Sommerfrischort Mils

MILSER GESCHICHTE(N)

bear­bei­tet und erzählt von Mag. Fritz Tiefenthaler

Sommerfrischort Mils“ Teil 1

Die „Som­mer­fri­sche“ als The­ma eines Arti­kels mit­ten im Win­ter – offen­sicht­lich eine The­ma­ver­feh­lung. Erlau­ben Sie mir aber doch, in den nächs­ten Aus­ga­ben einen Blick auf jene Akti­vi­tä­ten und Plä­ne zu wer­fen, die von ein­zel­nen Gemein­de­bür­gern oder auch vom Gemein­de­rat im letz­ten Jahr­hun­dert unter­nom­men wur­den, um Mils als rein land­wirt­schaft­lich gepräg­ter Gemein­de ein zwei­tes wirt­schaft­li­ches Stand­bein als Erho­lungs- und Tou­ris­mus­ort zu verschaffen.

In der 2. Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts war vor allem das Bür­ger­tum der öster­rei­chi­schen Städ­te durch den wirt­schaft­li­chen Auf­schwung zu einem gewis­sen Wohl­stand gekom­men. Ganz im Gegen­satz dazu erleb­te die Land­wirt­schaft spe­zi­ell in Tirol eine ihrer schwers­ten Kri­sen. Die Grund­ent­las­tung, der zuneh­men­de Kon­kur­renz­druck durch bil­li­ge­re land­wirt­schaft­li­che Pro­duk­te aus ande­ren Kron­län­dern und die Abwan­de­rung vie­ler Arbeits­kräf­te in die neu­en Indus­trie­stand­or­te führ­ten beson­ders auch in unse­rer Gemein­de zu einem häu­fi­gen Besit­zer­wech­sel der Höfe auf Grund der zuneh­men­den Ver­schul­dung. Die schlech­ten Böden des Mil­ser Schwemm­ke­gels, der gerin­ge Ertrag beson­ders in tro­cke­nen Jah­ren und das all­ge­mei­ne wirt­schaft­li­che Umfeld bewo­gen vie­le Bau­ern dazu, ihre Höfe zu ver­kau­fen. In Ein­zel­fäl­len noch erschwe­rend waren die Fol­gen von Brän­den, im beson­de­ren die einer Brand­se­rie im Jahr 1889, in der von April bis Juni das „Fais­ten­ber­ger-Gut“ (heu­te: Mar­klhof – Leg­ner), weni­ge Wochen spä­ter der „Plank“ (spä­ter: „Bäck“), der „Rauth“(heute: Attl­mayr) und teil­wei­se der „Tisch­ler“ (heu­te: Leich­ter) sowie Mit­te Juni die „Schmie­de“ (heu­te: Kirch­mayr) abbrannten.

In die­ser für die Mil­ser Land­wirt­schaft schwie­ri­gen Situa­ti­on kauf­te 1894 die Inns­bru­cke­rin Julia Köl­ner den Grüneggerhof.
Der Hof war als Mayr­hof des Schlos­ses Hir­schen­lust (im Besitz des Regel­hau­ses Inns­bruck) nach der zwangs­wei­sen Auf­las­sung des Regel­hau­ses (Josef II., 1783) ver­stei­gert wor­den und von 1802 bis 1885 im Besitz einer Fami­lie Mayr.

