Die im Unterinntaler Boten von 1915 erschienene deutsche Übersetzung des von Pfarrer Popp verfassten lateinischen Textes über den Kirchenbrand vom 23.August 1791 verdient wörtlich wiedergegeben zu werden:
Dieser Tag war für Mils ein Tag des Unheiles und des Elends, ein furchtbarer und bitterer Tag. Um Viertel nach elf Uhr vormittags – wir wollten eben zu Tische gehen – lief im Widum ein Mädchen namens Rosina Harterin vorüber, welche aus Leibeskräften schrie: „Beim Wasten brennt es!“ (Es war nämlich jenes Haus, in welchem das Feuer ausbrach, so benannt) Durch dieses Geschrei aufgeschreckt, bat ich den verehrten Gast, der eben bei mir weilte, er möge mich begleiten. Ich nahm sofort die Kirchenschlüssel und gab mit den Glocken das Zeichen vom Ausbruch einer Feuersbrunst. Wir gingen zum Haus, wo der Brand ausgekommen war, aber wie aus einem mächtigen Vulkan mit
freigelassenen Zügeln brach dichter Rauch mit Feuerflammen vermengt aus dem Dach hervor. Endlich brachten die zusammengelaufenen Leute Wasser herbei und entrissen Hausgeräte den Flammen. Plötzlich wurde das benachbarte Haus des Mesner Josef Jung an jener Seite, wo Stall und Scheune angebaut waren, vom Feuer ergriffen. Dort war alles mit Stroh und Heu angefüllt. . Wir trieben den Ochsen aus dem Stall und brachten die Einrichtungsgegenstände, nämlich die Küchengeräte, in die Kirche, wo selbst wir mit dem Allerhöchsten Gut das Feuer segneten. Indes wuchs die Gefahr beständig. Wir trugen daher das Allerheiligste sowie alle Reliquien und heiligen Gefäße in das Pfarrhaus. Inzwischen brannte bereits das Dach der St.Anna Kirche an. Das Wunderbild der seligsten Jungfrau Maria trugen wir, nachdem wir mit Bitten endlich einige Männer zusammengebracht hatten, mit Statuen, Tabernakel, Stationsbildern, Gemälde usw. in meinen Obstgarten hinaus.
Unterdessen waren die Feuerwehren von der Stadt Hall und Innsbruck sowie den Dörfern Volders und Thaur herbeigeeilt. Diese führten alle gebräuchlichen Löschwerkzeuge mit. Die Pfarrkirche war lange vom Feuer verschont geblieben. Aber siehe da! Plötzlich entstand an der Spitze des Turmes – ungefähr sechs Handflächen breit – unterhalb des vergoldeten Knopfes ein weithin leuchtendes Feuer. Dorthin konnte kein Wasser gebracht werden, der Kirchturm war in der ganzen Umgebung der höchste! Darüber brach ein ungeheurer Jammer los. Alle verzweifelten bereits an der Rettung der Kirche, so zwar, dass das Allerheiligste vom Pfarrhaus in den Widum des Herrn Benfizaten durch den verehrten Kuraten von Volders, Georg Rueff mit Namen, mit schuldiger Ehrfurcht und Anbetung übertragen wurde. Nachdem sich aber die Gefahr wieder steigerte, wurde das Allerheiligste von eben demselben Kuraten ins obere Dorf gebracht, in das Haus des Scinarius gestellt und von mir geziemend im Tabernakel verschlossen, wo dann die ganze Nacht die Kerzen brannten.
Das Wunderbild der seligsten Jungfrau Maria übertrug man in das obere Haus des Tschugg, wo es von der ehrsamen Jungfrau Theresia Kesslerin prachtvoll geziert wurde.
Nun suchte man die ganze Kraft für die Erhaltung des Pfarrhauses einzusetzen, man plünderte es ganz aus, ausgenommen 113 Stück, welche in der angebauten Scheune waren. Es wurden Kästen, Tische, Sessel, Fenster, Türen, Betten und dergleichen hinausgeschafft. Der tatkräftige Herr Romedius Schandel, welcher von Thaur herabging, ließ jegliche Hoffnung auf Rettung des Pfarrhauses fahren, ging auf mich zu und sprach von Mitleid gerührt:„Wahrlich, aus ganzem Herzen schmerzt es mich, Herr Pfarrer, wir arbeiten vergebens an der Erhaltung des Pfarrhauses. Wir verwenden besser unsere Kräfte dazu, dass das Übel nicht weiter um sich greife“. Rasch entschlossen gab ich ihm zur Antwort, es soll geschehen, was dem allgemeinen Wohle am meisten zu nützen scheint. Also rief er die Feuerwehrmänner hinweg. Man konnte die furchtbare Hitze kaum ertragen. Die Haller nahmen diesen Befehl aber nicht an. Sie sagten, sie werden mit ihren Löschwerkzeugen jetzt einmal noch nicht weggehen. Während dies vorging, stürzte unter entsetzlichem Krachen und den dichtesten Rauchwolken das gesamte Gebälk der brennenden Kirche ein. Die Feuerflamme ließ etwas nach. Dem Brande leistete man erfolgreichen Widerstand und – Gott sei Dank – die Gefahr wurde ständig kleiner und das Pfarrhaus gerettet.
