Moral mit doppeltem Boden
Das Theaterstück “Das sündige Dorf” ist nun auch in Mils angelangt
– Theaterkritik von Peter Teyml
Es mag verwunderlich sein, wenn zwei Laienbühnen von im gleichen Bezirk liegenden Orten dieselbe Bauernkomödie zum Besten geben. Aber es kann auch neugierig machen, wie verschieden die jeweilige Regie bzw. das jeweilige Ensemble das Stück umsetzen, die Rollen anlegen und die Gewichtung der Botschaften bestimmen.
MILS. Nach der Première und einigen Vorstellungen des Rumer Theatervereins im FoRum fand nun die Première des bayrischen Stücks „Das sündige Dorf“ von Max Neal in der Interpretation von Spielleiterin Helga Föger-Pittl mit der Volksbühne Mils im dortigen Vereinshaus statt.
In der stimmigen Bauernstube (Ausstattungslob an Mathias Pittl, Marco Leidlmair & Christian Gugler!) entwickelt sich die geheimnisvolle Story um den Großbauern Stangassinger, seiner Frau und seinen zwei Söhnen, die beide in das gleiche Mädel vernarrt sind. Dass unter der Oberfläche einer scheinbar heilen Welt auch Anderes, Verdrängtes, Verleugnetes existiert, wird nach und nach klar, die Auflösung lässt natürlich auf sich warten und hält so die Spannung des Geschehens bis zum erlösenden Schluss im dritten Akt.
Marco Leidlmair und Lukas Pittl sind die Brüder und jungen Streithähne, die recht emotional um die Gunst der armen, aber tüchtigen und hübschen Vevi buhlen. Hermann Oberthanner ist der schlichte Knecht Hans, Christian Pittl gefällt als wohlhabender Bauer Vogelhuber und Helmut Leitner gibt glaubwürdig den Bürgermeister von Heimhausen. Victoria Lechner als Vevi und Simone Stern als Afra lassen in ihrem Bühnendebüt schon Freude am Spiel und Entwicklungspotential erkennen, Ulli Peer als Bäuerin Stasi glaubt man gerne den inneren Konflikt, den sie lange alleine austragen muss.
Das Stück lebt zweifellos am meisten von den zwei Figuren Altbauer Stangassinger und Gelegenheitsarbeiter Korbinian. Josef Pittl ist ein zwingend überzeugender Altbauer, der mit der Doppelmoral und seiner Rolle als Familienchef seine liebe Not hat, lebendig und temperamentvoll umgesetzt, Peter Arnold verwirklicht konsequent expressiv die Rolle des schlitzohrigen Erpressers und Schnapsfreundes Korbinian und erntet damit häufigen Szenenapplaus. Durch das Eingestehen von Jugendsünden des alten Ehepaares ist der Friede am Ende überraschend eingekehrt und quasi „Sexualparität“ hergestellt – insofern ein durchaus modernes Happy End in einem sonst gesellschaftlich rückwärts gewandtem Stück.
Fazit: Eine schön durchkomponierte Produktion mit einer Botschaft ohne lästigem Zeigefinger; ambitionierte Akteure und Helfer, bis 14. Mai in Mils zu sehen.
Peter Teyml
Quelle: Bezirksblatt Mai 2011
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