Julia Köl­ners Gat­te, Dr. Otto Köl­ner, ein umtrie­bi­ger Inns­bru­cker Arzt mit einem brei­ten Inter­es­sens­spek­trum und vol­ler Plä­ne für den neu­en Besitz der Fami­lie, erkann­te das Poten­ti­al der beson­de­ren Lage des Hofes und auch der süd­lich davon gele­ge­nen klei­nen Gemein­de in unmit­tel­ba­rer Nähe zwei­er Städ­te mit einer wach­sen­den Bür­ger­schaft, für die die Nah­erho­lung und die „Som­mer­fri­sche“ als Abwechs­lung zum Leben in der Stadt immer wich­ti­ger wur­de. Wie die rei­chen Bür­ger von Bozen, die ihre Som­mer­re­si­den­zen auf den wun­der­ba­ren Höhen des Rit­ten ober­halb von Bozen errich­tet hat­ten, zeig­ten auch die Inns­bru­cker und die nicht min­der selbst­be­wuss­te Hal­ler Bür­ger­schaft die­sen Zug auf das ruhi­ge Land, erwarb Eigen­tum in den umlie­gen­den Gemein­den, vor allem im nahen öst­li­chen Mit­tel­ge­bir­ge und im Gnadenwald.
Dr. Köl­ner erbau­te neben dem Haupt­haus ein Sana­to­ri­um mit Bad­haus (heu­te: Hau­ser Chris­toph), das beson­ders der Behand­lung von Herz­er­kran­kun­gen die­nen soll­te. Dane­ben ent­wi­ckel­te er kon­kre­te Plä­ne für eine Kur­an­stalt, für deren Finan­zie­rung er mit einem umfang­reich aus­ge­ar­bei­te­ten Pro­spekt Finanz­in­ves­to­ren zu inter­es­sie­ren ver­such­te. Er nutz­te die Mög­lich­kei­ten der ange­schlos­se­nen Land­wirt­schaft zur Pro­duk­ti­on der Grund­la­gen sei­ner Spe­zi­al­di­ät als Ergän­zung sei­ner beson­de­ren Behand­lungs­me­tho­de. Neben den Bädern und unter­stüt­zen­den Was­ser­güs­sen soll­ten Trink­ku­ren mit Säf­ten von selbst ange­bau­ten Früch­ten wie Rha­bar­ber, Gemü­se und Bee­ren, wie schwar­ze Johan­nis­bee­ren, die Herz­lei­den sei­ner Pati­en­ten lin­dern oder gar kurieren.
Um Mils für sei­ne Pati­en­ten und Kur­gäs­te inter­es­san­ter und attrak­ti­ver zu gestal­ten, ent­wi­ckel­te er eine Rei­he von Akti­vi­tä­ten, wie die Pflan­zung von Bäu­men ent­lang der Schneeburgstraße.
Bereits 1903 ver­fass­te er im Eigen­ver­lag eine 8‑seitige Bro­schü­re über den „Som­mer­fri­scheort Mils“, die von der Wagner’schen Uni­ver­si­täts-Buch­dru­cke­rei gedruckt und als „Sepa­rat­ab­druck“ aus den „Inns­bru­cker Nach­rich­ten“ ver­öf­fent­licht wurde.
In den kom­men­den Arti­keln wer­de ich sowohl die Bro­schü­re Dr. Köl­ners als auch sei­ne Sana­to­ri­ums­plä­ne aus­führ­lich behandeln.

Sommerfrischort Mils“ Teil 2

Nord­öst­lich von der Sali­nen­stadt Hall, in der Luft­li­nie etwa 1 bis 11/2 Kilo­me­ter von der­sel­bi­gen ent­fernt, liegt inmit­ten eines Hai­nes von Obst­bäu­men und Eichen das Dörf­chen Mils am Fuße der zum Inn­tal sich sen­ken­den Abhän­ge des Gnadenwaldes.

