Böllerschießen in Mils – schon 1783 belegt:
Aufzeichnungen von Pfarrer Popp in der Kirchenchronik schildern eindrucksvoll einen unerwarteten hohen Besuch Ihrer königliche Hoheit, Erzherzogin Elisabeth, von Graf von Lodron und Graf von Wolkenstein mit Gemahlinnen und einem großen Gefolge, der am 22.3.1783 mit Böllerschießen in Mils begrüßt wurden. Dies bezeugt, dass das Böllerschießen zu besonderen Anlässen und vor allem an hohen Feiertagen auf eine lange Tradition in Mils zurückblicken kann.
Leider hat es auch Unglücksfälle beim Böllerschießen gegeben, wobei wohl der folgenschwerste Unfall, am 5. Juni 1931, ein tödliches Ende genommen hat. Der Schützenkamerad Josef Pfitscher hatte nämlich beim Böllerschießen schwerste Verbrennungen erlitten und verstarb am nächsten Tag an den Folgen dieser Verletzungen im Krankenhaus in Hall. Man erzählt sich, dass er lichterloh brennend noch bis ins Unterdorf gerannt und bei sich zu Hause in den Brunnen gesprungen sei, was sein Leben allerdings nicht mehr retten konnte. Ein Marterl an der Außenseite der südlichen Friedhofsmauer erinnert an diesen tragischen Unfall.
Auch Albert Wasle, Jahrgang 1932, wurde 1952 beim Böllerschießen am Schlossanger von einer Stichflamme erfasst, als er gerade einen abgeschossenen Böller, wahrscheinlich zu früh, wieder mit Schießpulver befüllen wollte. Zum Glück hatte er eine Lederjacke getragen, die zwar das Schlimmste abhalten konnte, ihn allerdings nicht vor Verbrennungen an Händen und Armen bewahren konnte. Mit brennenden Kleidern sei er davongelaufen und er könne sich heute noch daran erinnern, wie die Burschen geschrien hätten: “Stellt´s ihm das Haxl, stellt´s ihm das Haxl“! Das sei dann auch jemanden gelungen und am Boden liegend habe der ihn durchs Gras gewälzt, bis die letzten Flammen gelöscht waren. Mit der Rettung sei er in die Klinik nach Innsbruck gebracht worden, wobei er das Gespräch der behandelnden Ärzte noch lebhaft in Erinnerung habe, bei dem der eine gemeint habe: “Sollen wir ihn mit einer trocknen oder nassen Maske behandeln!“ Worauf man seinen Kopf mit einer trockenen Maske komplett verbunden habe, nachdem der zweite Arzt gemeint hätte, dass man damit beim letzten Fall eine sehr gute Wirkung erzielt habe. Allerdings war damit auch bestätigt, dass er am Kopf noch weitaus stärkere Verbrennungen abbekommen hatte als an Armen und Händen. An diesem Kopfverband wären nur Mund und Augen frei geblieben und als man ihm diesen nach mehreren Wochen abgenommen habe, hätte der Arzt zu ihm gesagt, er solle ja nicht in den Spiegel schauen, woran er sich auch gehalten habe. Die Brandverletzungen, die er bei diesem Böllerunfall erlitten hat, haben bis heute sichtbare Narben an seinem Körper hinterlassen.
1973 wurde mit einem neuen Pyrotechnik Gesetz das herkömmliche und gefährliche Böllerschießen mit Mörsern verboten. Ab diesem Zeitpunkt durften nur noch zertifizierte Böllerkanonen verwendet werden. Von der BH wird seither für bestimmte Tage und Plätze, ein von der Gemeinde benannter Böllerschütze, per Bescheid zum Böllerschießen mit solchen Kanonen ermächtigt.
Ausgenommen sind Salzburger Prangerstutzen, als einzige Vorderlader, die nicht unter diese Bestimmungen fallen.
1998 wurde nach Vorbesprechungen mit Pfarrer Andreas Hoppichler und Bürgermeisterin Maria Unterberger der Vorschlag von Christian Pittl und Gleichgesinnten, das Böllerschießen an hohen Feiertagen wieder einzuführen, befürwortet und unterstützt.
Mit geliehenen Prangerstutzen aus Mutters wurde am hohen Frauen Tag, den 15. August 1998, um 06.00 Uhr in der Früh, unter begleitendem Großläuten, auf dem Waldweg oberhalb des Haslach Brunnen, wieder Böller geschossen. Und zwar 15 Minuten lang, was von einigen Milsern, die die kirchlichen Feiertage nur zum Ausschlafen brauchen, ziemlich verständnislos aufgenommen wurde.
In der Folge wurden bei einem Salzburger Büchsenmacher 3 Prangerstutzen in Auftrag gegeben, die von der Gemeinde, der Schützenkompanie und vom Matschgererverein gesponsert wurden.
Seit 1999 wird mit diesen drei Stutzen, zu denen sich noch drei weitere in Privatbesitz gesellten, an Fronleichnam und am Herz Jesu Sonntag, um 6 Uhr morgens, am Weg oberhalb vom Haslach, Böller geschossen. Begleitet wird das Schießen vom Großläuten mit allen Kirchenglocken.
Viele Jahre hindurch haben Walter Graus und Christian Pittl die Truppe, bestehend aus 5 bis 6 Burschen, betreut und danach bei einem gemeinsamen Frühstück verköstigt. Mittlerweile ist schon eine jüngere Generation am Werk und führt diesen Brauch in bewährter Tradition fort.
Zu erwähnen wäre vielleicht auch noch, wie Pfarrer Andreas Hoppichler das neu eingeführte Böllerschießen für sein unermüdliches Engagement zur Restaurierung und Erneuerung der Milser Pfarrkirche zu nutzen wusste. Er beorderte nämlich gleich nach dem ersten Feiertagsschießen Christian Pittl zu sich ins Widum und erklärte ihm, dass das gesamte Glockengeläute der Milser Pfarrkirche erneuert werden müsste und dafür 130.000.– Schillinge erforderlich wären. Dass sich Pfarrer Hoppichler eine Sammelaktion zur Einbringung dieses Betrages erwartete, stand damit außer Zweifel und Christian Pittl hatte gar keine andere Wahl, als diese Sammlung zu inszenieren. In etwa 4 Monaten waren 140.000.– Schillinge an Spenden auf den beiden dafür eingerichteten Konten bei Sparkasse und Raika eingegangen. Mit Artikeln in der Dorfzeitung und schriftlichen Spendenaufrufen an Vereine, Organisationen und Gönner, wurde das Projekt beworben. Gesammelt wurden um 10.000.– Schillinge mehr, weil Christian Pittl wollte, dass für diesen Betrag eine elektronische Steuerung zum Großläuten (Gleichklang der großen Glocken) eingebaut wird, was allerdings nie richtig funktionierte und für dessen Instandsetzung und Verwendung sich leider auch nie jemand vom Kirchenrat interessiert hat.
Es war allerdings schon ein beeindruckendes, einmaliges Erlebnis, zu sehen, wie spendenfreudig die Menschen sind, wenn es um den Erhalt und Erneuerungen in der Kirche geht.
Christian Pittl