Wollte immer schon gestalten und nicht nur verwalten
Nach dreißig Jahren in der Gemeindepolitik sieht der Milser Langzeitbürgermeister Peter Hanser den Zeitpunkt gekommen, das Staffelholz zu übergeben. Im Gespräch mit dem Haller Blatt zieht Hanser eine durchaus positive Bilanz.
Haller Blatt: Herr Bürgermeister, wann waren Sie sich im Klaren, dass dieser Zeitpunkt gekommen ist und ist Ihnen diese Entscheidung leicht gefallen?
Peter Hanser: Das war ein eher schleichender Prozess, aber es war mir schon seit längerer Zeit klar, dass ich keine nächste Periode im Gemeinderat mehr anhängen würde. Außerdem war das letzte Jahr mit einigen sehr untergriffigen Angriffen auf meine Person doch etwas mühsam und dies hat mich dann in meiner Entscheidung sicherlich bestärkt. Ich freue mich schon jetzt darauf mit meiner Gattin Martha und meinen Enkeln mehr als bisher unternehmen zu können.
Haller Blatt: Wie sind Sie in die Gemeindepolitik gekommen? Gab es da einen Mentor oder Förderer?
Peter Hanser: Bedingt durch meine beruflichen Wechsel von Wien nach Innsbruck fand ich in Mils eine neue Heimat. 1992 kandidierte ich auf der Bürgerliste von Karl Wendlinger für den Gemeinderat und erhielt dann 1994 von Bürgermeisterin Maria Unterberger das Angebot, das Amt des Vizebürgermeisters zu übernehmen. 1996 wurde ich dann Obmann des Gewerbeausschusses, dem damals für die Gemeindefinanzen zuständige Gremium. Einen richtigen politischen Mentor hatte ich jedoch nie, war aber Zeit meines Lebens ein politisch denkender und agierender Mensch.
Haller Blatt: In den 90er Jahren galt Mils als Wohn- und Schlafgemeinde und war durch Zuzug aus dem Umland stark gewachsen. Welche Ausgangslage fanden Sie am Beginn Ihrer Politkarriere vor?
Peter Hanser: Mils befand sich damals in einer schwierigen finanziellen Lage, hatte abgesehen von den Ertragsanteilen nur wenige Einnahmen und auch die Infrastruktur war in einem schlechten Zustand. Grund dafür war eine ziemlich schlechte Wirtschaftsstruktur mit relativ wenigen Arbeitsplätzen im Dorf und einer hohen Anzahl an Pendlern.
Haller Blatt: Wie sah nun ihr Plan aus, diesen Zustand zu ändern und wo wollte man den Hebel ansetzen?
Peter Hanser: Mein Credo in der Gemeindepolitik war es immer, dass man nur etwas bewegen kann, wenn die Gemeinde auf gesunden wirtschaftlichen Beinen steht, ansonsten ist man bei allen Investitionsentscheidungen ein Bittsteller. Es musste also auf der Einnahmenseite etwas passieren und so entstand die Idee mit dem Gewerbepark. Ich hatte dabei relativ freie Hand und natürlich kam mir meine berufliche Tätigkeit als Geschäftsführer eines Wohnbauträgers bei diesem Vorhaben sehr zugute. Wir hatten auch ein entsprechendes Areal bereits im Auge, es lag direkt an der Bundesstraße zwischen Mils und Volders.
Haller Blatt: Da klingt nun die Theorie sehr einfach, wie gestaltete sich aber die tatsächliche Realisierung dieses Projektes?
Peter Hanser: Es bedurfte natürlich zahlreicher Vorgespräche und auch einiges an Fingerspitzengefühl, um ein tragfähiges Erschließungskonzept auszuarbeiten und die nötigen Grundstücksverhandlungen zu führen. Zu diesem Zweck wurde nicht nur ein eigener Beirat geschaffen, in dem alle Fraktionen des Gemeinderates vertreten sind, sondern mit der Gemeindebetriebe Mils GmbH auch eine Betreibergesellschaft gegründet, welche die komplette Abwicklung übernahm. Wir haben aber allen Grundstückbesitzern ein sehr faires Angebot gemacht und so die Basis für den Gewerbepark geschaffen.–In insgesamt drei Baustufen wurden in 14 Jahren hinweg die rund 100.000 m2 große Fläche entwickelt, heute sind dort weit über 70 Unternehmen mit mehr als 800 Mitarbeitern angesiedelt. Rund 70 Prozent der Kommunalsteuererlöse kommen nun von dort und bilden die Grundlage für die gesunde finanzielle Basis der Gemeinde Mils.
