Die Armen
Früher war das Armenrecht eine reine Angelegenheit der Familie und der Nachbarschaft, also der Gesamtheit der Bevölkerung einer Gemeinde.
Im Sprachgebrauch wurde zwischen Dorfarmen und Hausarmen unter schieden.
Die Mittel um diesen helfen zu können waren sehr bescheiden. Von altersher war der Begriff “ zu Almosen “ oder “ zum Almosen “ u.s.w. eingeführt.Verschiedene Grundstücke waren mit dieser zweckbestimmten Abgabe belastet.Das heißt also pauschal gesagt, dass die Grundbesitzer indirekt für einen Teil der Mittel aufkommen mussten.
Schon sehr früh kamen Strafgelder “ zur Pön “ oder “ zu Pen “ u.s.w. dazu. Diese Einhebung von Strafgeldern zur Linderung der Not der Armen hielt sich relativ lange.
Über diese Geldeinnahmen kamen noch Naturalabgaben, mit denen wiederum Güter und Stücke belastet waren dazu. “ Zu Brotteil „,
91 zur Brotteil am Kirchweihabend “ u.s.w.Brotlaibe waren dazu vorgesehen. Hier wird sofort klar, dass die Pfarre in der Armenbetreuung stark integriert war.
Diese Abgaben in Geld oder Naturale wurden im Laufe der Zeit immer wieder entwertet und in schlechten Zeiten reichten diese Mittel bei weitem nicht aus, um effizient zu helfen.
Größere Geldmittel – immer noch sehr bescheiden – kamen über testamentarische Stiftungen nach dem Ableben der Stifter herein, die vom Erbsvermögen abgezogen wurden.
Die Gemeinde konnte sich nur über die “ Wuestungen „, das sind Gemeindeabgaben im Verhältnis zu den Steuern, helfen. War der Geldbedarf hoch, so wurden die Abgaben in Teilen ( heute würde man sagen Prozenten ) auf die Steuern aufgeschlagen.
Im großen und ganzen kann man sagen, es waren immer alle, die zu den Leistungen herangezogen wurden, so sie eben etwas hatten.
Dass der Geldspekulation, dem Geldverleih-wesen und-unwesen Tür und Tor offenstanden, versteht sich von selbst.Der hohe Verschuldungsgrad der Bauern tat ein übriges.
Die Behinderten
Früher faßte man geistig und körperlich Behinderte zusammen und bezeichnete sie als “ unweltläufig „.Heute ist es fast nicht mehr möglich, diese beiden Gruppen in alten Aufzeichnungen auseinander zu halten.
Es ist irgendwie doch erstaunlich und beruhigend zugleich, daß für unweltläufige Kinder relativ gut in der Familie gesorgt wurde. So musste jeder Hofübernehmer die klaglose Verpflegung seiner unweltläufigen Geschwister versichern( Besitz oder Übergabe—Vertrag ).Diesen Kindern wurde vom Übergeber auch mehr Erbvermögen zugestanden als den Weichenden. Dieses Kapital blieb zwar beim Besitzersohn “ stilliegen „, konnte also nicht aufgekündigt und abgefordert werden, wurde aber meist mit 4% verzinst. Dieser Kapitalertrag war meist für eine bescheidene, aber klaglose Versorgung ausreichend ( Herberge, Hausmannskost, Bekleidung, Beschuhung u.s.w ). Leider gab es in Mils – wie in anderen Tiroler Gemeinden auch – nicht selten zwei oder mehrere behinderte Kinder in einer Familie, dann wurde die Versorgung schon sehr kritisch. Diesem Umstand wird bei der Beurteilung wirtschaftlicher Niedergänge von Bauerngütern zu wenig Rechnung getragen.
Nebenbei sei erwähnt, daß die Gemeinde nicht selten in arge finanzielle und humanitäre Schwierigkeiten geriet, wenn mehrere weichende Milser auswärts zum Krüppel wurden. Ärztliche Behandlung, Heimtransport und Versorgung gingen zu Lasten der Gemeindekassa. Hier kam das Heimatrecht und die Gemeindezuständigkeit voll zum tragen.
Nicht selten wurden die Einnahmen des Frühmess-Benefiziums für solche Zwecke verwendet, wenn gerade kein Benefiziat hier war.
Erst vor ca.180 Jahren hat man erkannt, daß taube und stumme Mitbürger lernfähig waren, wodurch einem ansehnlichen Teil der Behinderten geholfen werden konnte (siehe Chronik Taubstummen-Institut ).
Und gerade die verantwortlichen Herren dieses von Südtirol ( mit kurzem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Hall ) hierher über siedeltem Institutes waren es, die sich für eine Neuordnung des Armenwesens in Mils einsetzten.
Das Armenhaus
Auch in Mils stand ein solches. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrthundert stand es dort, wo nachher Tierarzt Magerle sein Haus baute( heute also nördlich der Sparkassa in der Schneeburgstrasse, Ostseite ).Dieses letzte Armenhaus in Mils brannte am 18.August 1943 ab.
Wann immer eine Statistik Aufschluss gibt, ist es kaum zu glauben, daß so viele Personen in diesem Haus wohnen konnten.Es war ständig überbelegt.
Dass sich die Gemeinde entschließen musste, irgend etwas zu unternehmen, um diesen Zustand zu ändern, war ein Gebot der Zeit, zumal mit dem Taubstummen-Institut mehrere humanitäre Kräfte nach Mils kamen.Das Übel wurde erkannt, aufgezeigt und angeprangert, aber gleichzeitig auch etwas zur Abhilfe geleistet.
Das neue Armenhaus
Zu dem großen Druck, dem die Gemeinde Mils durch die Platznot, die miesen Verhältnisse im Armenhaus ausgesetzt war, kam die neue humanitäre Welle. Die Gemeinde mußte reagieren, ein größeres Armenhaus war dringend notwendig geworden.
Zur selben Zeit stand die Bauersfamilie Huber vor dem wirtschaftlichen Ruin.Das Gut mußte versteigert werden.Ein neuer Versorgungsfall stand ins Haus.
So beschloß der Gemeinde-Ausschuss dieses Anwesen bei der Lizitation zu erwerben – falls der Preis tragbar ist.
Im Jahre 1892 wurde das Gut des Michael Huber käuflich erworben (siehe Gemeinderatsprotokolle bez. Armenhaus), 1893 erfolgte die Grundsteinlegung.
Siehe auch: