Die Glocken der Pfarrkirche 1791 – 1921

Über das Geläu­te in der Mil­ser Pfarr­kir­che vor dem gro­ßen Brand von 1791 sind wir lei­der sehr schlecht infor­miert. Pfar­rer Dr. Tho­mas Popp berich­tet über die­ses Schad­feu­er vom 23. August u.a.:

Der Tauf­stein war durch die Hit­ze zer­bro­chen und die fünf Glo­cken vom Turm waren geschmolzen.“

Wie die­se fünf Glo­cken auf­ein­an­der abge­stimmt waren, wel­che Ton­la­ge, wel­ches Gewicht sie hat­ten, dar­über fehlt uns jede Nachricht.

Eine die­ser Glo­cken war – nach der Legen­de – die berühmt-berüch­tig­te Räu­ber­glo­cke, gegos­sen  von Hans Gat­te­rer auf des­sen letz­ten Wunsch hin.

Kon­kre­te Hin­wei­se konn­ten noch nicht erbracht wer­den, was aber weder der Legen­de noch der Über­lie­fe­rung einen Abbruch tun soll. Jeden­falls war man in Mils sicher, eine Glo­cke von Hans Gat­te­rer im Turm hän­gen zu haben.

Aus dem­sel­ben Bericht wis­sen wir auch, dass der Turm am längs­ten brann­te. Alle fünf Glo­cken wur­den ver­nich­tet. Das Glo­cken­me­tall wur­de aber gesam­melt und teil­wei­se wie­der verwendet.

Pfar­rer Dr. T. Popp bemüh­te sich mit allen Kräf­ten, bald wie­der eine neue Kir­che und auch ein neu­es Geläu­te zu haben. Der neue Turm wur­de mit fünf Glo­cken bestückt. Wäh­rend die fünf klei­ne­ren Glo­cken dem ers­ten Welt­krieg zum Opfer fie­len, hängt die „gro­ße Glo­cke“ heu­te noch im Turm. Die­se „Gat­te­rer Glo­cke“ wur­de als „his­to­ri­sche Glo­cke“ in bei­den Welt­krie­gen geschont.

Die große Glocke

Tech­ni­sche Daten:

  • Guß­jahr: 1795
  • Gegos­sen bei Simon Peter Mil­ler in Inns­bruck, Durch­mes­ser 145 cm
  • Gewicht ca. 1800 kg – Ton­la­ge d/1

Die­se Glo­cke gilt auch heu­te noch als eine schö­ne Glo­cke. Sie zeigt im Hoch­re­li­ef das Patro­zi­ni­um der Pfarr­kir­che „Mariä Him­mel­fahrt“, die Kreuz­grup­pe, die Hei­li­ge Drei­fal­tig­keit und Chris­tus auf dem Ölberg (Es ist anzu­neh­men, dass das kein Zufall ist, son­dern Pfar­rer Popp sehr wohl wuss­te, wel­chen Schatz er beherbergte)

Inschrift:

SIMON PETRUS OENIPONTANUS FECIT HOC OPUS LAUDETUR DEUS ANNO 1795“

SIMON PETER AUS INNSBRUCK SCHUF DIESES WERK GOTT SEI GELOBT IM JAHRE 1795

Auf dem Mantel ebenfalls in Hochrelief die Inschrift:

BENEFICIO MARIAE BLANCHIN PAROCHO MAECENO ATQUE REV AC DOCTISSIMO DD THOMA POPP. QUANDO PIE CLANGO AGONIAM ET MORTEM CHRISTI ANNUNTIO SANCTOS HONORO VIVOS LAETI-FICO TEMPESTATES REPELLO FUNERA PLANGO“.

DURCH DIE WOHLTÄTIGKEIT DER MARIA PLANKIN UNTER DEM PFARRER UND WOHLTÄTER DEM HOCHWÜRDIGEN UND SEHR GELEHRTEN HERREN THOMAS POPP.

WENN ICH FROMM ERKLINGE, VERKÜNDE ICH DIE TODESANGST UND DAS STERBEN CHRISTI, EHRE ICH DIE HEILIGEN, ERFREUE ICH DIE LEBENDEN, VERTREIBE ICH DIE UNWETTER, BEKLAGE ICH DIE TOTEN.

(Bes­ten Dank an Pater Mau­rus Kra­mer O.S.B. für die Übersetzung).