Haller Blatt: Durch Betriebsansiedlungen ist es aber zu steigender Verkehrsbelastung gekommen. Man könnte sozusagen das alte Sprichwort „Des einen Freud, des anderen Leid“ bemühen. Wie sehen Sie diese Problematik?
Peter Hanser: Das Konzept wurde von Anfang an in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden des Landes Tirols ausgearbeitet. Dabei wurde natürlich auch die Verkehrsthematik berücksichtigt. Ich habe auch von Anfang an versucht, die Nachbargemeinden mit ins Boot zu holen und habe bei der dritten Baustufe ein Kommunalsteuersplitting angeboten. Während dies Volders abgelehnt hat, kann sich die Gemeinde Baumkirchen, die diesen Vorschlag gerne angenommen hat, nun jährlich über rund 40.000 Euro freuen, die in die Gemeindekasse fließen. Ich glaube, dass dies ein durchaus faires Angebot war und sehe es auch als eine Art Modell für andere Gemeinden.
Haller Blatt: Welche Schritte wurden in Folge gesetzt, um die Infrastruktur im Dorf zu verbessern?
Peter Hanser: Mit den Erlösen aus den Grundstücksverkäufen hat die Gemeindebetriebe GesmbH die Infrastruktur wie Straßen, Kanal, Wasser und Telekommunikation finanziert. Mit den von der Gemeinde vereinnahmten Gebühren konnten wir das neue Sportzentrum zum großen Teil realisieren. Diese multifunktionelle Anlage ist nicht nur die Heimat einer Reihe von Milser Sportvereinen, sie war für mich auch ein erster Versuch, die Spaltung des Dorfes in Nord und Süd zu überwinden. Deshalb hatten wir auch ganz bewusst den heutigen Standort zwischen den beiden Ortsteilen ausgewählt. Und wie man sieht, ist dieses Vorhaben auch richtig aufgegangen. Dies war aber erst der Anfang, in der Folge konnten wir das alte Schallerhaus in ein modernes Gemeindeamt umwandeln und anschließend mit der neuen Volksschule ein wahres Schmuckstück errichten, das heute noch für viele anderen Gemeinden als eine Art Vorbild dient
Haller Blatt: All diese Projekte waren nicht ganz unumstritten, es gab durchaus auch Kritik im Vorfeld. Wie war ihr Umgang damit? Peter Hanser: Der frühere Finanzlandesrat Eberl hat einmal zu mir gemeint, dass „es solche gibt, die nur verwalten, und dann solche, die auch gestalten“. Das war immer meine Triebfeder in der Gemeindepolitik, ich wollte etwas für die Menschen im Dorf schaffen und die Dorfgemeinschaft weiterentwickeln. Natürlich habe ich die Kritik ernst genommen, aber war immer der Meinung, dass bei all diesen Projekten die Qualität stimmen müsse. Daher gab es auch immer einen architektonischen Wettbewerb, so konnten wir sicher sein, ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erhalten. Im Vorfeld waren auch die Abteilung für Dorferneuerung des Landes Tirol sowie die Architektenkammer eingebunden.
Haller Blatt: Worauf sind Sie in Ihrer Karriere als Bürgermeister von Mils am meisten stolz?
Peter Hanser: Dies ist sicherlich die Gestaltung des neuen Dorfzentrums, die über Jahre an Vorbereitung in Anspruch genommen hatte. Es mussten dazu mehrere Grundstücke erworben werden, wobei die Verhandlungen bisweilen mehr als schwierig waren. Jetzt besitzt das Dorf aber ein richtiges Zentrum, das auch von der Bevölkerung angenommen wird. Es war dies eine einmalige Chance, die man einfach nicht verspielen durfte. Hier ist es mit allen Fraktionen im Gemeinderat und mit Einbindung der Bevölkerung gelungen, ein wahres Schmuckstück zu schaffen. Auch wenn die Kosten schlussendlich durch einige Nachjustierungen um einiges höher lagen – es hat sich gelohnt. Wir haben aber auch als Gemeinde über die nötigen Einnahmen verfügt, um uns dies leisten zu können. Mein Herzblut hängt jedoch am betreuten Wohnen, das wir im Rahmen der Neugestaltung des Dorfzentrums eingerichtet haben. Wir konnten hier eine wirklich tolle Lösung finden, unser Konzept mit bestens ausgebildeten Mitarbeiterinnen, einer hochwertigen Ausstattung und einem konkurrenzlosen Preis ist voll aufgegangen. Ich freue mich immer, wenn mir bei meinen Besuchen die Bewohnerinnen und Bewohner dafür danken, wie toll es hier im Haus ist.