Die­ses Dörf­chen mit sei­nen 70 bis 80 rein­li­chen Häu­sern, die freund­lich aus ihren Obst­gär­ten her­vor­lu­gen, zählt etwa 600 Ein­woh­ner. Die Män­ner sind zum Teil bei der Sali­ne Hall, zum Teil im Salz­berg­wer­ke beschäf­tigt, die übri­gen betrei­ben Land­wirt­schaft. Der Boden von Mils gilt als nicht beson­ders frucht­bar, nichts­des­to­we­ni­ger ste­hen die Wie­sen und Fel­der in schö­ner Kul­tur, vom Flei­ße der Bewoh­ner zeugend.“

So beginnt Dr. Otto Köl­ner, Arzt und Besit­zer des Grün­eg­ger­hofs sei­ne 1906 erschie­ne­ne Wer­be­bro­schü­re für den Ort und damit auch für sein Sana­to­ri­um, das er spä­ter zu einer Kur­an­stalt aus­bau­en woll­te. Die Bro­schü­re und damit Dr. Köl­ners – his­to­risch manch­mal nicht ganz halt­ba­re – Sicht vom Mils des begin­nen­den 20. Jahr­hun­derts sind das The­ma mei­ner Geschich­ten in den Mona­ten März und April.
Dr. Köl­ners fol­gen­de Beschrei­bung der Mil­ser Wesens­art ver­weist auch auf die offen­bar auch damals leben­di­ge Mil­ser Fas­nacht und ist eine wich­ti­ge Bestä­ti­gung für die lan­ge Tra­di­ti­on unse­rer Matschgerer.

Die Mil­ser sind ech­te Unter­län­der vom alten Schlag: lebens­lus­tig, stets auf­ge­legt zu Sang und Tanz, mit hei­te­rer Lau­ne und guten Humor allen Beschwer­den des Lebens und aller har­ten All­tags­müh’ Trotz bie­tend. Dies zeigt sich beson­ders in der „Fast­nacht“, wo lus­ti­ge Bur­schen all­abend­lich in den aben­teu­er­lichs­ten Kos­tü­men von Haus zu Haus zie­hen, wo sogar manch’ fri­sches Diandl unter dem Schut­ze der Mas­ke fröh­li­chen Scha­ber­nack treibt, wo in harm­lo­sen Spot­te so man­ches Ereig­nis, das im Lau­fe des Jah­res die Gemü­ter erreg­te, eine unver­mu­te­te Wie­der­ho­lung in mimi­scher Dar­stel­lung fin­det und so man­ches mal aufs Köst­lichs­te per­si­fliert wird zum Gau­di­um der der Unbe­tei­lig­ten und zum gehei­men Ärger der Betrof­fe­nen, an denen sich wie­der ein­mal der das alte Sprich­wort bewahr­hei­tet: Wer den Scha­den hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“

Mit Bedau­ern stellt der Autor im fol­gen­den Abschnitt das Feh­len von Bau- und Kunst­denk­mä­lern fest, um dann doch im Lau­fe der Betrach­tun­gen eini­ges Sehens­wer­te zu ent­de­cken. Wo das ent­spre­chen­de Bau­werk inzwi­schen fehlt, müs­sen halt sei­ne Geschich­te und die um das Gebäu­de ent­stan­de­nen Sagen für das Inter­es­se des Lesers und zukünf­ti­gen Besu­chers sorgen.

