MILSER GESCHICHTE(N)
bearbeitet und erzählt von Mag. Fritz Tiefenthaler
„Bad Mils“
Mein vorläufig letzter Artikel zu den Aktivitäten Dr. Köllners an der Wende zum 20. Jahrhundert behandelt sein ausführliches Prospekt zur „Errichtung eines Solebades in Mils bei Hall in Tirol“ aus dem Jahre 1906. Wohl kaum vorstellbar ist die Entwicklung, die unser Ort genommen hätte, wären die Pläne des umtriebigen Arztes Wirklichkeit geworden. Den vollständigen Prospekt hat bereits Herbert Zimmermann als Abschrift in seiner Reihe „Kunterbuntes aus Mils“, Heft 8, in den 80er Jahren veröffentlicht.
Einleitend bedauert Dr. Köllner, dass trotz vieler Bemühungen, die Sole aus dem Salzbergwerk im Halltal als reinste und stärkste Salzsole aller österreichischen Vorkommen in der Therapie in einem Kurbad anzuwenden, die Pläne immer wieder am Streit über einen allfälligen Standort gescheitert seien (kommt ihnen das bekannt vor?). Den Stillstand will er mit dem bereits erfolgten Ankauf und der laufenden Erweiterung des Gutes Grünegg überwinden.
Insgesamt umfasst der von ihm ins Auge gefasste Standort eine Fläche von 64.000 Klafter also ungefähr 19 ha. Das auf zwei Seiten von ausgedehnten Waldungen umfasste Areal (Grünegg) sei bereits von Wegen gut erschlossen, nicht zu weit entfernt (3,6 bzw. 3 km) von der Station Hall der Westbahn und der Endstation der Trambahnstation Hall (Linie 4). In geringer Entfernung würden auch elektrische Anlagen vorbeiführen, die die Kuranstalt mit der benötigten Energie versorgen könnten. Auch die notwendigen Baumaterialien könnten in der unmittelbaren Umgebung beschafft werden.
Geplant seien weiters die Fortführung der Linie 4 bis zur Kuranstalt, wobei die neue Bahn bereits im Gemeindebesitz befindliche Flächen nutzen könnte, was die Baukosten wesentlich verringern würde.
Das k.k. Finanzministerium hätte den direkten Solebezug wegen der günstigen Verhältnisse und „in Anbetracht der hohen Wichtigkeit eines modernen Solebades“ bereits genehmigt, die Form der Zuleitung aus der Soleleitung Bergwerk (Halltal) – Saline (Hall) bestimmt sowie den Preis für den entnommenen Hektoliter festgelegt.
In 8 Punkten führt Dr. Köllner noch einmal die Vorzüge eines Solebades in Mils an: die Stärke der Haller Salzsohle, ihre Reinheit, die für Kranke geradezu ideale Seehöhe von Mils, die weiten und ungezieferfreien Waldungen mit ihrer ozonreichen, balsamischen Luft, die windgeschützte Lage Grüneggs mit seinen angenehmen Temperaturverhältnissen, die gute Verkehrslage, die Nähe zur Landeshauptstadt mit einer zukünftigen Trambahnverbindung und die Nähe zur Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck mit hervorragenden Lehrkräften.
Im zweiten Teil des Prospekts stellt Dr. Köllner die zu errichtenden Einrichtungen vor. Das ist in erster Linie ein „in die Umgebung harmonisch hineinpassendes“ HOTEL mit 120 Fremdenzimmern, 160 Betten und den notwendigen Allgemeinräumen, wie eine große Halle, ein entsprechender Speisesaal, ein Frühstückssaal, sowie Lese‑, Konversations‑, Musik‑, Spiel- und Damensalons.
Zweites Bauwerk wäre ein BAD mit zunächst 24 Kabinen (20 für Soleanwendungen, 4 für anderweitige „Badeprozeduren“, wie Kohlensäurebäder, Fichtelnadelbäder, elektrische Bäder und Wellenbäder), einer gut eingerichteten hydropatischen Anstalt, einer kleinen Anstalt für Heilgymnastik nach Zander sowie Ordinationszimmer, Massageräume, Ruheräume und Wartezimmer. Daneben sei ein INHALATORIUM, in welchem „Sole und ätherische Öle zerstäubt würden, zur Inhalationstherapie vorgesehen. Ein Dampfkessel würde für die Erwärmung der Bäder, die Beheizung des Hotels und des Badhauses und die das heiße Wasser für die Wäscherei sorgen. Damit wäre eine Öffnung des Kurhotels und des Bades auch im Frühjahr und im Herbst möglich.
Für Patienten, die nicht weit gehen könnten und die weitläufigen Wege im angrenzenden Wald nicht nutzen könnten, sah der Plan die Anlage eines kleinen PARKS vor. Sonnenanbetern würde selbstverständlich in geradezu idealer Lage ein SONNENBAD geboten. Zahlreiche Balkons und Loggiens, sowie eine kleine Wandelhalle würden einen angenehmen Aufenthalt auch in der kühleren Jahreszeit sicherstellen.
Den Abschluss des Prospekts bilden der Finanzierungsplan, die Rentabilitätsberechnung und die Schlussbemerkungen. Dr. Köllner rechnet mit Gesamtkosten von 1.165.000 Kronen, die mit einem Kredit, Privatgeldern und der Beteiligung einer Großfirma aufgebracht werden sollten. In einer ausführlichen Rentabilitätsberechnung versucht Dr. Köllner das Projekt für potentielle Investoren aufzubereiten, wobei bis in die kleinsten Bereiche Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt werden. Dem stellt er die „wesentlich kürzere und präzisere“ Rentabilitätsberechnung eines Herrn Kirchner, Direktor des Hotels „Neuer Steinbock“ in Chur, Graubünden, Schweiz, gegenüber.
Aus diesen Berechnungen ergeben sich eine rasche Amortisation der Kosten sowie eine „Superdividende“ zwischen 3,09% und 4,5%, wobei eine Verlängerung der Saison und die Möglichkeit, auch im Winter durch das Angebot von „Wintersportvergnügen“ das Hotel zu öffnen, eine noch höhere Verzinsung erwarten ließen. Zu diesen Wintersportvergnügen zählt er die „die großartigste Rodelbahn in den Alpen“. Eine Besonderheit sei auch die Insolation (Einstrahlung der Sonne) auch am kürzesten Tag von mindestens 8 Stunden. Abschließend versichert Dr. Köllner seinen möglichen Investoren, dass das Projekt wegen der einzigartigen Lage und der Besonderheit der Sole ein Erfolg werden müsse. Ein Erfolg, der dazu führen würde, dass bald in unmittelbarer Umgebung weiter Hotels, Villen und Dependancen errichtet würden.
Wie sähe „Bad Mils“ wohl heute aus, wären seine Pläne verwirklicht worden?