um den wertvollen Schatz zu heben – ob dies gelungen ist, oder ob der Klosterschatz noch immer auf den glücklichen Finder wartet, das ist eine andere Frage.
Mein Onkel, der kürzlich verstorbene Franz Hauser, erzählte mir einmal die Entstehung einer anderen Sage auf dem Grüneggerfeld. Als der verdienstvolle Hofrat Dr. Hans Hochenegg, der in Mils gerne den Sommer verbrachte und später auch ein Haus errichtete, einmal vom Hof Richtung Brunnholz (im Bereich der heutigen Sportanlage) spazierte, hätte er ihn als jungen Burschen beim „Stieflerstoßen“, also der Herstellung der Löcher für die Heuschober, angetroffen. Im jugendlichen Übermut „prahlte“ der Jungbauer vor dem für solche Geschichten immer offenen Hofrat, dass ihm vor kurzem im Bereich des ehemaligen Schlosses eine zum Löcher stoßen verwendete Eisenstange im Erdboden verschwunden sei. Beide stimmten darin überein, dass dies wohl auf einen unterirdischen Hohlraum, ein Gewölbe oder gar auf einen Keller schließen ließe. Jahre später hat Dr. Hochenegg die Geschichte in seinem Werk über die Sagen aus Mils veröffentlicht . Ich persönlich bin mir aber nicht mehr ganz sicher, ob der Onkel Franz nicht schon damals die Wahrheit gesagt hat, und später mit der Information über diese „erfundene Geschichte“ nur uns neugierige und lästige „Hobbyforscher“ von einer intensiven Suche nach den geheimnisvollen unterirdischen Gewölben und Schatzkammern abhalten wollte, um so auf seinem Hof seine Ruhe zu haben. Wer weiß, wer weiß!
Dr. Köllner jedenfalls fährt nach seinem Ausflug in die Sagenwelt mit der Beschreibung seiner neuen Heimatgemeinde fort. Den damals nur in der Umgebung bekannten Ort, der „einsam und weltvergessen im Schatten seiner Obstbäume liegt“, vergleicht er nach dem Sprichwort „Jene Frau ist die beste, von der man am wenigsten spricht“ mit einer „edlen Frau, ungekannt und zurückgezogen, doch voller Anmut und Vorzüge.“ Von Mils wisse man in Innsbruck wohl nur, dass es da unten im Unterland liege und dass man beim Gasthof Tiefenthaler einen guten Rötel ausschenke. Hätte man allerdings noch zehn Jahre vorher einen, der nach Mils in die Sommerfrische gehen wollte, wohl freundschaftlich angeraten, gleich in Hall auszusteigen, dort sei nämlich „solcher Narren beste Heimstätte“.
Seit der Brandkatastrophe 1898 seien allerdings gerade im Oberdorf eine Reihe von Villen und Häusern „erstanden“, die gerne Sommergäste aufnähmen. Dr. Köllner erwähnt die „freundliche Doppelvilla Attlmayr“, das „neu errichtete Häuschen beim Oberländer“, die „betürmte reizende Villa Vonmetz“ (heute noch oft als „Milser Schlössl“ bezeichnet) und die hübschen Sommerwohnungen seines Gutes Grünegg.
Die Bedingungen für den Aufstieg von Mils zu einem bedeutenden Sommerfrischeort seien besonders günstig. Das seien erstens die unvergleichlich schöne Lage am Fuße des Bettelwurfmassivs (Laut Dr. Köllner beschrieben Reiseschriftsteller das Massiv als pièce de résistance ganz Nordtirols – was sich am besten mit „in Worten kaum zu beschreiben, sich der Beschreibung widersetzend, zu schön um beschrieben zu werden“ übersetzen lässt- ) und die Nähe zu Hall. Mit der Umgebung von Hall könne sich, in der Meinung der schon zitierten Schriftsteller, nur das Burggrafenamt um Meran messen. Wie Meran sei auch Hall von einem Kranz von Burgen, Schlössern und Edelsitzen umgeben.
Zweitens sei die Nähe eines ebenen, von zahlreichen Wegen durchzogenen Waldes, der fast einem Naturpark gleiche, eine Besonderheit. Neben dem durchlässigen und seuchenfreien Boden, dem vorzüglichen Trinkwasser sei der fünfte und wichtigste Grund die kühle Luft.
Der heute oft gescholtene „Untere Wind“, der an schönen Tagen mit Regelmäßigkeit um 10 Uhr aufkommt, ein laut dem Kurarzt Dr. Köllner „leiser und kühlender Luftzug, der bis zum Sonnenuntergang anhält und die Atmosphäre so angenehm abkühlt, dass man nachts gerne zur warmen Decke greift, wenn man in der Stadt vor Glut und Qualen kaum schlafen zu können glaubt“, mache die Unterinntaler Orte erst zu wirklichen Sommerfrischen, denn durch ihn können sie es mit den viel höher liegenden Orten aufnehmen.
Dr. Köllner schließt seine Broschüre mit dem folgenden Absatz:
„Und so wandle denn, lieber Leser, selbst in das nette Dörfchen, wenn Du Dich dafür interessierst. Ich will Dir nur noch verraten, dass Du in den beiden Gasthäusern des Ortes (Tiefenthaler und Lorer) einen Rötel findest, wie Dir ihn wenige gastliche Stätten bieten, und im Mai kannst Du dort Spargel essen, so zart und mild, dass es Dich sicher nicht reut, den Gang unternommen zu haben. Und wenn Du dann gestärkt etwas nordwärts wanderst, um die Gegend zu überblicken und Du findest sie auch so herrlich, wie sie von Pichler, Steub, Zingerle und Hörmann geschildert wird, und es Dir so recht wohlgefällt, dann sprich mit Petrus; Hier ist gut sein, hier lasset uns Hütten bauen.“