Nach fast 6300 Tagen im Amt des Bürgermeisters sagt Peter Hanser leise „Servus“. Beim letzten Interview als Gemeindevertreter sprach er über seine Arbeit und seine Pläne. „Elf Uhr passt wunderbar, dann habe ich vorher noch Zeit für die alltäglichen Dinge.“ Das Abschiedsinterview steht an. So wie jeden Tag sitzt BM Peter Hanser in seinem Büro im alten Teil des Schallerhauses. Überall stehen oder liegen neue Ordner und frisch beschriftete Mappen. Alles gut strukturiert und übersichtlich – „für meine Nachfolgerin“. Verständlich, dass sich BM Hanser die Kandidatin seiner Fraktion wünscht, „doch gewählt wird im Gemeinderat“, betont der Nochbürgermeister. Dann ist er nicht mehr dabei. Am 23. April hatte er sein Rücktrittsschreiben eingereicht, seit Anfang Mai ist er in Politpension. Pläne dafür gibt es genug (siehe auch blaue Factbox). Viele Fragen sind fürs Interview vor[1]bereitet, doch auch der Bürgermeister hat sich einiges überlegt. Schon legt er los: „Es interessiert die Bürgerinnen und Bürger nicht, welche Standardaufgaben ein Bürgermeister zu erledigen hat, ob Straßenbau, Kanal, Wasser oder Kinderbetreuung.“ Zweifellos seien dies wichtige Aufgaben jeder Gemeinde, insbesondere die Kinderbetreuung. Viel mehr interessierten ihn darüber hinaus die besonderen Herausforderungen. „Drei Punkte er[1]scheinen mir hier wesentlich“, fasst Hanser diese zusammen. „Das Besondere in meiner Amtszeit war, dass wir etwas schaffen durften, das Identität stiftet“, sagt der Kommunalpolitiker, der seit 1992 im Gemeinderat aktiv war. „So ein Projekt lässt sich gar nicht so leicht planen, denn Identität stiften heißt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner stolz darauf sind, also ein Milser Projekt.“ Etwas, dass von den Menschen im Ort geplant und geschaffen wurde und das es vorher nicht gab. „Das ist das Dorfzentrum“, bringt es BM Hanser auf den Punkt.
Identität stiften
Als zweites Vermächtnis sieht Hanser, der selbst jahrelang eine Wohnbaugesellschaft geleitet hatte, das Haus „Betreutes Wohnen“. Von vielen im Land sei es als Best-Practice-Beispiel genannt worden, durch den Bau, vor allem auch durch die Mitarbeiterinnen und das umfassende Angebot, angesiedelt im Ortszentrum. „Das passierte nach einer zehnjährigen Vorbereitungszeit.“ Als finalen Punkt fragt sich BM Hanser, was neben Kanal und Trinkwasser ein besonderer Service sei? „Wir haben die Poststelle übernommen“, erinnert er daran, dass in vielen Orten Tirols die Ämter geschlossen wurden. „Wir haben die Post übernommen, wohl wissend, dass es ein Minusposten wird.“ Die Gemeinde stellt die Räumlichkeiten mietfrei, verlangt auch keine Betriebskosten. Auch das Angebot der beiden E‑Autos sieht BM Hanser als besonderen Service für junge Familien. „Damit können sie sich teure Zweitautos ersparen.“
Als Peter Hanser in den Gemeinderat einstieg, war er knapp über 40 Jahre. Kurz vorher kam er mit seiner Familie nach Mils. Mit seiner Frau Martha und den drei Kindern hatte er ein Reihenhaus in Mils Nord bezogen, in ein Häuschen, das immer noch die Heimat der Eltern ist und wo sich die fünf Enkelkinder mit Begeisterung einnisten, oft auch ein paar Wochen lang.