…
Als endlich die Feuersbrunst gelöscht war, ging ich von Haus zu Haus, machte anstrengende Beobachtungen und schrieb auf, was in den einzelnen von kirchlichen Gegenständen noch vorhanden war. Die Baumkirchner hielten in dieser Nacht am Widum Wache. Vier Feuerwehrmänner blieben während der ganzen Nacht zurück, da der Turm im Verlaufe der Nacht ähnlich dem Berge Ätna Feuer spie. Viele gaben sich Mühe zur Bekämpfung des Feuers. Bei Sonnenaufgang trugen wird das Allerheiligste und den Tabernakel in feierlicher Prozession in die St.Anna Kirche. Dort war nur das Dach verbrannt. Aber welch großes Elend! Es war die Zeit zum Lesen der heiligen Messe gekommen, man hörte keine Glocken mehr, welche das Zeichen dazu geben sollten.
Nach der heiligen Handlung reiste ich nach Innsbruck und brachte bei der Regierung die ganze Angelegenheit vor: In der Kirche sind die Altäre, Stühle, Kanzel zu Asche verbrannt, der Taufstein wurde vor Hitze zerrissen und die wertvolle Orgel – sie hatte 25 Register und ich hatte sie unlängst aus der Kirche des aufgelassenen Klarissenklosters gekauft – hätte leicht gerettet werden können, wenn nicht einige Musikanten steif behauptet hätten, die Orgel werde sicher unverletzt erhalten bleiben.
Am nächsten Sonntag Nachmittag wurde das wundertätige Bild unter zahlreicher Beteiligung des Volkes mit den höchsten Ehrenbezeugungen in die Kirche der heiligen Mutter Anna getragen. Die Haller Herren hatten uns zwei Glocken geliehen, welche zu Hall in der dem heiligen Vitus geweihten Friedhofskirche hingen. Es wurde also der ganze Gottesdienst in dieser Kirche gehalten, welche sofort mit einem neuen Dach überdeckt wurde.
Ursache dieses plötzlichen Feuerausbruches war die Nachlässigkeit und schlaffe Sorglosigkeit eines Weibes. Dieses ledige Weib, namens Theres Posch, nahm vom Herde ein brennendes Holzscheit und wollte damit im Backofen ein Feuer aufmachen. Beim Hinausgehen fielen ihr einige Funken auf einen Haufen dürren Reisigs, der im Nu wie ein feuerspeiender Berg lichterloh emporbrannte. Da die Person schwerhörig war, bemerkte sie das Knistern anfänglich nicht, erst zu spät wurde sie darauf aufmerksam. Das ist die traurige Ursache des Übels. Möge uns Gott vor einem solchem künftig hin bewahren!
Beim Brand der Kirche gab es auch ein Menschenleben zu beklagen.
Pfarrer Popp sah Kaspar Tschugg noch während des Brandes zusammen mit anderen mit einer großen Axt in den Turm gehen, um den Brand zu
bekämpfen. Doch alle bis auf ihn kamen wieder wohlbehalten heraus. Für ihn ließ Pfarrer Popp die heute noch zu sehende Gedenktafel mit folgendem Wortlaut anbringen:
Denkmal
Des ehr und züchtigen Jüngling Kaspar Tschugg
So den 23ten August 1791 seines Alters 64 Jahre
Hier in diesem Pfarrturm zu Staub und Asche verbronnen ist.
Der Eifer, womit ich hab Gott Dein Hauß verehrt,
War so groß, daß ich darin wurd vom Feuer verzehrt.
Darum, o Gott, in jener Welt mir von Feuer verschon
Und gib mir zum Lohn die erwünschte Himmelskron.
R.I.P.
