Der Einstieg – Ankündigung im Dorfblatt (04 2025):
Bürgerbeteiligung
Der Gemeindeführung stehen für das Jahr 2025 einige wichtige Projekte und schwierige Entscheidungen bevor. Eine davon bezieht sich auf die notwendigen Entwicklungsschritte in der Kinderbetreuung, konkret den Raumbedarf für die Kinderkrippe, für den das Projekt Klammstraße in Betracht gezogen wird. Die Gemeinde hat zur Beteiligung aufgerufen. War es beim Ausblick der Bürgermeisterin anlässlich des Neujahrsempfangs und auch danach lange Zeit noch ruhig, wurde dem Grundsatzbeschluss zur Projektentwicklung am Naturspielplatz bei der Gemeinderatssitzung Anfang März um einiges mehr Aufmerksamkeit zuteil. Auslöser für diese Projektidee ist der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen. Trotz oder vielleicht wegen der Ankündigung eines Info- und Beteiligungsabends begann eine intensive Diskussion. Man hört viele Meinungen und Argumente: notwendige Fläche für Kinderbetreuung beschränkt den Platz des Spielplatzes; Spielplatz muss sowieso saniert werden; schmales Gemeindebudget, daher sind Wohnungen notwendig, um die Finanzierung der Kinderkrippe zu ermöglichen; dies könnte aber wiederum den Bedarf an Kinderbetreuung erhöhen; es gibt kaum Alternativen zur gemeindeeigenen Grünfläche Klammstraße; nur ein Standort für die Kinderkrippe vs. Aufteilung für Nord und Süd, u.v.m. Auf den ersten Blick scheinen die Ansätze der Befürworter und Gegner konträr, doch mit ausreichend Informationsaustausch, konstruktiven Diskussionen und guten Ideen sollte auch diese Aufgabenstellung gelöst werden können. Bürgerbeteiligung Der Ansatz der Gemeinde Mils ist es daher, möglichst umfassend zu informieren, möglichst viele Bürger einzubinden und dadurch möglichst viele Anregungen und Ideen zu sammeln. Dabei setzt man auf die positiven Erfahrungen mit vergangenen Beteiligungsverfahren, wie z. B. für das Dorfzentrum, auf. Die Ausgangslage dafür wurde im Grundsatzbeschluss des Gemeinderats vom 5.3.2025 folgendermaßen festgehalten: „Der Gemeinderat fasst den einstimmigen Beschluss, das Projekt Kinderkrippe/Wohnen/Treffen Klammstraße mit der TIGEWOSI zu starten. Es handelt sich um einen Grundsatzbeschluss, ohne dass irgendwelche Nutzungen vorab festgelegt werden.
Factbox
» Spielgeräte und Bäume am Naturspielplatz werden zunehmend sanierungsbedürftig.
» Raum- und Platzproblem der Kinderkrippe und Volksschule: Vier Gruppen der Kinderkrippe sind im Volksschulgebäude untergebracht. Es gibt neue Anforderungen an das Raumkonzept und auch die Volksschule benötigt mehr Platz.
» Standort: Das Grundstück Klammstraße (ca. 4.700 m²) befindet sich im Eigentum der Gemeinde Mils. Alternative Standorte sind kaum vorhanden.
» Finanzierungsproblem: Leistbarer Wohnraum als Lösung
Die Reaktion – Protest statt Bürgerbeteiligung
Bei der am 03.04. abgehaltenen Veranstaltung wehte der Gemeinde heftiger, teils sehr emotionaler Gegenwind entgegen. Ein allgemeines Plädoyer für die Erhaltung des Spielplatzes war zentraler Punkt, unterstützt durch die Überreichung einer Unterschriftenliste. Kritisiert wurde auch der zeitliche Ablauf – warum keine Versammlung vor einer Beschlussfassung? Von Versammlung-Teilnehmern vorgeschlagene alternative Standorte wurden allerdings von den Gemeindevertretern als ungeeignet entkräftet.
Was folgte, war eine massive Mobilisierung durch die Medien (Presse, Rundfunk). Beispiel eines Leserbriefes:
Stellungnahme der Gemeindemandatare (Dorfblatt 05–2025):
GR Andreas Rudi, FPÖ: Zur möglichen Bebauung des Waldspielplatzes an der Klammstraße wurde im Gemeinderat ein Grundsatzbeschluss gefasst – nicht mehr. Weder Anzahl noch Art der Wohnungen
sind derzeit fixiert. Viele Bürgerinnen und Bürger äußerten beim Beteiligungsabend im
Vereinshaus ihre Bedenken – leider überwogen dabei negative Stimmen. Das ist ernst zu
nehmen – auch wenn sehr viele positive Stimmen, welche definitiv vorhanden sind, nicht
anwesend waren.
