Wer kennt ihn nicht, den Müller Stadl, der dort steht, wo das ansonsten schnurgerade Asphaltband der Milser Nord-Südachse einen Knick macht. Und auf der anderen Straßenseite steht das Gebäude, das über Jahrhunderte das war, was heute noch der Name besagt: Eine Mühle, deren Betreiber eben Müller waren.

Die Geschichte der Mühle reicht weit in das Mittelalter zurück. 1789 erwarb der Müller Johann Harm die Mühle, seine Tochter heiratete Anton Oberthanner, der Miteigentümer wurde und nach ihrem Tod das Gut übernahm. Seither ist die Mühle mit den dazugehörigen Liegenschaften über mehrere Generationen im Besitz der Familie Oberthanner (Übernahmen: 1868 Josef, 1905 Alois, 1931 Karolina, 1962 Robert 1996 Priska), so dass 1989 der „Müller“ aufgrund des 200-jährigen Familienbesitzes als „Erbhof“ anerkannt wurde (als einziger in Mils!).
Natürlich wurde das Gebäude mehrmals umgebaut. Wurden ursprünglich die Mühlsteine von Wasser aus einem Rinnwerk aus Holz angetrieben, stellte man in den 1930er Jahren auf Turbinenbetreib um. Roberts Schwager Pepi Kollenz („Müller Pepi“) war der letzte Müller, bevor der Betrieb in den 1960er Jahren eingestellt wurde. Die Familie Oberthanner errichtete ein neues Wohngebäude nördlich des Stadels, das man 1968 bezog. Priska heiratete 1989 Robert Hauser, die Verbindung beider Hofstellen wird mit dem Namen „Grünegger-Müller“ dokumentiert.
Es scheint eine Eigenheit der Oberthanners gewesen zu sein, auch der Nachwelt Informationen über die Zeit von Renovierungsarbeiten zu hinterlassen, meist in Fußböden deponiert (s. Kasten „Für die liebe Nachwelt“), vielleicht auch weil sie begriffen hatten, dass jede Zeit eine Konstruktion des Vorübergehenden ist und die Geschichte Sprünge zu machen vermag wie die Natur auch. Beim Umbau 2011 wurde eine Holzkiste unter den Dielenbrettern gefunden, die neben Geldscheinen aus dem 1. Weltkrieg auch Schriftstücke mit interessanten Einblicken in die Familiengeschichte und die Zeitspanne 1925 bis 1961 beinhaltet. Darin wird u.a. auch der Verlust des Sohnes Hans im Krieg beklagt, ebenso auf gesellschaftliche Veränderungen eingegangen:
[…]Der Müller hat wenig Geschäft. Die Turbinenrohre sind die meisten kaputt und im Winter ist es oft einige Tage abgefroren.
Es ist jetzt ein großer Lebensstandard wahrzunehmen. Früher konnte man sich nur im Jahr höchstens viermal Fleisch essen erlauben und zwar an den höchsten Feiertagen. Jetzt geht es wieder besser, aber wie lange dies noch anhält, weiß man nicht. Wir haben auch ein Auto gekauft. Ich wollte davon zwar nicht viel wissen, schon wegen der Unglücke, welche man alle Tage in der Zeitung liest.
Die Bauern werden alle Tage weniger. Die Jungen wollen von einer Bauernarbeit nichts mehr wissen und die alten können es nicht mehr machen. Sie verkaufen meist alle den Grund und die Jungen gehen in die Fabrik. Sie verdienen halt viel mehr, aber die Zufriedenheit wird immer weniger.
(Lina Oberthanner)
Im Zuge des letzten Umbaus 2008 wurde aus den nun schon desolaten Räumlichkeiten der alten Mühle ein Friseurladen („Caro der Salon“). Dabei wurde behutsam vorgegangen und der Charakter der Räumlichkeiten so wenig wie möglich verändert und alte Bauelemente erhalten.
Und irgendwie scheint es, als ob sich der Kreis geschlossen hätte: Brachten früher die Bauern das Korn und holten das Mehl wieder ab, so gehen heute Männer und Frauen hinein, um mit neuer, frisch geschnittener, gekämmter, gelegter oder gesteckter Haartracht die ehemalige Mühle wieder zu verlassen. Ein Haus der Verwandlungen – nur eben an die Bedürfnisse der Zeit angepasst.
Mehr zum Hof hier.