MILSER GESCHICHTE(N)
bearbeitet und erzählt von Mag. Fritz Tiefenthaler
Die Primiz
Am Herz-Jesu-Sonntag feiert Hw. H. Dekan Monsignore Josef Tiefenthaler, seit 1974 Pfarrer in Silz, mit den Milsern sein Goldenes Priesterjubiläum. Diakon Hermann Gäck feiert am gleichen Tag den 25. Jahrestag seiner Diakonweihe. Die Priesterweihe Josef Tiefenthalers am 29. Juni 1959 in Hall und die Primiz am 5. Juli 1959 waren für den damals noch relativ kleinen Ort Ereignisse, an denen das ganze Dorf beteiligt war und über die noch jahrelang gesprochen wurde. Ich selbst, damals gerade 7 Jahre alt, wurde in meiner Familie noch viele Jahre aufgezogen, weil ich nach dem gut gelungenen Begrüßungsgedicht beim vorabendlichen Empfang vor der „Taubstummeninstitut“ vergessen hatte, dem Primizianten den Blumenstrauß zu überreichen. Fotos belegen, dass ich ihn noch viel später mit mir herumgetragen habe, um ihn dann doch ganz stolz – immerhin war ich der damals noch einzige Neffe -, direkt am Elternhaus zu übergeben.
In der Schützenchronik schreibt Oberleutnant und Chronist Hans Volgger (Chronist von 1953–1985) sehr ausführlich über die seltenen Feiertage. Ich übernehme, als sein Nachfolger in der Führung der Chronik, wörtlich und ohne Korrektur, seinen in Kurrentschrift verfassten Bericht.
4. und 5. Juli 1959
Diese Tage müssten in den Analen der Gemeindegeschichte mit goldenen Lettern eingetragen werden, denn es wurde nach 78 Jahren in Mils eine Primiz gefeiert. Am Samstag, den 4. Juli abends wurde der Hochwürdige Herr Primiziant Josef Tiefenthaler, Sohn des Johann und der Aloisia, geb. Strasser, Mils Nr. 9, beim Taubstummeninstitut, woselbst ein schöner Triumphbogen errichtet wurde unter Böllerknall und mit Musik feierlich empfangen.
Er wurde von Seite der Gemeinde herzlich in seiner Heimat willkommen geheißen. Schulkinder und Dorfjugend begrüßten ihn mit sinnigen Worten. Unter schneidigen Märschen, Glockengeläute und Böllerknall wurde er dann zur Kirche begleitet. Unsere Schützenkompanie und man kann sagen die ganze Gemeinde gab ihm das Geleit. Nach einer kurzen Feier in der Kirche begleitete man ihn zu seinem Vaterhaus. Beim Dunkelwerden entzündeten Dorfburschen ein schönes Flammenkreuz am Bettelwurf. Auf dem Turmkreuz erstrahlte ein schönes weitum sichtbares elektrisches Kreuz.
(Anmerkung meinerseits: Bei der Montage der Lampen hatte der Cousin des Primizianten am Vortag auf dem Turmkreuz in schwindelnder Höhe einen Handstand gemacht.)
Besonders zu erwähnen ist die überaus festliche Gestaltung der Häuser und der Wege. Triumphpforten wurden errichtet beim Taubstummeninstitut von der Feuerwehr und der Musik, beim Hirschhuber, vulgo Jud, wurde eine schöne von den Schützen aufgestellt. Die Wege wurden mit Gras- und Blumenteppichen belegt. Das Vaterhaus sowie das Kirchenportal wurden überaus schön von der katholischen Jungschar unter Führung der Strasser Sofie mit Girlanden und sinnvollen Bildern und Sprüchen geschmückt. Das ganze Dorf prangte im Fahnenschmuck.
Ein strahlend schöner Sonntag brach an. Um 4 Uhr wurde die Bevölkerung durch Böllerschüsse und feierliches Glockengeläut vom Schlaf gerüttelt. Die Milser feierten einen ihrer schönsten Festtage, Primiz eines der Ihrigen. Es sei vermerkt, dass die vorherigen Tage immer unfreundlich und regnerisch waren, und dieser Sonntag war einmalig schön.
Um 8.30 Uhr wurde der Hochwürdige Herr Primiziant von den Schützen, der Musik, der Gemeindevertretung sowie der gesamten Bevölkerung und vielen Festgästen von seinem Elternhaus abgeholt. In feierlicher Prozession unter schneidigen Märschen, Böllerknall und Glockengeläut wurde zur Kirche geschritten, wo der Primiziant ein feierliches Primizamt zelebrierte. Die Primizpredigt, gehalten von Hochwürdigen Herrn Steinringer, Spiritual, wurde sogar mittels Lautsprecheranlage auf den Kirchplatz übertragen, damit die vielen Leute, die in der Kirche keinen Platz mehr bekamen, sie hörten. Die Kompanie gab während des Hochamtes exakte Ehrensalven ab.
Nach der kirchlichen Feier formierte sich der Festzug, um den Primizianten und seine Festgästen zum Primizmahl, welches im Taubstummeninstitut gegeben wurde, zu begleiten. Musik und Schützen marschierten zurück zum Gasthof Tiefenthaler, woselbst diese Getränk und Essen bekamen.
In gleicher Weise wurde um 15.30 Uhr zur Kirche gezogen, wo eine feierliche Vesper gehalten wurde von den vielen Priestern, die an dieser Feier teilnahmen. Die Schützen nahmen in der Mitte der Kirche während der Feier Aufstellung. Ein denkwürdig schöner Tag klang aus und ein jeder, der ihn mitmachen durfte, wird an diesen so harmonisch gestalteten Festtag mit freudiger Erinnerung zurück denken.
Quelle: Dorfblatt 07–2009