Der Wiederaufbau ging vorerst zügig voran. Pfarrer Popp begab sich in den folgenden zehn Jahren insgesamt 325 Mal nach Innsbruck um den Neubau voranzutreiben. Bereits Am 30.November 1793 war es wieder soweit, dass die Kirche provisorisch für Gottesdienste benutzt werden konnte. Aber erst am 3. November 1804 wurde die feierliche Weihe der Kirche vorgenommen. Hierüber schreibt Pfarrer Popp in der Chronik:
1804 den 3ten November war Samstag, wurde hiesige Pfarrkirche von Seiner Hochfürstlichen Gnaden Karl Franz Graf von Lodron, Fürstbischof zu Brixen, feierlich eingeweiht. Das Viertl nach 7 Uhr kamen seine Hochfürstliche Gnaden hier an. 3 Reiter wurden ihm bis nach Loretto in der Hallerau entgegengeschickt. Höchstderselbe wurde unter dem Donner der Pöller und Läutung aller Glocken empfangen. Bei dem unteren Wirtshaus (ehemaliges Gasthaus Lorer) war ein Triumpfbogen von Taxen errichtet mit der Überschrift: saCra DIes In MILs Intrante CaroLo (ein heiliger Tag in Mils bei Ankunft des Bischof Karl – das Chronogramm ergibt das Jahr 1804). Die Gasse herauf war mit Tax Bäumen besetzt. Bei dem unteren Wirtshaus paradierten 20 Schützen, welche den Wagen bis zum Kirchbrunnen begleiteten. Da stiegen Höchstderselbe aus, wurden von 21 Priestern empfangen. Es waren da 3 Fahnen von Baumkirchen, 4 von Absam. Höchstderselbe ging unter dem Stangenhimmel dem Widum zu. Auf beeden Seiten paradierten die Jungfrauen mit Kränzen und Blumen. 8 kleine bekränzte Mädchen hatten Blumen in kleinen Körbchen, welche sie vor den Füßen seiner Hochfürstlichen Gnaden beständig ausstreuten. Bei der Widumstüre reichte ihm die Elisabeth Faistenberger, 7 Jahre alt, ein schönes Blumenbüschel. Am Widum war ein Triumpfbogen mit dieser Überschrift: CeLsIssIMe CaroLe DIgnare Intrare! (Hochwürdigster Karolus geruhe einzutreten!) im Widum wurde Hochderselbe unter einem rotseidenen Baldachin, daran sein Portrait war, unter Trompeten und Paukenschlag empfangen. Hochderselbe zogen die Pontificalien an und wurden so in die Pfarrkirche begleitet. An der Kirchtüre war abermals ein Triumpfbogen mit der Überschrift: Deo saCror Intrante Carolo antIstIte pLetate aLtero boroMeo (Beim Eintritte des Oberhirten Karl, an Frömmigkeit eines zweiten Boromäus, werde ich Gott geweiht). Die Funktion dauerte bis ein Uhr. Der Hochaltar wurde zu Ehren der Himmelfahrt Mariens, der Seitenaltar auf der Epistelseite der Anbetung Christi am Ölberg und der Seitenaltar auf der Evangelienseite zu Ehren der 14 heiligen Nothelfer geweiht. Es war überaus viel Volk zugegen. Da Hochderselbe die heilige Messe am Hauptaltar lasen, wurde von den Musikanten zu Hall herrliche Musik gemacht. Darauf nahmen Hochderselbe ein Kaffe, endlich ging man zum Mittagspeisen. Es waren 16 Personen. Unter der Tafel (weil nächsten Tag 4. November Karl Boromäus, seine Hochfürstliche Gnaden Namenstag einfiel) machte ich in lateinischen Versen eine Gratulation. Darauf wurde mit Trompeten und Pauken ein Tusch gemacht. Endlich wurde von den Herren Musikanten eine deutsche Gratulation gemacht. Und so waren Seine Hochfürstlichen Gnaden vergnügt bis gegen halb fünf Uhr abends, wo Hochderselbe wieder nach Innsbruck zurückreisten. Kirchpropst war Paul Harm Müllermeister, Gerichtsverpflichteter Herr Ignaz Feistenberger, Dorfmeister Karl Suitner, Metzger.
Im Alter von 79 Jahren legte Pfarrer Popp sein Amt zurück. Für seine verdienstvolle Tätigkeit in Mils wurde ihm die ehrenvolle Stelle des ersten Waldaufschen Benefiziaten in Hall verliehen, die er noch drei Jahre bis zu seinem Tod am 30.April 1827 ausübte.
Bearbeitet. Dr. Krüpl