Einstieg und Aufstieg
Wie war der Einstieg in die Politik für den Zuagroasten? „Ich war sehr stolz, dass ich gewählt wurde“, erinnert er sich. „Wir hatten sehr enge Räume im Gemeindeamt, dicke Luft durch die Rauchschwaden, ich erinnere mich an BM Hans Arnold, der uns auch den Zuzug möglich gemacht hatte.“ Arnold war für Hanser ein hervorragender Bürgermeister. Nach einer Periode bat ihn BM Maria Unterberger 1994, als Vizebürgermeister zu agieren. Mils war zu der Zeit eine arme Zuzugsgemeinde, der Rest ist bekannte Geschichte. „An unserem Stubentisch wurde täglich am Gewerbepark geplant“, erinnert sich Martha Hanser. Sobald die Kinder im Bett waren, ging es ans Planen. „Es war ein Projekt mit vielen Unbekannten, doch wir wollten es probieren“, denkt Hanser an den Beginn des Gewerbeparks zurück. Die Basis für den Aufstieg von Mils war geschaffen. Nach zehn Jahren als Vize trat er auf der Liste von Friedl Klingler als BM-Kandidat an und 2004 ging das Amt des Bürgermeisters auf Peter Hanser über.
Seit drei Perioden ist er dafür bekannt, dass er knackige Sitzungen hält. Insgesamt waren es an die 140. Daneben unzählige Ausschusssitzungen, denn dort geschieht die eigentliche Arbeit. Hanser will gar nicht verschweigen, dass es schon zwei bis drei Jahre gedauert habe, bis er sich in allen Belangen ausgekannt habe. „Von der Wiege bis zur Bahre“ sei alles auch Aufgabe der Gemeinde. „Insgesamt sind die positiven Erlebnisse aber ungleich mehr und werden noch lange nachwirken.“
Dank an Mitarbeiter
An erster Stelle seien bei der Arbeit für die Gemeinde immer die Mitarbeiter gestanden. „Wir haben im Amt sieben ganz ausgezeichnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, mit allen wurde enger Informationsaustausch gepflegt. Das gelte auch für alle, die außerhalb des Amtes arbeiten. Als Resümee auf die drei Perioden: „Alle Mandatare hatten ein sehr ehrliches Bemühen im Ort etwas weiterzubringen, das habe ich gespürt.“ Dankbar ist er für die Zeit, die alle Gemeinderäte aufgewendet haben.
Peter Hanser, der Mensch
Gedanken über Mils: Das Dorf soll keine Vorstadt werden, sondern dörflich bleiben. Das Umweltbewusstsein im Sinne des Energiesparens möge wachsen. Sportliche und Freizeitmaßnahmen sollten erhalten bleiben. Gleichzeitig sollen junge Menschen die Möglichkeit bekommen, im Ort zu bleiben und dort Wohnraum zu finden.
Peter Hanser, der Milser:
„Als ich eine Matschgererlarve bekam, wusste ich: Jetzt haben sie mich aufgenommen.“
Arbeiten in der eigenen Werkstatt:
Früher durfte ich für die Kinder Holzspielsachen und ‑arbeiten machen. Jetzt wird dort alles repariert, was anfällt. Zeit für das, was Freude macht: früher Laufen, jetzt Walken, Tennis im Sommer und im Winter, Lesen, Schach spielen, Heimwerken, Arbeiten am PC, Italienisch lernen.
Dank an die Menschen im Ort:
Dank für die immer partnerschaftliche und freundschaftliche Zusammenarbeit.
Quelle: Mein Mils, Mai 2021 (bearb. J.W.)
Bilder, die viel erzählen:
Aus der Gründerzeit des Gewerbeparks mit Roland Klingler (damals Bauamtsleiter)
Gestaltung des dorfzentrums unter Einbindung der Bevölkerung
Spatenstich für „Betreutes Wohnen“ im Dorfzentrum
Eröffnung Dorfzentrum (v.l.: Landes-Schützenkomm. Tiefenthaler, LH Platter, BM Hanser, BM der Partnergemeinde Vahrn, Schatzer..
In seine Amtszeit fiel auch der Bau der neuen Volksschule. Schlüsselübergabe an Direktor Gasser.
mit späterem Ausbau (hier mit LA Tratter)
Eröffnung MiniM Mils Nord
Eröffnung Postpartner im Gemeindeamt
BM Hanser zeigte stets seine Verbundenheit mit den Taditionsvereinen (hier: Ehrungen der Musikkapelle)
Wahlplakat für die Wiederwahl 2016
BM Hanser mit langjährigem Vize Thomas Kölli
Er wusste, wohin er Mils steuern wollte.