Wir Gemeinderäte versprechen: Alle Alternativen werden geprüft. Die Entscheidung über
die Zukunft des Areals wird nicht leichtfertig getroffen. Beteiligung heißt zuhören – das
tun wir. Aber Beteiligung heißt auch Respekt. Die Arbeit im Gemeinderat wird von uns
Mandataren mit großem Einsatz und mit geringer Entlohnung gemacht. Da darf man
einen sachlichen Umgangston erwarten – auch bei Meinungsverschiedenheiten! Nur
gemeinsam können wir Lösungen finden, die langfristig für unsere Gemeinde gut sind.
GR Stefan Unterberger (Zukunft Mils): Auch wenn der Bürgerbeteiligungsprozess für die mögliche bauliche Entwicklung an der Klammstraße ziemlich „in die Hose“ gegangen ist, sind die Grundlagen dafür – das vorausschauende Denken und Entscheiden über Schritte, die weit über die aktuelle Gemeinderatsperiode hinaus Gültigkeit haben sollen – immer noch dieselben. Leider hat die
schlechte Kommunikation im Vorfeld der Veranstaltung – es wurde ein fertiges Projekt
kolportiert, welches NIE Gegenstand der Grundsatzentscheidung im Gemeinderat war –
die Stimmung verdorben und die Beteiligung der Bürger torpediert. Ob und wie sich hier
noch eine Kommunikation auf Augenhöhe aufbauen lässt, werden die nächsten Wochen
zeigen. Mit dem nahenden Dorffest steht eine Veranstaltung im Sinne von „gemeinsam
gestalten“ an, wenn es auch hier immer wieder kritische Stimmen aus dem Umfeld gibt.
Die kürzlich abgehaltene Klausur zur Weiterentwicklung unseres Sportzentrums hat auch dort
erforderliche Maßnahmen aufgezeigt, welche ebenfalls nur gemeinsam von Gemeinde und
allen betroffenen Vereinen unter Einbindung der Bevölkerung umgesetzt werden können.
GR Josef Leitner (MFG Mils): Kinderleicht ist es nicht, Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, den Waldspielplatz in seiner gesamten Form zu erhalten und gleichzeitig leistbaren Wohnraum für junge Familien zu ermöglichen.
Wir fühlen uns durch den Bürgerprotest bestätigt: 36 Wohnungen in diesem Areal sind
zu viel. Wir haben in der letzten Ausgabe der Dorfzeitung klar Stellung bezogen!
Dennoch birgt das Areal großes Potenzial: Eine Kinderkrippe kombiniert mit leistbarem
Wohnraum auf der ebenen Fläche im Westen des Areals würde den Spielplatz in seinem
Charakter und in der Größe erhalten. Wir sprechen uns daher dafür aus, gemeinsam mit
Vertreterinnen und Vertretern der Bürgerinitiative in einer Ausschusssitzung über eine
angepasste, zukunftsorientierte Lösung zu beraten.
Für die Zukunft gilt es, Alternativen zu prüfen und langfristig eine Kooperation mit St.
Josef anzustreben!
GR Lukas Kruckenhauser: So nicht! Das ist meine Erkenntnis aus dem Bürgerbeteiligungsprozess für das Bauvorhaben Klammstraße (Kinderkrippe/geförderter Wohnbau) am Areal des Naturspielplatzes. Der
Abend im Vereinshaus war geprägt von einer Vielzahl an Besuchern, starken Emotionen,
Unverständnis und einer Vielzahl an Fragen an die Gemeinde. Für mich sind die Emotionen
und der damit einhergehende Widerstand nachvollziehbar. Die Bürger haben die Informationen aus der TT erhalten, wo mitgeteilt wird, dass mittels einstimmigem Gemeinderatsbeschluss ein Großprojekt am Naturspielplatz umgesetzt wird. Ab diesem Zeitpunkt war der Beteiligungsprozess zum Scheitern verurteilt.
Gerade bei sensiblen Orten bzw. Großprojekten müssen wir als Gemeinde die Fakten viel
detaillierter aufbereiten, damit unser Vorgehen nachvollziehbar wird. Zusätzlich erwartet
sich die Bevölkerung viel früher eine aktive Kommunikation zu den Vorhaben. Trotz diverser
Standpunkte muss es aber möglich sein, dass eine Diskussion auf Augenhöhe erfolgt und das
Gegenüber ausreden darf. Diesen Grundrespekt habe ich im Vereinshaus zum Teil vermisst.
