Es ist nicht einfach, ein so facettenreiches Leben in gebotener Kürze einzufangen, wie es jenes des Johann Arnold war, der vor 20 Jahren, am 5.8. 1994, verstarb.
Als er am 19.9. 1931 dem Verwalterehepaar Alois und Anna Arnold im Knabhaus in Mils Nr. 74 an der Bundesstraße geboren wurde, hat wohl niemand geahnt, welchen Einfluss der Neuankömmling auf die Entwicklung seines Heimatdorfes einmal haben wird.
Nach der Schulzeit erlernte Johann das Tischler- und Maurerhandwerk, danach absolvierte er in Wien die Meisterklasse zur Innenarchitektur und ein fünfjähriges Fernstudium für Hochbau. Zuerst eröffnete er in Graz ein Planungsbüro und später in Mils ein selbständiges Bauunternehmen. 1958 heiratete er in der Karlskirche in Wien sein Wiener Mädel, die Helga, und zog wieder heim nach Mils. Aus dieser Ehe entstanden drei Söhne – Peter, Andreas und Markus.
Schon als Kind war er sehr sportbegeistert und verbrachte jede freie Minute mit seinem Bruder und den Kameraden am Dreschtennenplatz, um Fußball zu spielen. Mit 14 Jahren kam er zum SV Hall. Erst 15jährig, wurde er in die Tiroler Auswahl berufen, mit 17 Jahren war er einer der besten Tormänner Tirols. Ein Jahr später nominierte man ihn für das Olympiateam und somit rückte er in das internationale Blickfeld. Mit Wacker Wien spielte er in vielen Ländern, wobei seine Leistungen besonders in Südamerika für große Schlagzeilen sorgten. Eine weitere Station war Graz, wo er vier Jahre das Tor des GAK hütete. Den Abschluss seiner aktiven Zeit bildete die Trainertätigkeit bei Wacker Innsbruck und dem SV Hall, mit dem er in der Regionalliga große Erfolge erzielte.
Es sollte in Mils wieder Theater gespielt werden, also stand einer Neugründung der „Volksbühne Mils“ 1975 nichts mehr im Wege. Er selbst war begeisterter Schauspieler und wirkte, wenn es die Zeit erlaubte, in etlichen ernsten Stücken sowie in Lustspielen mit. Er hat aber auch als Funktionär den Aufstieg er Volksbühnen in Tirol wesentlich mitgestaltet und geprägt. So war er auch von 1977 bis 1983 Bezirksobmann und bis zu seinem Ableben Obmann des Landesverbandes der Tiroler Volksbühnen.
Dies war aber beileibe nicht die einzige Funktion. Seine Vorliebe für Vereine manifestiert sich in einer fast unglaubliche Fülle von Mitgliedschaften und Funktionärsämtern: Gründungs- und Ehrenmitglied des Oswald Milser Chores, Mitbegründer und Obmann des Sportclubs Mils (1971), Sektionsleiter Fußball, Präsident des Glungezer Rennservice, Obmann der Orts-ÖVP, Mitglied der Feuerwehr, der Schützengilde Hall, der Musikkapelle Mils (Flügelhorn, später Posaune), der Inntalerpartie „Die Lustigen Milser“ (Ziehharmonika), Obmann des Fremdenverkehrsverbandes, Landesobmann der Privatzimmervermieter. Als smarter Medienprofi trat er immer wieder als Conferencier bei diversen Veranstaltungen auf (u.a. bei Tiroler Abenden, den ORF – Sendungen „Das Mikrofon im Dorf“ und „Frühschoppen“). Sein Humor bei privaten und öffentlichen Auftritten war legendär, bei vielen Milsern spuken noch heute Erinnerungen und Anekdoten in ihren Köpfen. „Hans Arnold hat mit großem Idealismus, vielen Ideen und tiefer Menschlichkeit zu einem gut funktionierenden Vereinsleben beigetragen und somit das Miteinander in seiner Gemeinde wesentlich geformt und mitgestaltet“ stand in der Traueranzeige der Vereine. Posthum wurde er zum Ehrenbürger ernannt.
Ja, und dann war er auch noch Bürgermeister. Zwanzig Jahre lang (1974 bis 1994). Schon 1968 in den Gemeinderat gewählt, wurde er 1971 Vizebürgermeister und schaffte 1974 als eine Art Gegenfigur zum (dörflichen) Establishment seiner Zeit den Sprung auf den Bürgermeistersessel und wurde bei den Wahlen 1980, 1986 und 1992 (erste BM-Direktwahl) in seinem Amt bestätigt. Seine Amtszeit war geprägt von einem gewaltigen Bauboom, denn die explosionsartige Bevölkerungszunahme (Mils war kurzzeitig die größte Zuzugsgemeinde Österreichs) verlangte entsprechende kommunale Bauten und Einrichtungen, wie die Vergrößerung der Schule, des Kindergartens, der Turnhalle und der Sportanlagen, das Feuerwehrhaus mit Vereinslokalitäten, die Friedhofserweiterung sowie Investitionen im Kanal- und Wasserleitungsbau, den Bau von Straßen und deren Beleuchtung. Dabei bewies er einen erstaunlichen Weitblick, dachte in großen Linien, der damals zu hörende Vorwurf zu großzügiger Dimensionierungen relativierte sich bald.
Sein Selbstvertrauen war bemerkenswert. Kritik parierte er lange wie ein Torwart, der es gewohnt ist, im Schussfeld zu stehen. Die Angst, sich lächerlich zu machen, kannte er nicht. Perfektionismus immer und überall war sein Anspruch nicht – eine Basis seines lockeren Humors, allerdings auch Ansatzpunkt seiner Kritiker und (politischen) Gegner. „Wo Licht ist, ist auch Schatten“, schrieb Karl Wendlinger zu Johanns 60. Geburtstag. Und: „Manche Klippe im Gemeinderat hat er durch sein beinahe geniales schauspielerisches Können im wahrsten Sinne des Wortes gemeistert.“
Aber sein Körper musste wohl mit der Zeit den enormen Belastungen Tribut zollen. Immer öfter wirkte er müde, sein Händedruck wurde sanfter und seine Reden beiläufiger. Am Ende war er nicht mehr der gleiche, wiewohl er immer derselbe geblieben war.
Josef Waldner 27.10.2014 ‑jw-
Siehe auch: Johann Arnold (1994) – Porträt zum 60. Geburtstag.