Josephinische Kirchenpolitik aus der Sicht eines betroffenen Priesters:
Thomas Popp, Pfarrer in Mils von 1783 – 1824:
Johann Thomas Popp war ein hochgelehrter Priester und tüchtiger Seelsorger. Besondere Verdienste erwarb er sich beim Kirchenbrand und Wiederaufbau sowie als Verfasser lateinischer Gedichte.191) Am 15.Mai 1800 wurde er zum geistlichen Rat und Rector des Priesterseminars vom damaligen Fürstbischof ernannt, doch kehrte er auf Bitten seiner Pfarrkinder nach Mils zurück und blieb dort bis zum Jahre 1824. Wegen Gebrechlichkeit und Krankheit begab er sich nach Hall und starb dort als Waldauf ‑Benefiziat am 30.April 1827 im Alter von 82 Jahren.
„Das Leben Kaiser Josephs II. war eine wunderbare Kette von Seltenheiten; er reiste nach Rom, Frankreich und Peters-burg. Zum zweitenmal machte er der Kaiserin in Russland einen Besuch. Nach dem Tod seiner Mutter fing er an, allen Dingen eine neue Gestalt zu geben. Am 1.Jänner 1784 wurden alle Bruderschaften und Kongregationen auf Befehl Seiner Majestät aufgehoben und dafür die tätige Liebe des Nächsten eingesetzt. Weiters wurden alle Kreuzgänge außer den haupt-vier-Kreuzgängen eingestellt, viele Kirchen entweiht, verkauft und niedergerissen, alle silbernen Opfer und alle sogenannten Votivtafeln aus den Kirchen geschaffen, die General-Seminarien eingesetzt, viele Geistliche aus den Klöstern zur Aushilfe in die Seelsorge versetzt, die Grenzen der Bistümer und Pfarreien abgeändert; dazu kam für die Geistlichen die Religions- und Seminarsteuer auf; so mußte der Pfarrer von Mils 53 fl 48 1/3 kr Religionssteuer und 1 fl 30 kr Seminarsteuer ohne Gnade zahlen. Ebenso wurden Stolgebühren und Opfer benommen; es blieben nur noch die Begräbnisgelder. Messgehälter, Feierabend- und Wetterläuten wurden bei höchster Strafe verboten. Die Seelsorger mußten dabei erbärmlich leiden, denn die Bauern schlugen die Kirchturmtür ein und läuteten wie zuvor.
In diesem Zusammenhang trug sich am 5.Juli 1784 folgendes zu: „Abends entstand nach 9 Uhr ein schreckliches Gewitter mit starkem Schauer, der großen Schaden machte. Natürlich hatte das Verbot des Wetterläutens allein die Schuld, weshalb das Volk über die Obrigkeit und den Pfarrer schimpfte. Am 17.Juli kam wieder ein Ungewitter wobei nicht vom Messdiener, sondern von der Nachbarschaft geläutet wurde, doch es entstand wie vorher großer Schaden, besonders an der Gerste, welche an einigen Orten abgemäht werden mußte. Der Lärm und der Tumult wegen des Wetterläutens war in allen Dörfern. So läuteten in Absam die Weiber, in Thaur wurde sogar die Tür zum Glockenhaus erbrochen.“
Unter Joseph II. wurden sämtliche Kirchweihfeste auf denselben Tag verlegt. Die Stifte und Frauenklöster waren bereits alle aufgehoben. Die Josephinische Klosteraufhebung von 1780 kam der Pfarre zugute. Die drei prunkvollen Frühbarockaltäre stammen nämlich aus der ehemaligen Regelhauskirche in Innsbruck und wurden, nachdem die alten Altäre beim Brand von 1791 vernichtet wurden, zum Schmuck der neuen Kirche.
„1785 kam der allerhöchste Befehl, alle bekleideten Bilder in den Kirchen zu entfernen oder zu entkleiden. So mußte auch das hiesige Gnadenbild entkleidet werden, was der Meßner Josef Jung in aller Stille besorgte, ohne daß es Verdrießlichkeiten gab. Nach dem Tod des Kaisers wurde es wieder bekleidet, wie auch sämtliche Andachten nach seinem Tod wieder gehalten wurden. Nachdem Josef II. am 20.März 1790 gestorben war, folgte sein Bruder Leopold, Großherzog von Toskana und friedvoller Monarch, auf den Thron. Unter Leopold wurden die Bruderschaften wieder zugelassen, ebenso die Kreuzgänge.
Quelle:
Hanspeter Tiefenthaler, ZUR PFARRGESCHICHTE VON MILS, Diplomarbeit, Innsbruck 1984