Wer beson­de­re Sehens­wür­dig­kei­ten sucht, darf frei­lich nicht nach Mils kom­men. Das in neue­rer Zeit gebau­te Taub­stum­men­in­sti­tut darf als sol­che nicht gel­ten. Die am Ein­gang des Dor­fes ste­hen­de Schnee­burg böte im Inne­ren wohl man­ches Sehens­wer­te; schö­ne Holz­pla­fonds, präch­ti­ge Türen mit alten Schlös­sern und Beschlä­gen und der­glei­chen wür­den das Ent­zü­cken man­ches Alter­tums­freun­des her­vor­ru­fen, wenn sie dem Besu­cher zugäng­lich wären. Doch da das Schlöss­chen bewohnt wird, kann von einer Besich­ti­gung nicht so leicht die Rede sein. Die Kir­che von Mils ist wohl ein schö­nes geräu­mi­ges Gebäu­de; auch befin­det sich auf dem Hoch­al­ta­re ein von Ken­nern ob sei­nes Alters und der schö­nen Aus­füh­rung hoch­ge­schätz­tes Bild­werk, ein holz­ge­schnit­zer Hei­land mit den Jün­gern auf dem Ölber­ge, doch wür­de eine durch­grei­fen­de Restau­rie­rung der Kir­che von Innern und Außen sehr am Plat­ze sein. Der gegen­wär­ti­ge Pfar­rer hat es sich auch zur Auf­ga­be gemacht, die­sel­be durch­zu­füh­ren und gibt sich gro­ße Mühe, die nöti­gen Gel­der hie­zu zu sammeln.“
(Anmer­kung: Unter Pfar­rer Alo­is Mair, Pfar­rer von 1899 ‑1914, wur­de die Kir­che 1907 – 1908 auf­wän­dig restau­riert. Die Decken­fres­ken stam­men von Rudolf Mar­grei­ter aus Zirl, die Deko­rie­rung und Mar­mo­rie­rung von Her­mann Prax­ma­rer aus Reut­te. Pfar­rer Mair wur­de für sei­ne gro­ßen Ver­diens­te zum Ehren­bür­ger der Gemein­de ernannt.)

Doch auch an Punk­ten von his­to­ri­schem Inter­es­se man­gelt es nicht in Mils. Da befin­det sich im soge­nann­ten „Win­kel“ das Stamm­haus des Geschlech­tes der Mil­ser, dem jener Oswald Mil­ser ange­hör­te, von wel­chem in der Kir­che von See­feld eine sehr erbau­li­che Legen­de zu lesen ist. Er starb bekannt­lich im Klos­ter Stams als Büßer sei­nes durch Hoch­mut her­vor­ge­ru­fe­nen Ver­ge­hens. Das Haus ist im Besit­ze eines Bau­ern und so man­ches ist im Lau­fe der Zeit umge­mo­delt wor­den, doch muten einen die win­ke­li­gen Gän­ge, die gewölb­ten Türen, die selt­sa­men Fens­ter­ni­schen und unver­mu­tet ins Dun­kel füh­ren­de Trepp­chen noch ganz mit­tel­al­ter­lich an.

Der zwei­te his­to­ri­sche Punkt ist das ehe­ma­li­ge Jagd­schloß „Hir­schen­lust Grien­egg“, von wel­chem frei­lich kein Stein mehr vor­han­den ist, der von ver­gan­ge­nen schö­nen Tagen voll Waid­luft und Becher­klang erzäh­len könn­te. Schon von jeher war die Hoch­ebe­ne über dem Dor­fe Mils, der berühm­te Gna­den­wald, ein bevor­zug­ter Tum­mel­platz für die jagd­lie­ben­den Fürs­ten Tirols. Die aus­ge­dehn­ten Fors­te vom Weich­bil­de der Stadt Hall bis zum Vom­per­bach und von den Fel­sen­mau­ern des Bet­tel­wurfs und des Wal­der­kam­mes bis zur sanft sich nei­gen­den Flä­che am Inn­ufer waren ein treff­li­ches Gehe­ge für alle Arten edlen Wil­des. Als nun Erz­her­zog Fer­di­nand nach dem Tode sei­ner gelieb­ten Gemah­lin Phil­ip­pi­ne Wel­ser Schloß Amras, wo sie im Leben gewohnt, mied, um im Waid­werk Trost und Ver­ges­sen zu suchen, da erbau­te er sich dort am Fuße des Gna­den­wal­des auf lieb­li­cher, sanft geneig­ter Ebe­ne ein Jagd­schloß, um nicht täg­lich den wei­ten Weg nach Inns­bruck zurück­le­gen zu müs­sen. Die­ses Schloß, das ziem­lich aus­ge­dehn­te Räum­lich­kei­ten beses­sen haben muß, nann­te er ’Hir­schen­lust Grienegg’.
Er schenk­te das­sel­be samt dem beträcht­li­chen, dazu gehö­ri­gen Grund­be­sitz, zu dem sogar noch der Wie­sen­hof im Gna­den­wald gehört haben soll, sei­ner zwei­ten Gemah­lin Anna Katha­ri­na zur Mor­gen­ga­be. Die­se beglei­te­te ihn stets auf sei­nen Jagd­zü­gen dort­hin, ließ auch eine Kapel­le erbau­en und stat­te­te die­sel­be präch­tig aus. Nach dem Tode Fer­di­nands trat die Erz­her­zo­gin in das von ihr gegrün­de­te ‚Stift und Regel­haus’ und schenk­te dem­sel­ben auch Grün­egg mit ihren ande­ren Besit­zun­gen. Im Jah­re 1686 zer­stör­te aber eine ver­hee­ren­de Feu­ers­brunst das Schloß Grün­egg, nur mehr Trüm­mer und trau­ri­ge Rui­nen zurück­las­send. Schon die Kar­te Peter Anichs ver­zeich­net Grien­egg als Ruine.“

