
Die Familie, die Milser Vereine und die Menschen im Ort – so fasst Maria Unterberger ihre zentralen Anliegen zusammen. Dass sie als eine der ersten Frauen eine Tiroler Gemeinde leitete, ist ihr nicht so wichtig. Im Juni feierte ihr Heimatort mit der jungen 70-Jährigen. Konzentriert hebt sie beide Arme, in der rechten Hand den Taktstock. Ihr Blick auf die Musikanten gerichtet. Ernst und doch offen im Ausdruck, mit strahlenden Augen und zitternden Knien, wie sie später gesteht. Aus Anlass Ohres 70. Geburtstag fand am Pfingstsonntag auf dem neuen Dorfplatz eine Geburtstagsfeier für die einzige Milser Ehrenbürgerin statt. Die Musikkapelle lud die ehemalige Bürgermeisterin zum Dirigent eines Stückes ein. Fast ging die zarte Frau vor dem mächtigen Bahnkörper verloren, aber bis zur letzten Note war sie eine innige Einheit mit der Kapelle. „In diesen Minuten wurde mir wieder klar, wie viel mir Musik bedeute“, erzählt Maria Unterberger. Aufgaben annehmen „Ich war ja nur eine Sängerin“, schmun¬zelt sie – vierzig Jahre lang als Mitglied beim Kirchenchor. Mit 15 Jahren trat sie dann bei den Milser Schützen ein. Noch jetzt erinnert sie sich an die Worte des damaligen Hauptmanns Willi Hirschhuber: „Führe dich ordentlich auf und fürchte dich vor niemandem.“ Dort habe sie auch gelernt, nicht da-vonzulaufen, wenn eine Aufgabe auf sie zukam. Worte, die der jungen Frau wohl ins Herz gebrannt wurden. Auch wenn sie im Gespräch auf der wunderschönen Terrasse ihrer Wohnung bei einer gemütlichen Zigarette erzählt, dass sie oft den heiligen Geist bei großen Entscheidungen in ihrem Leben angerufen hat. Und Entscheidungen hatte sie tatsächlich viele zu treffen. Das war schon in ihrem Beruf als Schneiderin so, wo sie bereits mit 19 Jahren ihre Meisterprüfung absolvierte und die Laufbahn als Designerin anstrebte. In der Modellabteilung des deutschen Kleiderwerks war sie zehn Jahre lang auf den Modeschauen in Paris, Mailand oder London unterwegs: „Ich lebte aus dem Koffer, aber es war unglaublich spannend und aufregend.“ Diesen Sinn für Ästhetik können Besucher auch in ihrer liebevoll gestalteten Wohnung spüren: die Bilder an den Wänden, Fotos der großen Familie auf den schönen Holzmöbeln, Blumen überall. „Mein Mann unterstützte meine politische Arbeit voll und ganz, aber er wünschte sich, dass in der Familie alles gleich weiterlaufen sollte.“ Das wird wohl mitunter nicht immer leicht gewesen sein, wenn man auf die Karriere der ersten Bürgermeisterin in Mils schaut. Auch wenn sie mit Herzblut in vielen Vereinen war, so bedeutete der Einstieg in den Gemeinderat Ende der 1980er-Jahre doch eine große Veränderung. „Auch wenn ich vorher im Pfarrgemeinderat war und mit meinem Team die Altenstube gründen konnte, habe ich nie an die Politik gedacht.“ Fritz Tiefenthaler und Christian Pittl konnten sie überreden.
Verbunden mit Sozialsprengel
An ihren ersten Erfolg kann sie sich noch erinnern: 1986 gelang ihr, dass Mils Teil des Haller Sozialsprengels wurde. Das kann als typisch für die sozial engagierte Gemeinderätin gelten. „Die Arbeit mit Menschen hat mir immer gut getan.“ Aber auch in Bausachen stellt die damals junge Gemeinderätin nicht nur bequeme Fragen. Das Thema Dorferneuerung stand an. „Auch geistige Dorferneuerung schadet nicht“, schmunzelt sie heute noch. Sie war wohl mittlerweile allen aufgefallen und gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Hans Arnold gelang es ihr 1992 alle VP-Listen zu einer zusammenzuführen. Mit dem Erfolg, dass sie als Vizebürgermeisterin in die neue Periode ging. Niemand erwartete zu dem Zeitpunkt, dass Hans Arnold zwei Jahre später sterben würde. Ob der Vizebürgermeisterin damals die Worte des Schützenhauptmanns zum Thema Verantwortung durch den Kopf gingen, liegt in der Milser Geschichte begraben.
Große Projekte
Zehn Jahre lang führte Unterberger die Geschicke der Gemeinde – „mit einem besonderen Team“, ist ihr wichtig zu betonen. „Ich war nie eine Einzelkämpferin.“ Diesen Teamgeist betonten auch BM Peter Hanser und VBM Thomas Kölli bei ihren Ansprachen während der offiziellen Geburtstagsfeier. „Maria hat viel soziale Wärme in die Gemeindestube gebracht“, anerkennt Hanser. „Es war ihr wichtig, dass alle Fraktionen vertreten waren – eine Idee, die heute noch wichtig ist.“ Vor allem Peter Hanser war an der Seite der Bürgermeisterin, als es darum ging, große Projekte umzusetzen: den Ausbau der Sportanlage, den Umbau des Schallerhauses, die Sanierung des Budgets nicht zuletzt durch den Start des Gewerbeparks. Auch wenn die Sitzungen oft lange dauerten und Maria ein offenes Ohr für alle hatte, wie die Mitstreiter noch heute sinnieren, so „kam mit ihr doch ein völlig neuer Stil des Miteinanders in die Politik“, ein Stil, der allen guttat. Die Bestätigung erfuhr die Politikerin auch, als sie sich 1998 der Wiederwahl stellte und bei der Direktwahl trotz der drei Gegenkandidaten auf Anhieb über 60 Prozent Zustimmung erhielt. Der Gewerbepark, die Senioren und die Vereine nennt Maria Unterberger in dieser Zeit ihre Schwerpunkte. Die Kraft für eine Wiederwahl 2004 wollte sie nicht mehr aufbringen und trat als normale Gemeinderätin in die neue Periode ein. Als sie 2007, also genau vor zehn Jahren, zur Ehrenbürgerin ernannt wurde, schied sie aus. „Die Familie – meine beiden Kinder und die fünf Enkelkinder – sollten wieder mehr ihr Fokus sein.“ Vor allem auch die Betreuung der Mutter, mit der sie jetzt noch täglich viele Stunden verbringt. Mit viel Kaffee und der einen oder anderen Zigarette und abends einem Glas Rotwein.
Quelle: „Mein Mils“, Juli 2017