Er war einer der größten Alpinisten Tirols, Gefährte des Asienforschers Herbert Tichy und Kletterpartner des unvergessenen Hermann Buhl. 60 Jahre sind vergangen, seit er seinen Gipfelsieg am Cho Oyu feierte und 20 Jahre seit seinem Tod.
Sei es kindliche Prägung oder genetische Disposition, jedenfalls scheint er die Liebe zum Bergsteigen von seinem Vater mitbekommen zu haben, der – selbst ein bekannter Alpinist – ihn schon als Kind in die Berge mitnahm. Als Jugendlicher holte er sich an den Zinnen und Zacken rund um die Steinseehütte (unweit seines Geburtsortes Landeck) das Rüstzeug für seine späteren Spitzenleistungen.
Schon früh wurde er in den illustren Kreis des alpinen Klubs „Karwendler“ aufgenommen, wo er Hermann Buhl kennenlernte, der ihn sich zum Partner für seine schwierigsten Unternehmungen erwählte und wen Buhl als Seilgefährten akzeptierte, der musste schon aus besonderem Holz geschnitzt sein. 1952 wagten sich die beiden an die damals größte Herausforderung der Bergsteigerelite, an die Eiger-Nordwand. Dort erlebte Jöchler auch die wohl furchtbarste Nacht seines Lebens, auf schmaler Leiste an zwei Haken gebunden, mit den Kleidern am Fels angefroren, dem Heulen des Sturms und dem Brausen der Lawinen ringsum ausgesetzt. Mit letzter Willensanstrengung schafften sie die Todeswand (8. Begehung). Weitere Highlights im Höhenbergsteigen waren die ebenfalls achte und erste österreichische Durchsteigung der Nordwand des Matterhorns und der Nordwand des Dent d’Herens.
In den Felstürmen der Dolomiten bewies er seine exzellente Klettertechnik und bezwang u.a.den Tofanapfeiler (4. Begehung mit Buhl) und die Nordwand der Großen Zinne (10. Begehung mit Ernst Senn) – dies alles noch ohne moderne Sicherungsmittel.
Wegen seiner extremen Alpentouren, seinen Winterbegehungen und Gratüberschreitungen in den Tiroler Bergen lud ihn Herbert Tichy, der Asienforscher und Nepalkenner, zu einer Himalajaexpedition ein, für die Tichy einen exzellenten und erfahrenen Alpinisten suchte (er selbst bezeichnete sich als „Nichtbergsteiger“). Erst wenige Achttausender waren zu dieser Zeit bestiegen, auch der Cho Oyu, “die Göttin in Türkis“, mit 8188 m der sechsthöchste Berg der Erde, war noch jungfräulich.
Jöchler war von diesem Unternehmen so begeistert, dass er sein ganzes berufliches Fortkommen opferte. Er kündigte seinen Job, verabschiedete sich für ein halbes Jahr von seiner jungen Frau und zog mit Tichy und dem Innsbrucker Geographen Heuberger nach Nepal. Die folgende Expedition gilt auch deshalb als Meilenstein des Höhenbergsteigens, weil man auf den damals üblichen aufwändigen und teuren Expeditionsstil verzichtete, sondern nur mit kleiner Mannschaft (sieben Sherpas neben den drei Österreichern), bescheidenster Ausrüstung und ohne Benützung von Flaschensauerstoff zum Gipfel aufbrach – Umstände, die heute noch Reinhold Messner höchste Anerkennung entlocken,auch für ihn war es die „schönste Besteigung“ („Land der Berge“, ORF).
Auf 7.000 Meter verwüstete ein orkanartiger Schneesturm mit 120 km/h und 30 Grad unter null das Lager IV und sie entkamen nur knapp dem Tod. Beim Versuch die Zelte zu retten, verlor Tichy die Fäustlinge und zog sich schwere Erfrierungen zu – eine zusätzliche Erschwernis vor allem für Jöchler, den Bergsteiger des Unternehmens, denn Tichy konnte kaum mehr einen Handgriff ausüben. Dennoch wagten sie mit einer „fast wilden Begierde, das Leben und seine äußersten Möglichkeiten zu erproben“ (Tichy) das letzte Teilstück und am 19. Oktober 1954 stand Jöchler zusammen mit Tichy und Sherpa Pasang am Gipfel des Himalajariesen, überwältigt von Emotionen. Zeit und Raum schienen eins zu sein, die Nähe zum Himmel spürbar. Für Jöchler war es die Sternstunde seiner Bergsteigerlaufbahn. Er war nach Buhls Sieg am Nanga Parbat der zweite Tiroler, der einen Achttausender bezwungen hatte.
Für einen Nichtbergsteiger ist es kaum möglich, das Faszinierende am extremen Bergsteigen nachzuvollziehen. Ist es eine „nicht beschreibbare Sucht“, wie Jöchlers Frau meint und Sohn Sepp – heute ebenfalls Bergsteiger – als „Bedürfnis“ bezeichnet? Ein Extremsport? Ein Naturerlebnis? Eine Mischung aus Demut, kindlicher Abenteuerlust und unbeschreiblichem Stolz? Die Auslotung der eigenen Grenzen, eine Art Lebensschule? Vielleicht eine Parabel des Lebens überhaupt? Im Falle Jöchler schwer einzuordnen, denn er gehörte nicht zu jenen, die ihre Bergerfolge medial ausschlachteten, Bücher veröffentlichten oder Vortragsreisen unternahmen. Hingabe, Entschlossenheit, Ehrgeiz und körperliche Fitness muss er jedenfalls besessen haben.
Derlei Eigenschaften dienen auch der Bewältigung des Lebens an sich, die Souveränität in der Senkrechten übertrug sich auf seinen Charakter, bescherte ihm ein realistisches Einschätzungsvermögen und ließ ihn auch in schwierigen Situationen gelassen bleiben.
Als Verantwortlicher der Firma Swarovski für das Bauwesen ergab sich auch sein Bezug zu Mils, denn er war für Planung und Errichtung des neuen Siedlungsgebietes auf der „Milser Heide“ zuständig und bezog dort selbst im Dezember 1963 mit seiner Familie das neu erbaute Eigenheim. In den 1970er Jahren bekam auch er die Folgen der Rezession zu spüren und musste sich ein neues Betätigungsfeld suchen. Bis zu seiner Pensionierung wirkte er als Bausachverständiger im Amt der Tiroler Landesregierung und bis zuletzt stellte er sein fachliches Wissen als Geschäftsführer einer Wohn- und Siedlungsgesellschaft zur Verfügung.
Sein feinsinniges Wesen befähigte ihn, auf Mitmenschen einzugehen und ließen ihn – auch außerhalb der Klettergemeinschaft – zu einer geschätzten und geachteten Persönlichkeit werden. Noch Jahre nach dem Gipfelsieg am Cho Oyu schwärmte Herbert Tichy vom Gemeinschaftserlebnis und schrieb: „Wenn wir uns erinnern an diese Zeit, so bleibt weniger das Extreme, sondern eher die Harmonie und die Schönheit in Erinnerung – der Stunden, der Landschaft und der umgebenden Menschen.“
Daten
- Geboren am 6.5.1923 in Landeck; gest. 2.3.1994
- HTL-Abschluss, Baumeisterprüfung.
- Hochzeit 1952 mit Zita Ramoser
- 3 Kinder: Barbara, Sepp, Peter
- Baumeister, Baubüro Svarovski, Land Tirol.
Quelle: Milser Dorfblatt 10_2014
Josef Waldner 4.11.2014