Dr. Köl­ners Erzäh­lun­gen vom wei­te­ren Schick­sal der Schloss­rui­ne, ihre Geis­ter und den ver­schwun­de­nen Schatz sowie sei­ne Erläu­te­run­gen, war­um sich Mils beson­ders gut als Som­mer­fri­sche eig­net sind das The­ma der nächs­ten Geschichte.

Sommerfrischort Mils“ Teil 3

Auf den zwei­ten vier Sei­ten sei­ner 1903 erschie­ne­nen klei­nen Wer­be­bro­schü­re für den bis­her kaum ent­deck­ten Som­mer­fri­scheort Mils erzählt Dr. Otto Köll­ner die wei­te­re Geschich­te der Rui­ne des Schlos­ses Hir­schen­lust und des dazu­ge­hö­ren­den Hofs.
Nach der Säku­la­ri­sie­rung ( Auf­lö­sung unter Josef II. ) des Regel­hau­ses in Inns­bruck 1783 waren die Besit­zun­gen des Klos­ters geteilt und an ver­schie­de­ne Inter­es­sen­ten ver­kauft wor­den. Um 1870 räum­te der dama­li­ge Grün­eg­ger­bau­er „mit den Trüm­mern auf, die in sei­nem Feld her­um­la­gen“. Das bedeu­te­te nichts ande­res, als dass die Rui­ne als Stein­bruch ver­wen­det wur­de. Mit den dar­aus gewon­ne­nen Bau­ma­te­ria­li­en wur­de unter ande­rem auch das neue Bad­haus in Baum­kir­chen errich­tet. (Aller­dings hat­te aber auch das an der Baum­kirch­ner Auf­fahrt ste­hen­de Bad­haus nicht mehr als hun­dert Jah­re Bestand und wur­de vor etwas mehr als zwan­zig Jah­ren abge­ris­sen und durch Wohn­bau­ten ersetzt.)
Zu Dr. Köll­ners Zei­ten waren aber nur mehr vier Eichen letz­te Zeu­gen des „Schloss­fel­des“ und damit in sei­nen Wor­ten „ein­sa­me Zeu­gen für die Stel­le, wo einst Fürs­ten vom edlen Waid­werk ausruhten“.
Was vom Schloss blieb, waren sein Gespenst und die Sagen von rei­chen Schät­zen. So soll „in mond­hel­len Näch­ten ein grau­es Gespenst auf jenen Flä­chen her­um­ir­ren, auf denen „die Klos­ter­schwes­tern“ ihre Schät­ze aus Furcht vor einem Schwe­den­ein­fall wäh­rend des Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ges ver­gra­ben hat­ten. Gele­gent­lich sei­en dort noch ein ein­sa­mes Licht zu sehen und das Weh­kla­gen des Geis­tes zu ver­neh­men. Doch es sei bei­lei­be „kein Käuz­chen oder kei­ne Eule, die da schrei­en, oh nein, den Käuz­chen­ruf ken­nen die Bau­ern schon, der klingt ganz anders!“ Tat­säch­lich soll laut dem dama­li­gen Besit­zer in den vor­aus­ge­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten an man­cher Stel­le nachts von Mil­ser Bur­schen gegra­ben wor­den sein, um den wert­vol­len Schatz zu heben – ob dies gelun­gen ist, oder ob der Klos­ter­schatz noch immer auf den glück­li­chen Fin­der war­tet, das ist eine ande­re Frage.