Haller Blatt: Abgesehen von den baulichen Errungenschaften, welche Bereiche sind Ihnen als Bürgermeister am Herzen gelegen?
Peter Hanser: Die Kinderbetreuung gehört zu den wesentlichen Aufgaben einer Gemeinde. Wir haben es in Mils immer geschafft, einen Platz für alle Kinder im Dorf zu haben, da wir versuchen, dass die jungen Familien in der Gemeinde bleiben können. Neben den Kindern und Familien zählt die Schaffung von leistbarem Wohnraum zu den weiteren Kernaktivitäten. Mils ist dabei eine der ganz wenigen Gemeinden, die auch selber Wohnungen errichtet hat. Auch bei den gewerblichen Bauträgern habe ich stets darauf geachtet, dass die Vergabe der geförderten Wohnungen in den Händen der Gemeinde bleibt.
Haller Blatt: Eine so lange Zeit an der Gemeindespitze wird nicht immer nur Höhen gebracht haben. Gibt es auch Entscheidungen, die Sie bereuen oder die Sie nun anders treffen würden?
Peter Hanser: Bereuen tu ich auf jeden Fall, dass ich die Entscheidung über die damalige Spange Ost nicht doch dem Gemeinderat überlassen und mich zu einer Volksbefragung überreden habe lassen. Ich habe im Vorfeld sicher falsch eingeschätzt, dass dieses Thema viel zu emotional behandelt wird. Im Vorfeld der Gemeinderatswahl 2016 ist es dann zu einem reinen Politikum geworden, was der ganzen Sache keinesfalls gedient hat. Dadurch ist auch in meiner Fraktion ein Riss durch die Reihen gegangen, sodass ich nicht sicher sein konnte, bei einer Abstimmung über die nötige Mehrheit zu verfügen. Enttäuscht hat mich dann vor allem, dass ausgesprochene Gegner dieser Verkehrslösung es nach der Wahl abgelehnt haben, sich aktiv im Verkehrsausschuss zu diesem Thema weiter einzubringen. Gerade die, die zur Emotionalisierung dieser Thematik beigetragen haben, haben sich dann wieder aus der Verantwortung gestohlen.
Haller Blatt: Welchen Rat würden Sie jemandem Jungen geben, der in die Politik einsteigen will?
Peter Hanser: Ich kann jedem nur raten, in die Gemeindepolitik zu gehen, auch wenn nur für eine Funktionsperiode. Man lernt hier viel für das Leben, muss sich aber bewusst sein, dass man etwas für die Gemeinschaft tun will. Wer Eigeninteressen verfolgt, ist hier nämlich fehl am Platz, es muss auch jede /jeder einen eigenen Stil entwickeln und darauf achten, stets auf der Sachebene zu arbeiten.
Haller Blatt: Wie sehen Sie die Zukunft von Mils, wo würden Sie noch den Hebel ansetzen? Gibt es schon konkrete Vorstellungen bezüglich Ihrer Nachfolge?
Peter Hanser: Ich getraue mich schon zu sagen, dass ich ein wohl bestelltes Haus übergeben werde und Mils mit allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die nächsten Jahre gut aufgestellt ist. Wichtig ist es, den dörflichen Kern der Gemeinde zu erhalten und zu verhindern, dass es zu einer Verstädterung kommt, d.h., es muss zuerst der Baulandüberhang abgebaut werden, ehe es zu Neuwidmungen kommt. Bezüglich meiner Nachfolge habe ich schon konkrete Vorstellungen, möchte diese aber erst zu gegebener Zeit bekannt machen. Ob ich diese Periode ganz fertig mache oder eventuell bereits etwas früher mein Amt zurücklege, das ist noch Gegenstand von Überlegungen.
Haller Blatt: Herr Bürgermeister, wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen das Beste für Ihre zünftige Politpension.
Quelle: Haller Blatt 4. März 2021