Wollte man ein exaktes Bild kreieren, so müsste man Zeitabschnitte von anfangs 50 Jahren, die letzten 100 Jahre in solche von 10 Jahren einteilen, wofür hier nicht der nötige Raum gegeben ist.
Nach den ältesten Aufzeichnungen sind ca.30 Höfe, wir nennen sie URHÖFE, in Mils anzutreffen. Gekennzeichnet mit durchschnittlich 20 Stück Grund, bei 5 bis 3 Stück Großvieh, die je eine Familie ernähren konnten. Ungefähr die 5 größten Höfe waren im Besitz Auswärtiger und wurden von einem Verwalter oder Pächter (Bestandsmann) bewirtschaftet. „Die anderen Höfe kamen über 2 Kühe nicht hinaus. Stellungslisten sagen uns, dass Pferde in Mils Mangelware waren. Selbst im 20.Jh. zogen Kühe Pflug und Wagen. Der Boden war karg, alte tiefgründige Böden nur an wenigen Stellen anzutreffen, sodass die Dreifelder-Wirtschaft den besseren Ertrag brachte. Auf Egart-Wirtschaft wurde erst spät umgestellt. Geerntet wurde neben Gras-Heu auch Ackerfrucht, hauptsächlich Roggen-Gerste wenig Weizen und Hafer (als Vogtei-Abgabe). Kraut und Rüben, aber auch Haar(Flachs), das in der Haarröste (Grummelstube) wegen der Feuergefahr außerhalb des Dorfes bearbeitet wurde. Der Wald war reiner Almendwald, der von der Gemeinschaft genutzt wurde. So ungefähr kann man sich die Landwirtschaft bis ins 15./ 16. Jh. vorstellen.
Die erste große Wende brachte der gesteigerte Bedarf an Arbeitskräften bei der Salzgewinnung im Halltal. Die Herrschaft Thaur, als Verwalter von landesfürstlichem Grund, ließ öde Gründe einfangen (ausstecken) und bewilligte damit den Bau der Söllhäuser. Anfangs gab es harte Auseinandersetzungen mit den Bauern. Sölleute durften kein Vieh halten (außer Hühner, Grundkauf wurde ihnen verwehrt, Holz mussten sie kaufen, hatten keine Rechte in der Gemeinde, gehörten zwar zur Oblei (Gemeinde, gebietsmäßig) aber nicht zur Nachbarschaft (Gemeinde verwaltungsmäßig).
Kaiser Maximilian I. stellt die Sölleute, die er ja dringend brauchte, (am Berg, im Berg, an der Pfanne, über 60 Berufe sind belegbar) in vielen Rechten den Bauern gleich. Dadurch kamen sie zu Grundbesitz und so entstand manches Gut, das wir heute als Bauernhof bezeichnen, zB. Antholzer, Pinter, Talbauer. Aber auch im Dorfkern wurde dadurch so manche Lücke geschlossen, zB. Wasten.
Kaiserin Maria Theresia, um eine bessere Versorgung der Bevölkerung bemüht, befahl alle öden, brachliegenden Gründe zu kultivieren. 1769 wurde u.a. die Grundaufteilung der unteren Heide (Haide) durchgeführt. Alles, was durch die Bundesstraße im Süden Weißenbach im Westen Dorf- und-Schneeburgstraße im Osten, bis zum MüIler-Stadl im Norden begrenzt war. In diesem Gebiet waren vorher nur wenige Stücke verliehen worden. Jeder Bauer bekam 1000 Quadratklafter, jeder Söllner 500 KI. bei ganz wenigen Ausnahmen, z.B. Schneeburg 2000 KI. Es dauerte bis ins 20.Jh.,ehe der Grund einigermaßen
von Steinen befreit war. Die Pflege Thaur behielt sich das Grundrecht vor. Grundzins 5 Kreuzer/1000 Kl. Die Lüß (plural.) Luß(singular) waren lange, schmale Streifen, sodass Ende der 1950iger Jahre, als der Bauboom einsetzte, je 2 Grundbesitzer ihre Teile zusammenlegen mussten und dann der Länge nach teilenten, um baureife Gründe zu erhalten. Dazu wurde der Großteil der Neiß-Waldung und der gemeinen Neiß aufgeteilt, wieder erhielt jeder Bauer 2233 Kl. zu Holzwuchs, wie es im M.Th. Kathaster heißt. So entstand der Teilwald, dessen rechtliche Lage bei Einführung des Grundbuches 1902 zu heftigen Differenzen beim Begriff Eigentum führte. Eigenwald war vorher äußerst rar und nur bei den Urhöfen anzutreffen. Bei dieser Waldaufteilung wurden die Seldner (um eine weitere Schreibweise zu gebrauchen) den Bauern gIeichgesteIIt. AIso 74 Hausbesitzer.
Wie lange bei uns die germanische Rechtsauffassung, die nur Gemeinbesitz kannte, gepflogen wurde, geht aus der Tatsache hervor, dass die Baumkirchner auf einem Drittel der Neißwaldung das Nutzungsrecht hatten, obwohl es Milser Bezirk war. Die Folge dieser Aufteilungen war eine Vergrößerung der Nutzungsfläche, also eine Besserstellung jedes einzelnen. Die Gemeinde behielt sich einig Waldteile z.B. das Brunnholz zur Herstellung der Wasserrohre sowie die Verwendung der Taxen zum Archenbau. Der gemeine Waldgenuss auf den o.a. 156.318 KI. blieb erhalten.