Dann kam der erste Weltkrieg.

Für GOTT, KAISER UND VATERLAND wur­den sie zum Leid­we­sen der Bevöl­ke­rung abtrans­por­tiert und ein­ge­schmol­zen. Nur die gro­ße Glo­cke blieb den Mils­ern erhalten.

Am 11. Okto­ber 1916 wur­den 3 Glo­cken im Gesamt­ge­wicht von 1681 Kilo, am 3. Novem­ber 1917 wur­den 2 Glo­cken im Gesamt­ge­wicht von 182 Kilo vom Mili­tär abgeholt.

Die­se Nach­richt – 5 Glo­cken nen­nend – aus der Schüt­zen­chro­nik bringt die Dif­fe­renz. Wahr­schein­lich waren es vier vom Turm der Pfarr­kir­che und die kleins­te von der St. Annenkirche.

Nach dem Regen kommt Son­nen­schein, und wenn auch die Nach­kriegs­zeit alles eher als Frie­den war – in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht – so gelang es der Mil­ser Bevöl­ke­rung, dem Pfar­rer (es war der sehr rüh­ri­ge Niko­laus Mey­er in Amt und Wür­den) dem Kir­chen­pro­pst und vie­len edlen Spen­dern wie­der ein neu­es Geläu­te zu bestellen.

Bereits 1920 ver­an­stal­te­te Pfar­rer Mey­er Samm­lun­gen. Die Gemein­de unter Bür­ger­meis­ter Johann Lah­ar­tin­ger hat den gemein­de­ei­ge­nen Teil der Au an die Lan­des­re­gie­rung abge­ge­ben und mit den Erlös gespendet.

Die Fa. Grassmayr in Innsbruck lieferte drei Glocken:

Tech­ni­sche Daten:

  • 1. Gewicht 94o kg, Ton E hoch Schlag­di­cke 3’29 rein Guss­da­tum – 24.2.1921
  • 2. Gewicht 64o kg, Ton Fis hoch – “ – 8/9 2’92 rein Guss­da­tum – 24.2.1921
  • 3. Gewicht 372,5 kg, Ton a hoch – 3/4 2’46 rein Guss­da­tum – 12.2.1921

Aus einer Anmer­kung kön­nen wir auch auf die gro­ße Glo­cke schlie­ßen: „Stim­mend zu vor­han­de­ner Glo­cke im Ton D rein.“

Die 1. Glo­cke – also die Zwöl­fe­rin – trug die Aufschrift:

GEWIDMET VON DER GEMEINDE MILS 1921

und am Mantel:

GOTTESMUTTER, DIR ZU EHREN DIESE GLOCKE SEI GEWEIHT, SCHIRM UND SCHÜTZE DIESEN ORT, HILF UNS JETZT UND ALLEZEIT.

Die 2. Glo­cke -.also die Elfe­rin – trug die Aufschrift:

EINST WURDEN AUS GLOCKEN KANONEN GEGOSSEN, JETZT SIND AUS KANONEN GLOCKEN GEGOSSEN UND WAS EINST DRÖHNTE MIT SCHRECKLICHEM SCHALL, DAS TÖNT JETZT ZUR FREUDE IN FRIEDLICHEM HALL.

Die 3. Glo­cke trug die Inschrift:

GEWIDMET VON DER GEMEINDE MILS 1921

Am 12. März wur­den die Glo­cken bei Graß­mair in Inns­bruck abge­holt. Bereits um 4 Uhr früh weck­te die gro­ße Glo­cke das Dorf. Um 7 Uhr fuh­ren drei Pfer­de­ge­span­ne nach Inns¬bruck. Um 15,00 Uhr kamen sie wie­der zurück und wur­den beim Taubstummen—Institut fest­lich empfangen.

Die Glocken der Pfarrkirche 1791 - 1921
v.l. Alo­is Obert­han­ner, Haupt­mann (Mül­ler), Franz Tief­en­tha­ler, Wirt Offi­zier, Franz Wech­sel­ber­ger, Fähnrich(Stundl), Hans Kris­mer (Ange­rer) Gre­gor Mayr (Bus­ler), Ali­os Stras­ser, Johann Tief­en­ta­ler, Simon Gschös­ser (Haas), Rudl Leich­ter /Tischler), Chris­ti­an Freudenschuß

Bei der Errich­tung des Tri­umph­bo­gens tat sich Gre­gor May­er (Bus­ler) beson­ders her­vor. Die Wagen stell­ten und lenk­ten: Boni­faz Ober­ho­fer (Resch), Sebas­ti­an Fankhau­ser (Jewein) und Johann Schranz (Pröl­ler).

