Am 29. Juni 2018 schloss Doktor Reinhold Steiner die Pforten der Ordination, die er zusammen mit seiner Frau Annemarie dreieinhalb Jahrzehnte lang betrieb.
Die Menschen, die in die Ordination kamen, waren bunt gemischt. Neben vielen Milsern kamen PatientInnen von Wattens bis Tulfes zu ihnen. Die Ratsuchenden wussten die Kompetenz und die Erfahrung zu schätzen und kamen oftmals noch, bevor sie ins Krankenhaus fuhren. „Früher führten wir in unserer Ordination noch viele Dinge durch, die heute nur mehr im Krankenhaus gemacht werden, wie zum Beispiel das Veröden von Krampfadern, das Nähen von Wunden oder den Erstverband bei Verletzungen“, erzählt der Mediziner Reinhold Steiner.
Vielseitigkeit
Diese Vielseitigkeit ist es, die den Beruf für ihn so interessant macht. Gerne zieht er den Vergleich zu einem Zehnkämpfer: Wie dieser muss auch der praktische Arzt in unterschiedlichen Disziplinen fit sein. „Jeden Tag hatte ich mit dem vollen Repertoire zu tun, dadurch stumpft man nicht ab. Das war fantastisch“, freut sich Dr. Steiner, ein Arzt mit Leib und Seele.
Für ihn waren auch Hausbesuche am Tag und bei Nacht gang und gäbe. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Die Hausbesuche gingen in den letzten Jahren zwar zurück, aber immer wieder versorgte er akut erkrankte Menschen am Bett im eigenen Schlafzimmer.
Sache der Familie
Sein Medizinstudium absolvierte Reinhold Steiner in Innsbruck, danach arbeitete er als Militärarzt in der Stellungskommission in Schärding, Oberösterreich. Nach einiger Zeit als praktischer Arzt in Hall eröffnete er im Jahre 1983 zusammen mit seiner Frau die Ordination in Mils. Annemarie Steiner, eine ausgebildete und erfahrene Stations- und Intensivschwester, unterstützte ihren Mann seither in vielen Bereichen, angefangen von der Administration bis zur medizinischen Betreuung.
Zudem machen zwei Mädchen, Zwillinge, die Familie Steiner komplett. Sie wuchsen mit Leidenschaft in die Medizin hinein und sind heute als Intensivschwester und als Ärztin tätig.
Wichtig: Gespräch
„Für mich war es immer wichtig, offen mit dem Patienten zu sprechen. Ihn über die Krankheit und die Diagnose aufzuklären, die weitere Behandlung mit möglichen Nebenwirkungen zu besprechen und Medikamente nur zu verschreiben, wenn sie absolut notwendig waren“, schildert der Arzt. Ein geschätzter Ansatz. Zudem wollte er den Menschen die Angst nehmen und erklärte ihnen die Krankheiten und ihre Symptome. Besonders bei telefonischen Nachfragen führte er eine gewisse Strenge ein, die für ihn Unbedenkliches auch für die Betroffenen schnell als harmlos erscheinen ließ.
Eigentlich hätte er ja gerne noch ein paar Jahre weitergemacht, doch die überbordende Bürokratie veranlasste ihn letztendlich aufzuhören. „Neben der Bürokratie hat die Juristerei die Medizin fest im Griff“, stellt der erfahrene Mediziner fest, „was wir heute machen, ist vielfach eine Absicherungsmedizin, die oft unnötige Untersuchungen vorschreibt, nur um sicherzugehen, dass ja nichts übersehen wird. Die Folgen sind überhöhte Kosten und zusätzliche Belastungen, die jeden Mediziner jeglicher Freiheit berauben.“
Die jungen ÄrztInnen von heute würden in diese Vorgehensweisen hineinwachsen. Für ihn als älteren Arzt war es mit ein Grund die Praxis nun im Alter von 65 Jahren zu schließen und mit Freude in den Ruhestand zu gehen. „Pläne dafür gibt es keine“, schmunzelt er und zwinkert.
Quelle: Mein Mils 07/18