GV Peter Grassl (wir für Mils): Wer die Abschnitte 4 und 5 der Tiroler Gemeindeordnung aus dem Jahre 2001 aufmerksam
durchliest, wird erkennen, dass die politische Führung einer Gemeinde zur Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (§ 90 Abs. 1) im Finanzhaushalt verpflichtet ist,
das sollte jeder antretenden Fraktion bei einer Gemeinderatswahl bewusst sein. Die
aktuelle Budgetsituation Österreichs, seiner Länder und der Gemeinden ist ausreichend
bekannt – die öffentliche Hand muss sparen – damit auch Mils. Vor diesem Hintergrund
müssen mögliche Projekte, wie jenes in der Klammstraße gesehen werden. Über 1,5
Jahre haben sich die Vertreter aller politischen Gruppierungen intensiv mit Standorten,
Finanzierbarkeit, Nutzen und Sinnhaftigkeit konstruktiv beschäftigt. Die Kinderbetreuung
ist dabei das zentrale Anliegen, sowohl in der Frühpädagogik als auch in der Freizeit.
Dabei könnte die Klammstraße eine zentrale Rolle spielen – sinnvolle Mehrfachnutzung
inklusive. In einer sachlichen Diskussion sollte jeder ohne Emotionen die Argumente des
Gegenübers würdigen, ohne vorschnell zu urteilen.
GV Clemens Schumacher (Unser Mils – die Grünen): Klar ist: Der Infoabend zum Projekt Klammstraße verlief alles andere als gut. Und auch
wenn ich persönlich im Vorfeld mehrmals Kontakt mit der Bürger:inneninitiative sowie
weiteren Bürger:innen hatte, fühlten sich viele Menschen nicht gehört oder ernst ge
nommen. Diesen Eindruck bedaure ich persönlich sehr. Wir als Grüne verstehen, dass
daraus Frust und Enttäuschung gewachsen sind – und nehmen diese Kritik sehr ernst.
Nun gilt es, wieder miteinander ins Reden zu kommen, anstatt gegeneinander. Ein
„Drüberfahren“ kommt für uns nicht infrage. Wir wollen Mils gemeinsam gestalten. Mit
euch. Mit Offenheit. Mit Respekt. Und mit dem Ziel, am Ende eine Entscheidung zu
treffen, die möglichst viele mittragen können. Wir haben als grüne Fraktion dazu einen
Maßnahmenkatalog an die Gemeindeführung geschickt (hier öffentlich einsehbar: http://
bit.ly/3Y2ZDsv). Jene Kritikpunkte und Alternativen, die bereits behandelt wurden, gilt
es offenzulegen. Neue müssen sachlich, fachlich und ergebnisoffen geprüft werden.
Vertrauen kann man nicht einfordern – man muss es aufbauen. Heute ist ein Anfang dafür.
GR-Ers. Manuel Eiterer (Parteifreie Bürgerinitiative): „Der Ton macht die Musik“ war einer unserer Leitsprüche im Wahlkampf 2022. In der GR-Sitzung am 25. März wurde das besonders deutlich. Die Kommentare aus der Bürgermeisterliste zum heiß diskutierten Thema Kinderkrippe/Naturspielpark Klammstraße reichten von „Die Unterschriftenaktion ist mir egal“ bis hin zu „Wir müssen jetzt Eier
haben“. Gerade bei solchen Themen ist es wichtig, seriös aufzutreten und auch ein
offenes Ohr für diejenigen zu haben, die eine Gegenmeinung vertreten.
Übrigens: In anderen Dörfern werden GR-Sitzungen gestreamt und können auch nach
täglich noch geschaut werden. Ein vorliegender Antrag der Liste Zukunft Mils dazu
wird aber im GR nicht behandelt oder bereits in den Ausschüssen mit fadenscheinigen
Argumenten („zu teuer“) abgewimmelt. Wir sind jedenfalls der Meinung, dass es höchste
Zeit dafür ist, die Sitzungen zu übertragen, denn dann ändert sich auch der Umgang mit
solchen Bürgerinitiativen und es hätte viel von der aktuell herrschenden Missstimmung
abgefangen werden können.
Ende Mai ließ die Gemeindeführung verlauten, dass man vorerst das Projekt auf Eis lege und einen Nachdenkprozess mit Prüfung von Alternativen anstrebe.