Die Geist­lich­keit, von Minis­tran­ten unterstützt(vorne rechts Pfar­rer Niko­laus Mayer).

Anschlie­ßend die Musik­ka­pel­le unter der Lei­tung von Alo­is Wink­ler, Tam­bur Alo­is Zim­mer­mann, dann folgt die Schüt­zen­kom­pa­nie in ihrer Uni­form (die Tracht kam erst später).Von die­sem Ein­zug gibt es noch ein zwei­tes Foto, auf wel­chem die Schüt­zen in ihrer vol­len Stär­ke erfasst sind.

Dann setz­te der Zug sei­ne Fahrt durch das Dorf fort. Beim Dresch­ten­nen­platz mar­kier­te ein wei­te­rer Tri­umpf-bogen den nächs­ten Halt.Dieser Platz war noch unver­baut, rechts im Bild die
ers­te Tra­fo­sta­ti­on, unge­fähr dort, wo heu­te die Rai­ka steht

13. März 1921 – WEIHETAG

Die Glocken der Pfarrkirche 1791 - 1921

Lei­der konn­te die gro­ße Glo­cke nicht mehr geläu­tet wer­den, da die Vor­be­rei­tun­gen zum Auf­zie­hen der Glo­cken dies ver­hin­der­te. Dafür weh­ten Fah­nen vom Turm.

Noch am Vor­tag, nach der Rund­fahrt durchs Dorf, wur­den die Glo­cken an schön geschmück­ten Bal­ken aufgehängt.

Im Hin­ter­grund das alte Feu­er­wehr-Sprit­zen­haus. Links davon noch die alte Fried­hof­mau­er, rechts dane­ben der Flo­ria­ni­brun­nen. Im Bild rechts die Milch­sam­mel­stel­le (Blech­dach). Vor dem Sprit­zen­haus die Musik­ka­pel­le Mils. Den inne­ren Kreis fül­len die Schul­kin­der aus. Man erkennt sehr viel hohe Geistlichkeit.

Die eigent­li­che Wei­he begann nach der Sonn­tags­mes­se um 10 Uhr 45 und wur­de von Prä­lat Ste­fan Maria­cher vom Stift Stams vorgenommen.

Pater Mau­rus, der selbst als jun­ger Pries­ter nach dem 1. Welt­krieg bei sol­chen Glo­cken­wei­hen dabei war, erklärt:

Die Glocken der Pfarrkirche 1791 - 1921

Die Glo­cken wur­den mit geweih­tem Was­ser fein säu­ber­lich innen und außen gewa­schen, abge­trock­net und mit geweih­tem Öl gesalbt. Außen auf dem Man­tel mit 7 Kreu­zen (Kran­ken­öl), innen mit 4 Kreu­zen (Chry­sam). Damit sich der KONSEKRATOR nicht ver­zählt – er muss­te die­se zusätz­li­che Zere­mo­nie ja neben dem Beten ver­rich­ten. Hin­ter der Geist­lich­keit die Paten.

Paten waren für die Zwöl­fe­rin BM Johann Lah­ar­tin­ger und GR Boni­faz Ober­ho­fer, als Ver­tre­ter der Gemein­de. Für die Elfe­rin Johann Jun­ker und sei­ne Toch­ter Pau­la. Für die Klei­ne Simon und Ste­fa­nie Gschösser.

Nach der Zere­mo­nie dreh­ten Musik und Schüt­zen noch eine Run­de durchs Dorf, dann hieß es abtre­ten zur wohl­ver­dien­ten Stär­kung ins Gast­haus Lorer. Die Geist­lich­keit, die offi­zi­el­len Ver­tre­ter von Bezirk und Land sowie die Ehren­gäs­te fan­den sich beim Tief­en­tha­ler ein.

Inzwi­schen waren vie­le flei­ßi­ge Hän­de damit beschäf­tigt, die Glo­cken auf­zu­zie­hen und die nöti­ge Mon­ta­ge vorzunehmen.

UM 18 UHR 45 ERTÖNTEN WIEDER ALLE GLOCKEN VOM TURM.

Josef Wald­ner 17.12.2014

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