Mein Onkel, der kürz­lich ver­stor­be­ne Franz Hau­ser, erzähl­te mir ein­mal die Ent­ste­hung einer ande­ren Sage auf dem Grün­eg­ger­feld. Als der ver­dienst­vol­le Hof­rat Dr. Hans Hoch­en­egg, der in Mils ger­ne den Som­mer ver­brach­te und spä­ter auch ein Haus errich­te­te, ein­mal vom Hof Rich­tung Brunn­holz (im Bereich der heu­ti­gen Sport­an­la­ge) spa­zier­te, hät­te er ihn als jun­gen Bur­schen beim „Stief­ler­sto­ßen“, also der Her­stel­lung der Löcher für die Heu­scho­ber, ange­trof­fen. Im jugend­li­chen Über­mut „prahl­te“ der Jung­bau­er vor dem für sol­che Geschich­ten immer offe­nen Hof­rat, dass ihm vor kur­zem im Bereich des ehe­ma­li­gen Schlos­ses eine zum Löcher sto­ßen ver­wen­de­te Eisen­stan­ge im Erd­bo­den ver­schwun­den sei. Bei­de stimm­ten dar­in über­ein, dass dies wohl auf einen unter­ir­di­schen Hohl­raum, ein Gewöl­be oder gar auf einen Kel­ler schlie­ßen lie­ße. Jah­re spä­ter hat Dr. Hoch­en­egg die Geschich­te in sei­nem Werk über die Sagen aus Mils ver­öf­fent­licht . Ich per­sön­lich bin mir aber nicht mehr ganz sicher, ob der Onkel Franz nicht schon damals die Wahr­heit gesagt hat, und spä­ter mit der Infor­ma­ti­on über die­se „erfun­de­ne Geschich­te“ nur uns neu­gie­ri­ge und läs­ti­ge „Hob­by­for­scher“ von einer inten­si­ven Suche nach den geheim­nis­vol­len unter­ir­di­schen Gewöl­ben und Schatz­kam­mern abhal­ten woll­te, um so auf sei­nem Hof sei­ne Ruhe zu haben. Wer weiß, wer weiß!

Dr. Köll­ner jeden­falls fährt nach sei­nem Aus­flug in die Sagen­welt mit der Beschrei­bung sei­ner neu­en Hei­mat­ge­mein­de fort. Den damals nur in der Umge­bung bekann­ten Ort, der „ein­sam und welt­ver­ges­sen im Schat­ten sei­ner Obst­bäu­me liegt“, ver­gleicht er nach dem Sprich­wort „Jene Frau ist die bes­te, von der man am wenigs­ten spricht“ mit einer „edlen Frau, unge­kannt und zurück­ge­zo­gen, doch vol­ler Anmut und Vor­zü­ge.“ Von Mils wis­se man in Inns­bruck wohl nur, dass es da unten im Unter­land lie­ge und dass man beim Gast­hof Tief­en­tha­ler einen guten Rötel aus­schen­ke. Hät­te man aller­dings noch zehn Jah­re vor­her einen, der nach Mils in die Som­mer­fri­sche gehen woll­te, wohl freund­schaft­lich ange­ra­ten, gleich in Hall aus­zu­stei­gen, dort sei näm­lich „sol­cher Nar­ren bes­te Heimstätte“.
Seit der Brand­ka­ta­stro­phe 1898 sei­en aller­dings gera­de im Ober­dorf eine Rei­he von Vil­len und Häu­sern „erstan­den“, die ger­ne Som­mer­gäs­te auf­näh­men. Dr. Köll­ner erwähnt die „freund­li­che Dop­pel­vil­la Attl­mayr“, das „neu errich­te­te Häus­chen beim Ober­län­der“, die „betürm­te rei­zen­de Vil­la Von­metz“ (heu­te noch oft als „Mil­ser Schlössl“ bezeich­net) und die hüb­schen Som­mer­woh­nun­gen sei­nes Gutes Grünegg.