Die nächste einschneidende Handlung kam mit der Grundentlastung im Jahre 1848. Die Grundherrschaft wurde aufgelöst. Der Besitzer wurde Eigen tümer. Die Güter wurden bewertet und abgelöst. Je ein Drittel musste die Grundherrschaft nachlassen, ein Drittel bezahlte das Land aus einem Fonds und ein Drittel musste der Bauer bar erlegen (wozu die Milser 30 und mehr Jahre brauchten). Nun war jeder sein eigener Herr mit Verfügungsgewalt. Der Pferdefuß dabei – es setzte ein bisher ungekannter Handel ein. Verkauf und Tausch brachte Besitzwechsel wie in keiner anderen Gemeinde Tirols. Käufer sahen nur die großen Flächen, aber nicht den schlechten Ertrag. Die Höfegeschichte gibt ein beredtes Zeugnis davon. Für die Pfarre, als größte Grundherrschaft in Mils, kam eine schlechte Zeit. Es wurde neben dem Grundzins auch Zehent und Weisat abgeschafft, trotzdem waren die Bauern verschuldet. Der Großteil der Milser Böden ist zu trocken, der schottrige Untergrund und die geringe Humusschicht können das Wasser nicht binden. Die größten Flächen waren Traten-einmahdige Wiesen. Künstliche Bewässerung war dringend nötig. Bereits in einer Urkunde von 1500 hören wir vom Milser Hosenwasser d.i. der 1/3 und 2/3 Bach, der abschnittweise verschiedene Namen trägt. Erst durch die intensive Bodenverbesserung verliert das System an Bedeutung.
Merkliche Verbesserungen traten erst in der schlechten Zeit nach dem l.We1tkrieg ein, als die Milser Bauern alles daransetzten, die
Böden zu verbessern. Auch beim Wald wurden beträchtliche Verbesserungen erzielt: Verbot der Waldweide, sowie die Aufhebung der Streunutzung. Waldordnungen, wie z.B. vom Jahre 1508, beklagten immer wieder Waldfrevel, und was die Sense für die Wiese, war die Säge für den Wald – vorher wurde alles auf Hüfthöhe mit dem Beil abgeschlagen.
Die NS-Zeit brachte durch die Entschuldung der Höfe, sowie durch die Bekämpfung der Tuberkulose in den Ställen eine oft vergessene Erleichterung. Die Grundzusammenlegung 1975 war ein Pilotprojekt der Agrarabteilung der Landesregierung, und um es gleich vorweg zu schreiben, alle Milser Bauern waren schlussendlich zufrieden. Sie wird aber nicht mehr durchgeführt. Viele Argumente, die dazu führten, sind nicht eingetreten. Sicher, der Streubesitz war früher, bedingt durch das Fehlen von Schadensversicherungen, notwendig. Heute liegt das Gewicht auf leichtere Nutzung durch Konzentration. Immer schwerere Geräte verlangen nach größeren Flächen, die den Einmannbetrieb bevorzugen. Ein neues Wegenetz wurde angelegt, der Maschinenring schaffte weitere Erleichterung. Bereits zusammenhängende, größere Flächen wurden nicht in die Operation eingebunden. Zu beklagen sind die der Gemeinde verloren gegangenen Flächen sowie der unwiederbringliche Verlust der Flurnamen. Nach den Grundaufteilungen erreichte die landwirtschaftliche Nutzfläche die größte Ausdehnung. 1845 hatte sich diese durch die Neutrassierung der Reichsstraße sowie der Eisenbahnlinie Kufstein-Innsbruck vermindert (Eröffnung 1858).
Nach dem 2.Weltkrieg gingen einige hunderttausend Quadratmeter durch Wohnbau verloren. Swarovski-Frieden-Resch-Hauser-Siedlungen. Obere und untere Heide, Neufeld, Aichat, um nur einige zu nennen. Autobahn, Umahrung Innsbruck und (vorläufig)zuletzt der Gewerbepark, nach 20 jähriger Vorarbeit, brachten nie erhoffte Grundstückspreise, obwohl das Unterfeld zu den fruchtbarsten Teile von Mils zu zählen ist.
Nicht aIle Wohnanlagen, mögen sie noch so hervor zu heben sein, wie etwa Wohnen für junge Milser“ können hier berücksichtigt werden, weil es einfach an Platz mangelt. Stellvertretend solI die Swarovski-Siedlung erwähnt werden. Chef Daniel, wie er respektvoll genannt wurde, verwirklichte sich und seinen Mitarbeitern einen Wunschtraum. Der humane und soziale Wert ist überwältigend. Er wollte nicht nur Wohnungen schaffen, sondern das Wohnen so angenehm wie möglich gestalten. Große Grundstücke mit Bäumen, Sträuchern, viel Grün und große Gärten, teilweise zur Selbstversorgung. Alles in einer Zeit, in der es weder Subventionen, Zuschüsse, Wohnbeihilfen, ja nicht einmal Kredite gab. Vorausfinanzierung war damals für alle das Um und Auf. Jedem ist sein Buch „Wohnen im Grünen“ zu empfehlen. Stellt man den letzten Schrei Wohnbau im Haasen-Garten gegenüber, so wird jedem Milser die Verschlechterung der Wohnqualität, Wertminderung der Nachbarhäuser, ja des ganzen Dorfes vor Augen geführt. Ist es notwendig, dass in Mils einer dem anderen in den Teller schaut? Hier ist die Gemeindeführung aufgerufen.
Es ist schon richtig: Zuwachs der Bevölkerung bringt höhere Bedarfszuweisungen, die aber bei weitem die Kosten der Infrastruktur nicht abdecken können.
Herbert Zimmermann
Bearb. J. Waldner