Die belegbare Theatergeschichte von Mils reicht bis vor jener Zeit zurück, in der Maria Theresia das Volksschauspiel in Tirol mit Verboten belegte. Es sei zu abergläubisch hieß es offiziell. Und inoffiziell? Volksschauspiel ist eine Sache von Gemeinschaften einfacher Menschen. Wenn die sich zusammentun, ist das der Obrigkeit nicht immer geheuer. Wenn das Dorf spielt, beginnen die Menschen sich zu artikulieren und freier zu bewegen. Und das kann unangenehm werden für die Obrigkeit, die „alles für das Volk, aber nicht durch das Volk“ regeln will.
Alte Stiche aus den Jahren um 1835 beweisen das rege Theaterleben in früheren Zeiten, deshalb zählt Mils zu den ältesten Theaterdörfern Tirols. Einigermaßen regelmäßig aufgezeichnete Spieldaten aus Mils gibt es erst seit der Zwischenkriegszeit dieses Jahrhunderts. In den 20iger Jahren muss die Spielfreude sehr groß gewesen sein. Ab dem Jahre 1925 kam es zu zahlreichen Aufführungen nachstehender Stücke:
- „Die Junggesellensteuer“ von Alois Gfall
- „Der G’moanlump“ von Alois Stöger
- „Der Naz“ von Franz Kranebitter
- „s’Küraschwasser“ von Rudolf Greinz
- „Der Lembacher Sepp“ von Josef Glatzl
- „Der Zauberstab“ von Josef Glatzl
- „Michl der kühne Luftschiffer“ von Karl Schierhorst
- „Die Hexenlinde im Dohlengrunde“ von F.S.Langer
- „Die Räuber vom Glockenhof“ von Josefine Weiß
Die ersten Glockenhofer
Willi Hirschhuber war der Initiator des Theaterspielens, welche Stücke gespielt werden durften, bestimmte Pfarrer Josef Sieberer.
Die Gäste kamen damals zu Fuß von den umliegenden Dörfern. Jedes der Stücke erlebte drei Aufführungen. Wie groß muss das Ensemble gewesen sein, um diese Programm abwickeln zu können? Wie viel Zeit musste für Proben zur Verfügung gestanden haben? Welchen Anspruch hatten die Zuschauer? Die Fragen bleiben ein Rätsel. Autoren schienen in dieser Zeit jedenfalls viel stärker gefordert worden zu sein, als heute. Wenige von ihnen haben sich lange gehalten. Namen wie
Liesl Hafner Mit dem Stück „Anderl von Rinn“, Simon Holzhammer mit „Die Hirschenrosl“, od. „Das Geheimnis des Birkhofers“, Josef M. Reiner mit „s’Kasermandl“, Jakob Rauter mit „Badewaschl u. Hexenschuß“, allesamt mit großem Erfolg in den zwanziger Jahren aufgeführt, sind heute vergessen, die Stücke verschollen. Bis 1933 wurde in der Veranda des Gasthauses „Lorer“ gespielt.
1933 wurde das Vereinshaus von Mitgliedern des „Katholischen Arbeitervereins“ unter der Leitung des damaligen Direktors des Landestaubstummeninstitutes Josef Sieberer erbaut und im Herbst des gleichen Jahres feierlich eingeweiht. So wurden für die damalige Zeit beste Voraussetzungen für das Theaterspielen geschaffen. Der Höhepunkt in dieser Zeit war wieder die Aufführung der „Räuber vom Glockenhof“ von Josefine Weiß.
1938 hat man den Verein auf Grund der politischen Veränderungen in Europa verboten und aufgelöst. Das Vereinshaus nahm die Deutsche Arbeiter- Front in Besitz. Es wurde aber trotzdem, wie es für Mils üblich war, Theater gespielt.
1940 wurde das Vereinshaus von der Gemeinde Mils um 10.000 Reichsmark wieder angekauft. Obwohl der „Zweite Weltkrieg“ voll im Gange war, spielte man „Die drei Dorfheiligen“ von Neal u. Ferner. Ein Zeitzeuge berichtet, wie Dir. Glatzl das Stück „Um Haus und Hof“ zur Aufführung bringen wollte, aber die Spieler, die er eingeplant hatte, plötzlich zum Militär eingezogen wurden.„Die drei Eisbären“ (1940) „Anderls Bekehrung“.
