Musikkapelle: Kurioses aus der Chronik

Ver­fasst 1962 anläss­lich 150 Jah­re Musik­ka­pel­le von Chro­nist Josef Wald­ner sen.

Milser Musik in Leid und Freud!

Die Musik von Mils fei­er­te wie berich­tet, kürz­lich ihren 150jährigen Bestand. Es waren 24 Män­ner, die einst die „Hon­da,„ bil­de­ten. Sie spiel­ten auf all  en übli­chen Instru­men­ten, nur die B‑Trompete fehl­te, die gab es damals noch nicht Schon , im ers­ten Bestands­jahr ent­stand ein poli­ti­scher Kon­flikt, der aus den revo­lu­tio nären Zeit­läuf­ten nach dem Auf­stands­jahr 1809 zu erklä­ren ist. Dar­über berich­te­te zwar nicht der sonst so genaue Chro­nist der Mil­ser Musik, son­dern der tiro­li­sche His­to­ri­ker Fer­di­nand Hirn in sei­nem Werk „Tirol von 1809 bis 1814“. Der bay­ri­sche Gene­ral­kom­mis­sär, Frei­herr von Lerchen­f eld, erwar­te­te anläß­lich sei­nes 40. Ge­burtstages eine Ehrung durch Tiro­ler Schüt­zen und Musi­kan­ten, und der Hal­ler Land­rich­ter bemüh­te sich, mög­lichst vie­le von ihnen zur Hul­di­gung nach Inns­bruck zu brin­gen. Die Mil­ser taten nicht mit und da sie damals im gan­zen Land­ge­richt die ein­zi­ge Musik­ka­pel­le waren, ent­behr­te die Geburts­tags­hul­di­gung einer musikali­schen Umrah­mung. Der Ver­such, bayri­sche Musik­sol­da­ten in Tiro­ler Tracht zu ste­cken, unter­blieb klugerweise.

Die Kapel­le muß­te nach und nach auf­ge­stockt wer­den. 1923 erhielt sie auch eine neue Tracht, die sie noch heu­te trägt. Sie wur­de ent­wor­fen vom Hal­ler Bild­hau­er Josef Bach­lech­ner, und die Anschaf­fung kos­te­te, wie schon erwähnt, 70 Mil­lio­nen Infla­ti­ons­kro­nen. (Die Sta­bi­li­sie­rung er­folgte dann auf der Grund­la­ge 10.000 Kro­nen = ein Schilling.)

In .den ers­ten hun­dert Jah­ren des Bestan­des rück­ten die Tiro­ler Musi­ken bei wei­tem nicht soviel aus wie etwa in der Gegen­wart. Meist nur zu den hohen Fei­er­ta­gen, zu denen nach 1848 auch der Geburts­tag des Kai­sers, der 18. August, gehör­te. Und just am 18. August d. J. fei­er­ten die Mil­ser ihren 150jährigen Be­stand. Spä­ter­hin mehr­ten sich die Aus­rückungen der Musik auch bei Anläs­sen, die eine betont poli­ti­sche Note tru­gen; in der Zeit von 1925 bis 1937 gab es beson­ders vie­le Auf­mär­sche in Inns­bruck. Ob sie nun woll­ten oder nicht, muß­ten auch die Mil­ser Musi­kan­ten mit­tun, was in ihren Rei­hen viel Zwist her­vor­rief. Aus­rückungen for­der­ten von ihnen auch die Nazi, aber bald blie­ben im zwei­ten Welt­krieg nur noch sechs Musi­kan­ten im Dorf, die nicht zur Wehr­macht ein­ge­zo­gen wor­den waren. Sie teil­ten sich  bei Fei­ern auf  die benach­bar­ten Musi­ken auf, zum Schluß waren sie zwangs­wei­se in der vom Gau­lei­ter Hofer gebil­de­ten Standschützenkapelle.

1947 war die Mil­ser Musik wie­der orga­nisiert und beging ihr 135. Gründungs­fest. Es fehl­te aber an Bier. Da gin­gen die Musi­kan­ten mit der Braue­rei in Zell am Zil­ler ein eigen­ar­ti­ges Tausch­ge­schäft ein: Sie lie­fer­ten ihr 400 Kilo Heu und hol­ten sich dafür 300 Liter Bier. Beim 140. Grün­dungs­fest gab es die­se Trinksor­gen nicht mehr. Das war gut, denn zu die­sem Fest waren mehr als 2000 Teil­nehmer gekom­men, und die Mil­ser er­hielten bei dem musi­ka­li­schen Wett­streit die bes­ten Bewer­tun­gen. Der Chro­nist ver­merkt übri­gens, daß auch bei dem 100. Grün­dungs­fest im Jah­re 1912 von über­all Ehren­gäs­te nach Mils gekom­men waren, dar­un­ter das städ­ti­sche Musik­or­ches­ter von Inns­bruck. Auch bei die­sem Wettbe­werb schnit­ten die Mil­ser mit einem er­sten Preis ab. Nach dem ers­ten Welt­krieg ver­blie­ben nur 13 Mann in der Musik.

Der Chro­nist ver­mel­det getreu der Wahr­heit, daß  die Mil­ser Musi­kan­ten nicht immer gut zusam­men­hiel­ten. Waren Ge­neralversammlungen, so steck­ten sich die Teil­neh­mer vor­sichts­hal­ber einen Knüp­pel in den Sack, denn man konn­te nicht wis­sen, ob es nicht zu einer zünf­ti­gen Rau­fe­rei kom­men wer­de. Die Bürgermei­ster, die Freun­de der Musik waren, sorg­ten aber dafür, daß in den Rei­hen der Musi­kan­ten wie­der nach und nach gute Kame­rad­schaft ein­kehr­te. Jetzt hal­ten die „Grü­nen“, wie die Mil­ser wegen ihrer Tracht­far­be genannt wer­den, wie Pech und Schwe­fel zusam­men, und tüch­ti­ge Kapell­meis­ter sind bestrebt, die künstle­rische Musi­zier­freu­dig­keit in Schwung zu halten.

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