Die Bedin­gun­gen für den Auf­stieg von Mils zu einem bedeu­ten­den Som­mer­fri­scheort sei­en beson­ders güns­tig. Das sei­en ers­tens die unver­gleich­lich schö­ne Lage am Fuße des Bet­tel­wurf­mas­sivs (Laut Dr. Köll­ner beschrie­ben Rei­se­schrift­stel­ler das Mas­siv als piè­ce de résis­tance ganz Nord­ti­rols – was sich am bes­ten mit „in Wor­ten kaum zu beschrei­ben, sich der Beschrei­bung wider­set­zend, zu schön um beschrie­ben zu wer­den“ über­set­zen lässt- ) und die Nähe zu Hall. Mit der Umge­bung von Hall kön­ne sich, in der Mei­nung der schon zitier­ten Schrift­stel­ler, nur das Burg­gra­fen­amt um Meran mes­sen. Wie Meran sei auch Hall von einem Kranz von Bur­gen, Schlös­sern und Edel­sit­zen umgeben.
Zwei­tens sei die Nähe eines ebe­nen, von zahl­rei­chen Wegen durch­zo­ge­nen Wal­des, der fast einem Natur­park glei­che, eine Beson­der­heit. Neben dem durch­läs­si­gen und seu­chen­frei­en Boden, dem vor­züg­li­chen Trink­was­ser sei der fünf­te und wich­tigs­te Grund die küh­le Luft.
Der heu­te oft geschol­te­ne „Unte­re Wind“, der an schö­nen Tagen mit Regel­mä­ßig­keit um 10 Uhr auf­kommt, ein laut dem Kur­arzt Dr. Köll­ner „lei­ser und küh­len­der Luft­zug, der bis zum Son­nen­un­ter­gang anhält und die Atmo­sphä­re so ange­nehm abkühlt, dass man nachts ger­ne zur war­men Decke greift, wenn man in der Stadt vor Glut und Qua­len kaum schla­fen zu kön­nen glaubt“, mache die Unter­inn­ta­ler Orte erst zu wirk­li­chen Som­mer­fri­schen, denn durch ihn kön­nen sie es mit den viel höher lie­gen­den Orten aufnehmen.
Dr. Köll­ner schließt sei­ne Bro­schü­re mit dem fol­gen­den Absatz:
„Und so wand­le denn, lie­ber Leser, selbst in das net­te Dörf­chen, wenn Du Dich dafür inter­es­sierst. Ich will Dir nur noch ver­ra­ten, dass Du in den bei­den Gast­häu­sern des Ortes (Tief­en­tha­ler und Lorer) einen Rötel fin­dest, wie Dir ihn weni­ge gast­li­che Stät­ten bie­ten, und im Mai kannst Du dort Spar­gel essen, so zart und mild, dass es Dich sicher nicht reut, den Gang unter­nom­men zu haben. Und wenn Du dann gestärkt etwas nord­wärts wan­derst, um die Gegend zu über­bli­cken und Du fin­dest sie auch so herr­lich, wie sie von Pich­ler, Steub, Zin­ger­le und Hör­mann geschil­dert wird, und es Dir so recht wohl­ge­fällt, dann sprich mit Petrus; Hier ist gut sein, hier las­set uns Hüt­ten bauen.“

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