1943 wurde im gemeindeeigenen Vereinshaus eine SS-Mannschaft einquartiert und 1944 von der Wehrmacht in Anspruch genommen. Somit hatte die Kulturstätte ausgedient.
1945 – nach Kriegsende – wurde das Vereinshaus als „Deutsches Eigentum“ erklärt, aber durch ein aufwändiges Rückstellungsverfahren gelangte es wieder in Gemeindeeigentum zurück.
1947 gründete Oberlehrer Josef Glatzl die „Sing- und Spielgemeinschaft Mils“, die den Verein zu sozialen Zwecken nützte. So bestand das Spielerteam der Stücke„Um Recht und Ehr“ u. „Die Räuber vom Glockenhof“ (1946 u. 1947) aus„Milser Heimkehrern .“.Theater zum Zweck der sozialen Integration und als Mittel zur Bewältigung der Vergangenheit.
Unter der Leitung Glatzls erlebte Mils bis 1957 eine Hochblüte, vor allem mit Klassikern des Volkstheaters, und auch wieder mit den „Räubern vom Glockenhof“.
1968 trat Otto Ebenbichler in die Fußstapfen seines Vorgängers, der berufsbedingt Mils verließ. Publikumshits waren u.a. „Die drei Dorfheiligen“ u. “ Der verkaufte Großvater“, diese Aufführung stand für die „Tiroler Tageszeitung“ auf „beachtenswerter Höhe“. Sie nahm sie als Vorbild für eine Region, in der ‚in der damaligen Zeit das Theater immer weniger werde. Die warmen Bauernstuben beim Pittl, Auer und Schneider dienten als Proberäume.1963 taucht Hans Arnold immer wieder als eine Säule des Ensembles auf.
1974 wurde das Vereinshaus neuerlich saniert und vergrößert. Anlässlich der Eröffnung brachte der „Oswald Milserchor“ unter Peter Vorhofer in Zusammenarbeit mit Hans Arnold, Bertl Schöpf u. Ekkehard Hahn das Stück „Die Schlafkrankheit“ auf die Bühne und brachten somit wieder Schwung in die Theaterlandschaft. Damit endet der erste Band der Milser Theatergeschichte.
1975 erfolgte die Neugründung der „Volksbühne Mils“ unter Obmann Wörndle Franz und Spielleiter Bertl Schöpf. Die Neugründung war ein Meilenstein in der Jahrhunderte alten Geschichte des Milser Theatergeschehens. Der Verein zählte 30 Mitglieder. Als Obleute folgten Sigi Humer, Peter Arnold und Gitti Schlögl. In den Jahren hat sich die Mitgliederzahl auf 120 erhöht. Besonders große Erfolge feierte man mit den Stücken „Die Räuber vom Glockenhof“, „Der Föhn“, „Die Thurnbacherin“, „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“. Besonders erwähnenswert ist die Mitwirkung bei den Landesspieltagen in Innsbruck (Kammerspiele), in Meran und Klausen, bei denen die Volksbühne Mils die Nordtiroler Bühnen hervorragend vertrat. Im Laufe der Zeit übernahmen neben Bertl Schöpf auch Wörndle Martha, Arnold Markus, Otto Ebenbichler, Otto Walter Ebenbichler, Traudl Humer, Föger Helga und Gitti Schlögl die Regiearbeit. Die bis ins letzte Detail und mit großem Engagement von Bertl Schöpf, Rüdiger Schaft, Heini Moser und Sigi Humer gestalteten Bühnenbilder ernteten große Bewunderung. Nachdem das Vereinshaus Mitte der 90iger Jahre nicht mehr der Größe, Ausstattung u.s.w. entsprach, wurde es neuerlich umgebaut.
Am 5. April 1997 brachte man im Rahmen der Wiedereröffnung unter der Regie von Arnold Markus das Lustspiel „No amol a Lausbua sein“ mit Riesenerfolg auf die Bühne. Anläßlich des 30-Jahrjubiläums der Volksbühne Mils waren wieder „Die Räuber vom Glockenhof“ auf dem Spielplan und kamen neunmal zur Aufführung.
Inzwischen reicht das Repertoire der Stücke von ländlichen Lustspielen über Boulevardkomödien bis hin zu Klassikern. Man ist bemüht, im Frühjahr und im Herbst gutes und abwechslungsreiches Theater zu spielen.